Voraussetzungen für Maßnahmen des Familiengerichts nach § 1666 Abs. 1 BGB
1. Es liegt vor
1.1 eine konkrete Gefährdung des Kindeswohls, und zwar entweder des
– körperlichen,
– geistigen oder
– seelischen Wohls des Kindes,
1.2 oder seines Vermögens.
2. Zugleich sind die Eltern
2.1 nicht gewillt oder
2.2 nicht in der Lage, die Gefahr abzuwenden (z. B. durch Zustimmung zu Maßnahmen nach §§ 27 ff. SGB VIII/Kinder- und Jugendhilfe).
Das Familiengericht muss (!) hier also bei Vorliegen der genannten Voraussetzungen tätig werden und die im Einzelfall jeweils gebotene Anordnung treffen. Dabei kommt – gerade auch mit Blick auf Bildungsfragen oder die Vernachlässigung der Schulpflicht – ein breites Spektrum von Maßnahmen in Betracht, insbesondere nach § 1666 Abs. 3 Nr. 2 oder 6; Wabnitz 2014b, 10.2; Münder et al. 2013b, § 12. III). Eine Trennung des Kindes von seinen Eltern ist gemäß Art. 6 Abs. 3 GG nur zulässig, „wenn die Erziehungsberechtigten versagen oder wenn das Kind aus anderen Gründen zu verwahrlosen droht“. Dabei müssen das Fehlverhalten der Eltern und die Kindeswohlgefährdung ein solches Ausmaß erreichen, dass bereits ein Schaden des Kindes eingetreten ist oder eine Gefahr gegenwärtig in einem solchen Maße besteht, dass sich bei einer weiteren Entwicklung eine erhebliche Schädigung mit ziemlicher Sicherheit voraussehen lässt (BVerfG E 19, 295, 301; ZKJ 2014, 281, 282).
3.3.3 Umgangsrechte
Umgang bedeutet: Recht und Pflicht, mit dem Kind zusammen zu sein, mit ihm Zeit zu verbringen etc. Das Umgangsrecht ist regelmäßig Bestandteil des elterlichen Sorgerechts. Bereits in § 1626 Abs. 3 BGB hat der Gesetzgeber die besondere Bedeutung des Umgangs mit beiden Eltern in allgemeiner Form unterstrichen und in § 1684 BGB näher geregelt.
Das Umgangsrecht kann jedoch auch Eltern zustehen, die nicht Inhaber des Sorgerechtes sind, und darüber hinaus gegebenenfalls weiteren Bezugspersonen gemäß §§ 1685 und 1686a BGB (Wabnitz 2014b, Kap. 7.4; Münder et al. 2013b, § 14).
Literatur
Dettenborn, H. (2014): Kindeswohl und Kindeswille. Psychologische und rechtliche Aspekte. 4. Aufl.
Fröschle, T. (2013): Sorge und Umgang – Elternverantwortung in der Rechtspraxis
Heiß, H., Castellanos, H. A. (2013): Die gemeinsame Sorge und das Kindeswohl
Hoffmann, B. (2013): Personensorge. 2. Aufl.
Löhnig, M. (2010): Das Recht des Kindes nicht verheirateter Eltern. 3. Aufl.
Münder, J., Ernst, R., Behlert, W. (2013b): Familienrecht. Eine sozialwissenschaftlich orientierte Darstellung. 7. Aufl.
Prenzlow, R. (2013): Handbuch Elterliche Sorge und Umgang
Schleicher, H. (2014): Jugend- und Familienrecht. Ein Studienbuch. 14. Aufl.
Schwab, D. (2014): Familienrecht. 22. Aufl.
Völker, M., Clausius, M. (2011): Sorge- und Umgangsrecht
Wabnitz, R. J. (2014b): Grundkurs Familienrecht für die soziale Arbeit. 4. Aufl.
3.4 Fall: Eltern und Kinder in der Ausbildung
1. Vater V und Mutter M sind verheiratet und haben zwei Kinder: den zehnjährigen Sohn S und die 14-jährige Tochter T. S besucht die vierte Grundschulklasse und hat in der letzten Zeit mehrfach die Note „mangelhaft“ in Deutsch und Mathematik erhalten. V und M machen sich deshalb Sorgen, weil S im nächsten Jahr auf das Gymnasium wechseln soll. Sie „verhängen“ deshalb eine mehrtägige „Ausgangssperre“ für S, weil er jetzt intensiver als bislang für die nächsten Klassenarbeiten lernen soll. Ist dies zulässig?
2. In der Folgezeit werden die Schulleistungen von S wieder besser und bewegen sich jetzt zumeist zwischen den Noten gut und befriedigend. Nunmehr streiten V und M darüber, ob das Gymnasium wirklich für S die geeignete Schulart ist oder ob es mit Blick auf die praktischen Begabungen von S nicht besser die Realschule sei, wie M meint. Was jetzt?
3. Zusatzfrage: Wie wäre es, wenn V und M geschieden wären und S jetzt bei M lebt, während V in eine 200 km entfernte Stadt gezogen wäre?
4. V und M verlangen von T, die die achte Klasse des Gymnasiums besucht, dass sie täglich eine halbe Stunde im Haushalt mithilft (Geschirr abräumen und spülen, fegen, Rasen mähen etc.). T meint, dass sie als Schülerin dazu nicht verpflichtet sei und zudem regelmäßig Hausaufgaben zu erledigen habe. Wie ist die Rechtslage?
5. T hat jetzt das Abitur bestanden und absolviert eine Banklehre. Nachdem sie auch diese erfolgreich beendet hat, möchte sie noch ein Jurastudium anschließen und von ihren Eltern finanziert bekommen. Diese weigern sich jedoch, weil sie schon genug für T getan hätten und auch noch durch S finanziell belastet seien. Wird T ihren Wunsch durchsetzen können?
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