Klaus Bergdolt
Die Weihnachtskrippe
Theologie, Kunst, Anthropologie
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ISBN 978-3-7917-3285-5
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Satz: Vollnhals Fotosatz, Neustadt a. d. Donau
Druck und Bindung: Friedrich Pustet, Regensburg
Printed in Germany 2021
eISBN 978-3-7917-6212-8 (epub)
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Inhaltsverzeichnis
Theologische Herausforderungen
Christus als Logos – Jüdische und heidnische Einflüsse
Die Botschaft von Freude und Frieden
Von Rom nach Nordafrika – Weihnachten als globales Fest
Mission und kulturelle Anpassung
Franziskus und das geistliche Schauspiel
Der Triumph der Neapolitanischen Krippe
Der bayrisch-österreichische Raum – die Krippen der Orden und Bruderschaften
Vorwort
Von einer „Kultur der Weihnachtskrippe“ kann in den westlichen Ländern kaum noch gesprochen werden. Das Fest der Geburt Christi ist, unter dem Siegel von Toleranz und Nächstenliebe, längst zum Fest der Geschenke degradiert, das nicht nur vom Kommerz bestimmt wird, sondern ganze Wirtschaftszweige am Leben erhält. „Ostern ist das neue Weihnachten“, titelte eine deutsche Zeitung im April 2020, nachdem die Anzahl der Paketzusendungen, bedingt durch die Corona-Krise, jene von Weihnachten übertroffen hatte. Das subtile, mystisch angehauchte, theologisch komplizierte Geschehen von Betlehem und seine einzigartige Akzeptanz in der christlichen Lebenswelt bis ins 20. Jahrhundert hinein findet in säkularen, gerade zur Weihnachtszeit optisch überfrachteten Gesellschaften, von einigen Orten in Süditalien, Altbayern oder Österreich abgesehen, kaum mehr wirkliches Interesse. Die Entwicklung könnte, wird sie überhaupt noch wahrgenommen, zu Ironie und Sarkasmus reizen. „Jedes Jahr ziehen drei exotisch gekleidete Gestalten auf Kamelen durch die deutschen Wohnzimmer, treiben Hirten ihre Schafe über Tisch und Kommode, bis sie schließlich zu einem Stall gelangen, in dem ein Baby friedlich im Stroh schlummert. Mutter, Vater, Ochs und Esel stehen drum herum, während draußen ein Komet vorbeifliegt. Wer hat sich das eigentlich ausgedacht?“, umschrieb ein Journalist in der FAZ zu Weihnachten 2020 den weit verbreiteten, kühl-säkularen Zugang zum Weihnachtsgeschehen.1 Das Ende der Krippenkultur scheint eingeläutet, das „postchristliche“ Zeitalter fordert, wen könnte es wundern, selbstverständlich auch bezüglich der religiösen Volkskunst seinen Tribut.
Dabei gehörte die Begeisterung für Krippen, ob in Kirchen oder im privaten Umfeld, einst zum zentralen Bestandteil weihnachtlichen Brauchtums und trug vor allem im katholisch-deutschen Sprachraum zur vielzitierten Innerlichkeit des Festes bei. Doch wurde ihre Bedeutung – möglicherweise eine Sekundärfolge liturgischer Traditionsbrüche, wie sie nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil üblich wurden – in den letzten Jahren gerade auch in katholischen Regionen abgewertet. Die Verkürzung der Weihnachtszeit bis zum „Sonntag nach Dreikönig“ (jahrhundertelang dauerte sie, begleitet von zahlreichen Festen und volkstümlichen Ritualen, bis zum 2. Februar, dem Fest Mariä Lichtmess) ließ die noch vor 100 Jahren vielerorts unvorstellbare Frage aufkommen, ob es sich überhaupt lohne, Krippen aufzubauen. Wie uralte, seit dem frühen Christentum gewachsene Liturgien oder seit Menschengedenken verehrte sakrale Kunstwerke, die ihre endgültige Heimat zunehmend in Museen finden und deren Schönheit meist nur noch im Rahmen von Block-Buster-Ausstellungen wahrgenommen wird, verdächtigt man die Krippentradition zunehmend – katholische Geistliche sind hier keineswegs ausgenommen – mit geradezu neoreformatorischem Impetus, einer oberflächlichen, eher formal-äußerlichen Glaubenskultur Vorschub zu leisten, die vom Wesentlichen ablenke.
Die Weichen hierzu