Arthrose und Schmerz
Wenn eine Arthrose entsteht und sich weiterentwickelt, vollziehen sich dabei parallel verschiedene Abläufe, die auch für Schmerzen ursächlich sein können:
erhöhte Muskel- und Faszienspannung
Morgensteifigkeit und Anlaufschmerz
entzündlich aktivierte Arthrose (Nacht- und Ruheschmerz)
bis auf den Knochen reichende Knorpeldefekte
Arthrose kann viele Gesichter haben. Sicher haben Sie schon bemerkt, dass Arthrose nicht immer und auch nicht immer zu gleich starken Schmerzen führt. Aber warum ist das so und welche Faktoren beeinflussen Ihr Schmerzempfinden? Was kann eigentlich im Fall der Arthrose Schmerzen hervorrufen?
Schmerzwahrnehmung
Sehr viele verschiedene Faktoren, vor allem die Genetik, Emotionen und die Kognition beeinflussen die Schmerzwahrnehmung. Außerdem ist die Wahrnehmung von Schmerzen stark subjektiv, und die Psyche spielt eine große Rolle. Sie kann Sie Schmerzen verstärkt oder gedämpft empfinden lassen. Aber nicht nur psychische Faktoren, wie die aktuelle Stimmungslage oder die Erwartungshaltung, beeinflussen uns in der Schmerzwahrnehmung. Das Schmerzempfinden ist auch von Mensch zu Mensch und auch bei derselben Person in unterschiedlichen Situationen verschieden. Die Gewebebeschaffenheit und unterschiedliche Stoffwechselprozesse tragen auch zur Variabilität der Schmerzwahrnehmung bei.
Es kann kein direkter Zusammenhang zwischen dem Verschleiß eines Gelenks, der im Röntgenbild gezeigt werden kann, und der Schmerzstärke gefunden werden. Bei sehr guter Muskelfunktion kann somit auch eine schwere Arthrose schmerzfrei sein.
Ziel bei der Behandlung der Arthrose ist, die schmerzfreie Beweglichkeit des Gelenks wieder zu erreichen sowie den Aufbau des Gelenkknorpels zu fördern. Bei der Arthrosetherapie, sofern Schmerzen im Vordergrund stehen, ist eine ganzheitliche Schmerztherapie empfehlenswert. Dazu sollte eine multimodale Therapie in Betracht gezogen werden unter Nutzung von Verfahren der Mind-Body-Medizin und Entspannungstechniken. Dadurch kann die Schmerzwahrnehmung optimiert werden.Schmerz ist nicht gleich Schmerz. Je nachdem, welche Ursache Ihrem Schmerz zugrunde liegt, kann die Intensität, Art und Dauer des Schmerzes variieren.
Gelenkschmerz durch einseitige Bewegungsmuster
Häufig genutzte Bewegungsmuster sind in Ihrem Gehirn abgespeichert und werden automatisch abgerufen. So werden die meisten Bewegungen im Alltag wie von selbst ausgeführt, ohne dass Sie darüber erst nachdenken müssen. Die notwendigen Muskelspannungen zum Verkürzen oder Verlängern eines Muskels werden dann sofort vom Gehirn eingestellt. Die Muskeln und die sie umgebenden Faszien passen sich dem Bedarf an Bewegung schnell an. Muskeln, die ständig angespannt werden, verkürzen mit der Zeit, Muskeln, die selten angespannt werden, schwächen weiter ab. Dadurch kann ein Ungleichgewicht entstehen, das die normalen Bewegungsabläufe behindert, sodass der Körper dem wieder entgegenwirken will und dafür in bestimmten Gebieten Muskel- und Faszienspannungen erhöhen muss (mehr zu Faszien in Kapitel 2).
Mit geeigneter Körperhaltung vermeiden Sie Muskelverspannungen und Schmerzen. Achten Sie dabei auf folgende Punkte:
Füße etwa hüftbreit voneinander entfernt
leicht gebeugte Knie
Becken aufrichten, um ein Hohlkreuz zu vermeiden
verstärkte Körperspannung in Ihrer Körpermitte (Bauch/Rumpf)
Brust aufrichten
Kopf wie an einer Schnur schwebend
Verbessern Sie Ihre Körperhaltung. Achten Sie so oft wie möglich am Tag auf aufrechtes Gehen, Stehen und Sitzen. Halten Sie kurz inne, bevor Sie sich bücken, womöglich um eine schwere Last anzuheben. Gehen Sie dazu besser in die Knie.
Dauerhaft überhöhte Muskel- und Faszienspannung stellt für die Gelenke eine Gefahr dar, da sich dadurch der Druck auf den Knorpel erhöht und er dieser Überbelastung nicht standhalten kann. Auch in der Gelenkinnenhaut befinden sich Rezeptoren, die die erhöhte Spannung der Muskeln und Faszien, Zug-, Druck- oder Scherkräfte registrieren und an das Gehirn zurückmelden. Der daraufhin in die bedrohte Körperregion projizierte Schmerz hat eine Warnfunktion, um das Bewegungsmuster zu durchbrechen.
Gelenkschmerz nach dem Aufstehen
Anlaufschmerzen sind typisch für Arthrose. Das bedeutet, dass die Schmerzen bei Bewegungsbeginn am stärksten sind und dann mit zunehmender Bewegung nachlassen. Betrachten Sie das Beispiel der Kniearthrose, es treten Knieschmerzen direkt morgens nach dem Aufstehen oder nach Ruhephasen (wenn Sie nach längerem Sitzen aufstehen wollen) auf. Diese Art von Schmerzen kann aber auf alle Gelenke übertragen werden. Sicher kam es schon mal vor, dass Sie morgens aufwachten und bemerkten, dass Sie ein Problem haben, Ihre Finger zügig zur Faust zu schließen? Und nach zwei-, dreimaligem Durchbewegen lief dann alles wieder wie geschmiert? Anlaufschmerz muss also nicht bedeuten, dass Sie dazu immer loslaufen müssen. Sie setzen einfach ein Gelenk in Bewegung. Und falls Sie noch nie Probleme hatten, eine Faust zu machen oder auch sie nach längerem Tragen eines schweren Einkaufsbeutels wieder zu öffnen, umso besser, dann leiden Sie wahrscheinlich gar nicht an einer Fingergelenksarthrose, die hier nur als zweites Beispiel gelten sollte.
Entzündungsschmerz bei aktivierter Arthrose
Arthrose wird oft von einer schmerzhaften Entzündung im Gelenk und Gelenkschwellung begleitet. Diese Entzündung (Inflammation) muss von einer Infektion unterschieden werden. Hier sind keine Bakterien oder Viren die Ursache, sondern es handelt sich um eine Reaktion des Körpers auf schädliche Reize. Kleine abgeriebene Knorpelteilchen können so eine Entzündungsreaktion im Gelenk auslösen. Diese schädigt den Knorpel noch zusätzlich. Ist die Gelenkinnenhaut Ihres Gelenks entzündet, liegt eine reaktive Synovitis vor.
Eine Infektion entsteht durch das Eindringen von Mikroorganismen in Ihren Körper. Dazu zählen neben Bakterien Viren, Pilze und Parasiten. Ihr Körper reagiert dann mit einer Abwehrreaktion, einer Entzündung. Aber solche Entzündungsreaktionen können auch durch andere Reize ausgelöst werden, wie Druck, Strahlung und Fremdkörper.
Sie spüren dann vor allem starke Schmerzen und Schwellungen. Es kann sich auch eine Rötung der Haut im Gelenkbereich zeigen, je nachdem, ob das Gelenk von einem dicken Weichteilmantel aus Muskulatur und Fettgewebe umgeben ist oder nur eine kurze Distanz bis zur Körperoberfläche besteht. Bei einer Entzündung fühlt sich das betroffene Gelenk wärmer an. Die fünf klassischen Entzündungszeichen können bei einer Entzündung des Gelenks auftreten, entweder alle gemeinsam oder nur einige von ihnen:
Rötung