Bei der Satellitenmeteorologie wird Strahlung verwendet, deren Wellenlängen sich um einen Faktor von mehr als 1 Million unterscheiden. Auf anschauliche Dimensionen übertragen entspricht das einem Unterschied zwischen 1 mm und 1 km.
Für die Satellitenmeteorologie wird Strahlung mit Wellenlängen zwischen rund 10–7 m und 1 m verwendet (Abb. 2.2). Der Wellenlängenbereich, der insgesamt in der Fernerkundung Anwendung findet, geht also über einen Bereich von mehr als sechs Zehnerpotenzen. Daraus resultiert, dass die Messverfahren in verschiedenen Spektralbereichen unterschiedliche technisch-wissenschaftliche Hintergründe haben und damit traditionell unterschiedliche Angaben zur Beschreibung der Strahlung verwendet werden. Abbildung 2.2. zeigt die Strahlung für den ganzen genutzten Wellenlängenbereich, mit verschiedenen Möglichkeiten zur Bezeichnung der Bereiche. Der Bereich des sichtbaren Lichts, der nur einen winzigen Teil der elektromagnetischen Strahlung ausmacht, ist in der Abbildung zusätzlich vergrößert herausgezogen.
Die für die Satellitenmeteorologie verwendete Strahlung lässt sich grundsätzlich in drei spektrale Bereiche trennen, die sich durch die Quelle der Strahlung sowie die Prozesse in der Atmosphäre und am Boden unterscheiden: der solare, der terrestrische und der Mikrowellen-Bereich. Die Begriffe „solar“ und „terrestrisch“ werden dabei zur Bezeichnung der Spektralbereiche verwendet, um unscharfe Begriffe wie „kurz“ und „lang“ zu vermeiden, die zum Beispiel auch bei Radiowellen vorkommen, dort aber im km-Bereich liegen.
Der solare Spektralbereich ist der Wellenlängenbereich, in dem die Strahlung ursprünglich von der Sonne stammt. Die Strahlung in diesem Spektralbereich wird generell mit der Wellenlänge charakterisiert. Die üblicherweise verwendeten Einheiten sind Nanometer (1 nm = 10–9 m) und Mikrometer (1 μm = 10–6 m). Beim sichtbaren Licht, dem Teil des solaren Spektralbereichs der vom menschlichen Auge gesehen werden kann, entsprechen verschiedene Wellenlängen verschiedenen Farben (Abb. 2.2). Der solare Spektralbereich geht aber über den Bereich der sichtbaren Strahlung von violett bis rot hinaus. Die Strahlung bei Wellenlängen, die kürzer sind als violett, wird „ultraviolett“ (UV) genannt, und die mit längeren Wellenlängen als rot dementsprechend „infrarot“ (IR). Es sei in diesem Zusammenhang angemerkt, dass sich der Begriff „Licht“ per Definition nur auf Strahlung bezieht, für die das menschliche Auge empfindlich ist. Für die Bereiche ultraviolett und infrarot gilt dies nicht, weshalb auch nicht von UV- oder IR-Licht gesprochen werden sollte, sondern nur von UV- und IR-Strahlung.
Abb. 2.2
Spektrum der in der Satellitenmeteorologie genutzten elektromagnetischen Strahlung.
Der Spektralbereich, in dem die Strahlung von irdischer Materie emittiert wurde, sei es am Boden oder in der Atmosphäre, wird als „terrestrisch“ bezeichnet. Hier wird zur Charakterisierung der Strahlung neben der Wellenlänge häufig der Kehrwert der Wellenlänge verwendet, die „Wellenzahl“, in aller Regel in cm–1. Das Maximum der terrestrischen Strahlung liegt bei einer Wellenlänge von rund λ = 10 μm.
Die Begriffe „solar“ und „terrestrisch“ bezeichnen Spektralbereiche der Strahlung, basierend auf deren primärer Quelle, nicht auf sekundären Prozessen. Damit kann auch Strahlung, die von der Erde her am Satelliten ankommt, „solar“ sein, eben wenn es sich um reflektierte oder gestreute Sonnenstrahlung handelt.
Wie gesagt, bezeichnen „solar“ und „terrestrisch“ bestimmte Wellenlängenbereiche, nicht den aktuellen Ausgangsort der gemessenen der Strahlung. Strahlung im solaren Spektralbereich wird auch dann solar genannt, wenn sie künstlich erzeugt wird oder wenn sie zwar von der Sonne stammt, aber am Boden reflektiert oder in der Atmosphäre gestreut wurde und damit scheinbar von Teilen der Erde kommt. Ebenso beschreibt der Begriff „terrestrisch“ einen Spektralbereich unabhängig von der aktuellen Quelle der Strahlung. Da die Strahlung in diesem Bereich stark von der Temperatur des Strahlers bestimmt wird (Kap. 2.2.1), wird sie häufig auch als „thermisch“ bezeichnet.
Die Technik zur Messung von Mikrowellen stammt aus dem Umfeld des Radars, wie es zur Ortung auf Schiffen verwendet wird. Damit werden in diesem Bereich der elektromagnetischen Strahlung traditionell die in der Radartechnik gebräuchlichen Bezeichnungen benutzt, und eine Spezifizierung erfolgt über die Frequenz. Dies gilt jedoch nicht nur für aktives Radar, sondern generell für die Charakterisierung im Spektralbereich der Mikrowellen. Aus der Radar-Tradition resultieren auch die in Abbildung 2.2 angegebenen Buchstaben zur Bezeichnung von verschiedenen Frequenzbereichen. Die für die Satellitenmeteorologie genutzten Mikrowellen liegen zwischen 0,5 und 100 GHz (1 GHz = 109 s–1). Nach Gleichung 2.2 ergibt sich daraus, dass die für die Fernerkundung genutzte Mikrowellenstrahlung Wellenlängen zwischen 3 mm und 60 cm hat.
Die Bezeichnung der Strahlung für breitere spektrale Teilbereiche ist uneinheitlich. Auch hier resultieren die verwendeten Namen wieder aus der Geschichte der Sensoren, aus der von den Entwicklern und Betreibern der Radiometer verwendeten Benennung der Spektralbereiche. So haben die Meteosat-Satelliten der ersten Generation in drei breiten Kanälen gemessen, die mit VIS (visible, sichtbar), WV (Water Vapor, Wasserdampf) und IR (infrared, infrarot) bezeichnet wurden. Dabei war der „VIS“-Kanal zwar im Bereich der sichtbaren Strahlung gelegen, hat aber nicht mit diesem übereingestimmt sondern ging über diesen hinaus. Und mit „Wasserdampf“ wird nur indirekt ein Spektralbereich angegeben, eben der, in dem Wasserdampf absorbiert. Der Begriff „infrarot“ wurde bei Meteosat für einen Kanal bei rund 11 μm verwendet. Die Bezeichnung dieser Bereiche blieb auch bei der zweiten Generation von Meteosat (Meteosat Second Generation, MSG) generell erhalten – jedoch, aufgrund der bei MSG viel größeren Anzahl spektraler Kanäle, spezifiziert.
Besonders uneinheitlich ist die Bezeichnung im infraroten Spektralbereich, da unter „infrarot“ jede Strahlung verstanden werden kann, deren Wellenlänge größer ist als die des roten Lichts (> 0,7 μm). Unter Physikern ist die Trennung in „nahes“, „mittleres“ und „fernes“ Infrarot üblich, wobei das mittlere Infrarot für einen sehr weiten Bereich um 10 μm verwendet wird. In der Fernerkundung trägt der Wellenlängenbereich zwischen 8 und 13 μm häufig die Bezeichnungen „thermisch“ oder „thermisches Infrarot“, da dieser Spektralbereich genutzt wird, um Oberflächentemperaturen zu bestimmen. Einige Autoren verwenden „Thermal IR“ für den größeren Bereich zwischen 4 und 50 μm und entsprechend „Near IR“ für die Strahlung zwischen sichtbar und 4 μm und „Far IR“ für den Bereich zwischen 50 μm und den Mikrowellen. Auch Bezeichnungen wie SWIR (Shortwave Infrared), MIR (Middle Infrared) und TIR (Thermal Infrared) sowie TIRWV (thermales Infrarot im Bereich der Wasserdampfabsorption) kommen zur Anwendung. Im Mikrowellenbereich ist der Sprachgebrauch ebenfalls variabel, da sowohl die Frequenzbereiche zur Klassifizierung genutzt werden als auch die Bezeichnung mittels Buchstaben für bestimmte Bereiche (Abb. 2.2).
Als Konsequenz ergibt sich, dass bei jedem Radiometer und bei jeder Publikation darauf geachtet werden muss, was die verwendete Bezeichnung eines Spektralbereichs im Hinblick auf Wellenlänge, Wellenlängenbereich oder Messkanal mit spezifischen Eigenschaften bedeutet. Am saubersten ist natürlich die direkte Angabe von Wellenlängen oder Frequenzen, bei breiteren Kanälen zusammen mit deren spektraler Transmission.
2.1.2 Emission, Absorption und Streuung
Die Moleküle und Atome, aus denen Materie aufgebaut ist, sind in ständiger Bewegung, und zwar nicht nur als Ganzes, sondern auch innerhalb des Moleküls in Form von Schwingungen oder Rotation. Durch Zusammenstöße wird Energie übertragen, wodurch sich die Bewegungsformen des Moleküls ändern können, aber auch Elektronen