1. Wahrung der Kompetenzordnung
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Zur Wahrung der Kompetenzordnung gehört primär die Einhaltung der Kompetenznormen im positiven Sinne (Erfüllung der im Vertrag festgelegten Pflichten) wie auch im negativen Sinne (Einhaltung der dem Verband der EU und deren Organen gesetzten Kompetenzgrenzen). In dieser Funktion wird der Gerichtshof als Hüter der Verträge tätig.
Beispiel:
Nach Ansicht des EuGH stellt die Kompetenz zur Binnenmarktharmonisierung (Art. 114 AEUV) keine allgemeine Kompetenz zur Regelung des Binnenmarktes dar. Eine darauf gestützte Vorschrift muss tatsächlich und nachprüfbar dem Zweck dienen, die Errichtung und das Funktionieren des Binnenmarktes zu verbessern. Die im Präzedenzfall angegriffene Tabakwerberichtlinie (RL 98/43/EG) hat der EuGH damit für kompetenzwidrig und nichtig erklärt.[22]
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Aus Sicht der nationalen Verfassungsgerichte ist diese Letztentscheidungsbefugnis des GHEU insofern problematisch, als die EU-Kompetenzen ursprünglich nach Maßgabe der nationalen Verfassungen übertragen wurden, deren Einhaltung wiederum den mitgliedstaatlichen höchsten Gerichten obliegt und nicht dem GHEU.
2. Konkretisierung des Rechts
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Der abstrakt-generelle Charakter der primären und sekundären Rechtsvorschriften der EU macht es erforderlich, die Normen im Einzelfall zu konkretisieren, damit sie als Richtschnur staatlichen wie privaten Handelns dienen können. Dies erfolgt primär durch die beteiligten Akteure, d.h. durch die das Unionsrecht ausführenden Stellen. Darunter fallen die EU-Organe und die Mitgliedstaaten im Hinblick auf die Verfassungsprinzipien der EU. Gerade die allgemeinen Rechtsgrundsätze und Prinzipien des Unionsrechts, etwa der Grundsatz der loyalen Zusammenarbeit gemäß Art. 4 III UA 1 EUV, bedürfen häufig der Ausformung und Anwendung auf den Einzelfall. Die Kommission und andere EU-Stellen im direkten Vollzug sowie die nationalen Verwaltungsbehörden im indirekten Vollzug konkretisieren das gesamte, insbesondere das abgeleitete Unionsrecht.
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Wird der GHEU angerufen – es besteht kein Initiativ- oder Selbsteintrittsrecht des Gerichtshofes –, nimmt er eine eigene autoritative Konkretisierung der einschlägigen EU-Normen vor, an denen er die im Streit stehenden Handlungen der Verfahrensbeteiligten misst und die Rechtssachen entscheidet.
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Ausnahmen zu diesen nachgeschalteten streitbeendenden Konkretisierungen der EU-Rechtsordnung bilden das Vorabentscheidungsverfahren (in denen das Ausgangsgericht den Rechtsstreit fortführt), die Gutachtenzuständigkeit des Gerichtshofs (Art. 218 XI AEUV) und der einstweilige Rechtsschutz.
3. Fortbildung des Rechts
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Aufgrund der dynamischen Entwicklung der Europäischen Union und ihres neuartigen Charakters als supranationaler, mit beachtlicher Kompetenzfülle ausgestalteter Staatenverbund, nimmt auch die Rechtsprechung des GHEU bisweilen dynamische, rechtsfortbildend-kreative Züge an. In dieser Funktion lässt sich der Gerichtshof als Motor der Integration bezeichnen.
Beispiel:
Die Verträge über die Europäischen Gemeinschaften (EGKS, EAG, EWG) enthielten keine menschenrechtlichen Gewährleistungen. Als Reaktion auf die sich vertiefende gemeinsame Marktintegration wurde dies im Hinblick auf die Auswirkungen, die das Gemeinschaftsrecht und die Handlungen der Kommission auf den Einzelnen haben konnten, aber zunehmend als defizitär angesehen. Mit der rechtsfortbildenden Rechtsprechung zu den Grundrechten als ungeschriebenen allgemeinen Rechtsgrundsätzen des Gemeinschaftsrechts (EuGH-Entscheidungen Stauder, Internationale Handelsgesellschaft und Nold)[23] schloss der EuGH diese Lücke.
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Aus Sicht des GHEU stellen dessen rechtsfortbildenden Entscheidungen jedenfalls immer auch Konkretisierungen des Unionsrechts dar, da und insoweit er neue Rechtsinstitute aus dem bestehenden Primärrecht herleitet und erstmals zur Anwendung bringt.
II. Rolle der nationalen Gerichte
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Art. 19 I UA 2 EUV verpflichtet zugleich die Mitgliedstaaten, die „erforderlichen“ Rechtsbehelfe zu schaffen, „damit ein wirksamer Rechtsschutz in den vom Unionsrecht erfassten Bereichen gewährleistet ist“. Hiermit wird die zentrale Rolle der nationalen Gerichte beim Vollzug und der Durchsetzung des Unionsrechts unterstrichen. Zum einen müssen die Mitgliedstaaten die notwendigen verfahrensrechtlichen Vorkehrungen treffen, damit die Gerichte ihrem unionsrechtlich vermittelten Rechtsprechungsauftrag auch effektiv nachgehen können. Zum anderen besteht dieser Auftrag an die Gerichte gerade darin, beim dezentralen Vollzug des Unionsrechts als „Unionsgerichte im funktionalen Sinn“ mitzuwirken. Diese Inanspruchnahme der nationalen Gerichte führt dazu, dass bestehender mitgliedstaatlicher Rechtsschutz unionsrechtliche Vorgaben berücksichtigen und das Unionsrecht beachten muss. Die erforderliche prozessuale Verschränkung mit der Unionsgerichtsbarkeit stellt das Vorabentscheidungsverfahren (Art. 267 AEUV) dar.
§ 2 Die EU als Rechtsgemeinschaft › D. Recht auf effektiven Rechtsschutz
D. Recht auf effektiven Rechtsschutz
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Mit den zuvor behandelten Charakteristika einer „Rechtsgemeinschaft“ eng verknüpft ist das Prinzip des effektiven Rechtsschutzes, da und insoweit es die behandelten Merkmale zum Gewährleistungsinhalt subjektiver Rechte macht. Das Recht auf effektiven Rechtsschutz gewährleistet, dass Individuen
„einen effektiven gerichtlichen Schutz der Rechte in Anspruch nehmen können, die sie aus der Unionsrechtsordnung herleiten.“[24]
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Individuen besitzen hiernach das einklagbare Recht, die aus der EU als Rechtsgemeinschaft hervorgehenden Verbürgungen geltend zu machen, um ihre Rechte aus dem Unionsrecht durchsetzen zu können. Diese Rechtsschutzgarantie stellt das rechtsstaatlich notwendige Korrelat und Korrektiv zum unmittelbar verpflichtenden und berechtigenden Charakter des Unionsrechts dar.[25]
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Als geltendes Primärrecht besitzt der Grundsatz des effektiven Rechtsschutzes normhierarchisch Geltungsvorrang vor dem abgeleiteten Unionsrecht und ist in der systematischen Auslegung des gesamten Unionsrechts zu berücksichtigen. Gegenüber entgegenstehendem nationalem Recht setzt sich der Grundsatz kraft seines unionsrechtlichen Anwendungsvorranges durch, wenn eine Konformauslegung nicht möglich ist.
I. Rechtsgrundlagen
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Den Grundsatz des effektiven Rechtsschutzes hat der EuGH frühzeitig als allgemeinen Rechtsgrundsatz des Unionsrechts anerkannt.[26] Der Gerichtshof rekurrierte dabei auf Art. 6 und 13 EMRK. Darin hatten sich die Vertragsstaaten der EMRK, und damit alle EU-Mitgliedstaaten, verpflichtet, den ihrer Hoheitsgewalt unterstehenden Personen das Recht auf ein faires Verfahren und das Recht auf eine wirksame Beschwerde zuzuerkennen. Ebenfalls können diese Verbürgungen aus dem Rechtsstaatsprinzip, einem nach Art. 2 S. 1 EUV grundlegenden Wert der EU, abgeleitet werden. Der Grundsatz effektiven Rechtsschutzes ist mittlerweile