Palandt-Grüneberg, § 311 Rdnr. 23; dazu näher Kornblum/Stürner, Fälle zum Allgemeinen Schuldrecht, Fall 4 III, S. 24 f.; nicht unumstritten.
Vgl. allgemein Palandt-Ellenberger, § 31 Rdnr. 7.
BGH NJW 1999, 574.
Palandt-Ellenberger, § 31 Rdnr. 3.
Palandt-Sprau, § 831, Rdnr. 5.
Palandt-Sprau, § 831, Rdnr. 8.
Emmerich, Schuldrecht Besonderer Teil, § 25 Rdnr. 25-28; zur rechtspolitischen Problematik des § 831 BGB siehe auch Kötz/Wagner, Deliktsrecht, Rdnr. 292–298, außerdem 304 ff.
Vgl. Kötz/Wagner, Deliktsrecht, Rdnr. 520; Emmerich, Schuldrecht Besonderer Teil, § 27 Rdnr. 3.
BGHZ 1, 17; Kötz/Wagner, Deliktsrecht, Rdnr. 525; Emmerich, Schuldrecht Besonderer Teil, § 27 Rdnr. 5.
Vgl. Kötz/Wagner, Deliktsrecht, Rdnr. 530; Emmerich, Schuldrecht Besonderer Teil, § 27 Rdnr. 6.
RGZ 101, 94, 95.
Zum Einfluss der Haftpflichtversicherung auf Umfang und Inhalt von Haftungsansprüchen vgl. die instruktiven Ausführungen bei Kötz/Wagner, Deliktsrecht, Rdnr. 32–34 und 82–85.
Fall 4 Rechtsanwalt
Fall 4 Rechtsanwalt
Inhaltsverzeichnis
88
Teil 1: Visitenkarte
Karsten (K) ist Jurastudent französischer Abstammung. Neben dem Studium arbeitet er als Hilfskraft in der angesehenen Rechtsanwaltskanzlei Dr. Berger (B). Seine Tätigkeit beschränkt sich im Wesentlichen auf Literaturrecherchen, Kopierarbeiten und Botengänge. Seine lange Studiendauer – er befindet sich im 16. Fachsemester – ist seinem Selbstwertgefühl abträglich. Im April 2010 verschafft er sich Visitenkarten mit der Aufschrift: „Rechtsanwaltskanzlei Dr. Berger – wissenschaftlicher Mitarbeiter Rechtsanwalt Jean-Pierre Dupont“. Diese Karten verwendet er für private Zwecke, z. B. bei Partys und in Diskotheken. Eines Tages erfährt B zufällig davon, bleibt aber gelassen: Wenn die Frauen so dumm seien, auf K hereinzufallen, so sei das deren Problem. Gegenüber K bewahrt er Stillschweigen.
Seit August 2010 gibt sich K auch bei seiner Arbeit für die Kanzlei gelegentlich als angestellter Rechtsanwalt aus, was dem vielbeschäftigten B verborgen bleibt. K beschränkt sich wohlweislich auf einfache Fälle, die er als risikolos ansieht.
Im Oktober 2010 lernt K die attraktive Grafikerin G kennen, die sich in einer schwierigen vermögensrechtlichen Streitigkeit befindet. G ist vom Auftreten des K beeindruckt und bittet ihn, ihren Fall in der Rechtsanwaltskanzlei Dr. Berger zu übernehmen. K kann der Versuchung nicht widerstehen. Von B unbemerkt wird er im Namen der Kanzlei für G tätig. Alsbald unterläuft ihm ein schwerer Fehler, der G € 100.000 kostet.
Aufgaben zu Teil 1:
1. | Kann G von B Schadensersatz verlangen? |
2. | Kann G von K Schadensersatz verlangen? |
Teil 2: Schaumparty
Im Juni 2011 wollen K und seine Freundin, die Krankenschwester Christiane (C), an einer Party in der Diskothek „Dance & Fun GmbH“ (D) teilnehmen. In der Werbung hat D die Veranstaltung so angekündigt: „SCHAUMPARTY – Eintrittsgeld pro Person € 15 – Freier Eintritt für Ladies in Bikinis.“
An der Abendkasse halten sich etwa 20 wartende Personen auf, die sich noch nicht zur Teilnahme entschlossen haben. C legt ihre Jeans und ihr T-Shirt ab und erhält, nur noch bekleidet mit einem knappen Bikini, freien Zutritt. K löst für € 15 eine Eintrittskarte. Direkt hinter der Kasse zieht sich C wieder an. Die Kassiererin ruft ihr zu: „Halt! So geht das nicht!“ Die wartenden Personen reagieren mit Gelächter. C und K schlendern ungerührt zur Bar. Die Kassiererin ruft den Geschäftsführer Martin (M) herbei. Dieser sagt kopfschüttelnd zu C: „Sie müssen hier zwar nicht die ganze Nacht im Bikini herumhüpfen. Aber so geht es wirklich nicht! Als Geschäftsführer fordere ich Sie, meine Dame, höflichst auf, sich auszuziehen!“ K antwortet für C: „Das wird sie keinesfalls tun. Sie hat alles getan, was für den freien Eintritt erforderlich war.“
Aufgabe zu Teil 2: Wie ist die Rechtslage?
Bearbeitungshinweis:
Von einer Prüfung der §§ 305–310 BGB ist abzusehen.
Fall 4 Rechtsanwalt › Überblick
Überblick
89
Die Aufgabe besteht aus zwei selbstständigen Teilbereichen. Im ersten Teil steht das Recht der Stellvertretung im Mittelpunkt. Die geschädigte G wollte keinen Anwaltsvertrag mit K abschließen, sondern mit der Kanzlei Dr. Berger. Mit B selbst hatte sie keinen Kontakt. Entscheidend ist deshalb, ob B sich die Erklärungen des K zurechnen lassen muss. B billigte, dass K sich Visitenkarten für die private Nutzung gefertigt hatte. Im Kern ist deshalb die Frage zu beantworten, ob dies ausreicht, um eine Duldungs- oder Anscheinsvollmacht bzgl. der Annahme des Mandats der G anzunehmen. Bejaht man dies, sind die Rechtsfolgen der Rechtsscheinvollmacht darzustellen. Jedenfalls bei der naheliegenden Anscheinsvollmacht sind diese in Rechtsprechung und Literatur umstritten: Anwendung des § 164 BGB (analog) oder Haftung des Vertretenen wegen Verschuldens bei Vertragsschluss.
Im Ergebnis spricht einiges dafür, dass G einen Schadensersatzanspruch gegen B hat – sei es wegen Schlechterfüllung des Anwaltsvertrags oder aus Verschulden bei Vertragsschluss. Je nach Lösung ist außerdem auf die Haftung für Erfüllungsgehilfen gem. § 278 BGB einzugehen. Deliktische Ansprüche sind lediglich am Rande zu prüfen und hängen entscheidend von der strafrechtlichen