Ein anderes Beispiel für eine globalgeschichtliche Auseinandersetzung mit Transport und Kommunikation findet sich in meiner eigenen Arbeit zur Entstehung eines globalen Telegrafennetzwerks im 19. Jahrhundert. Darin habe ich zum einen versucht, die Struktur dieses Netzes nachzuzeichnen und herauszuarbeiten, was es hieß, telegrafisch angebunden zu sein oder nicht. Darüber hinaus wollte ich aber vor allem wissen, was globale telegrafische Kommunikation verbindungsgeschichtlich bedeutet hat, welche Informationen eigentlich telegrafisch übermittelt wurden und welche nicht, welche unmittelbaren Auswirkungen eine solche Auswahl und die damit verbundene Komprimierung der versendeten Inhalte hatte. Es hat sich im Verlauf der Untersuchung herausgestellt, dass telegrafische Verbindungen einen ganz deutlichen Charakter als Mediatoren hatten und durch ihre spezifische Funktionsweise nachhaltig auf die übermittelten Inhalte und deren Wahrnehmung durch die Korrespondenten wirkten.[44]
Es versteht sich von selbst, dass keine der vier hier vorgestellten Perspektiven auf die Geschichte der Mobilität die eine richtige ist; dass keine Forschungsrichtung wichtigere oder relevantere Fragen stellt als ein andere. Die Liste der bestenfalls kursorisch vorgestellten Ansätze und der Versuch, deren Zugang zur Mobilitätsgeschichte aus ihren breiteren Erkenntnisinteressen herzuleiten, müssen exemplarisch bleiben. Es geht nicht darum, einen vollständigen Überblick darüber zu geben, aus welchen Winkeln man auf die Geschichte von Transport und Kommunikation blicken kann, um am Ende dann ein möglichst komplettes Bild zu haben. Viel wichtiger ist es nachzuzeichnen, auf wie vielen unterschiedlichen Ebenen ein analytisches Verständnis der menschlichen Mobilität, ihrer historischen Entwicklung, der technischen Grundlagen und der verwobenen kulturellen Praktiken für das Verständnis menschlicher Gesellschaften grundlegend ist. In diesem Zusammenhang wurden hier nur vier exemplarische Zugänge vorgestellt. Jenseits dieser Auswahl sind aber viele andere Fragenkomplexe aktuell und hochrelevant. Die Umweltgeschichte interessiert sich für den historischen Zusammenhang zwischen Mobilität, Natur und Umwelt. Fragen der Nutzbarmachung von Energiequellen sind hier beispielsweise von zentraler Bedeutung. Die Emotionsgeschichte wiederum untersucht die emotionalen und psychopathologischen Auswirkungen von Mobilität und greift damit ein für das frühe 21. Jahrhundert hochaktuelles Thema auf. All diese und viele andere Zugänge zur Geschichte der Mobilität seit dem 18. Jahrhundert werden in den folgenden Kapiteln immer wieder in miteinander verwobener Form auftauchen. Sie zeugen von der Prägekraft und historischen Wirkmächtigkeit des Gegenstands.
[40] Bayly.
[41] Conrad, Globalgeschichte, S. 9.
[42] O’Brien, S. 4.
[43] Huber, Channelling Mobilities.
[44] Wenzlhuemer, Connecting.
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