Gol
Ein brasilianischer Fußballkrimi
von Friedrich Schmidt-Roscher
Sie sahen die Lichter eines Wagens. Er fuhr mit großer Geschwindigkeit von Esperança in ihre Richtung. Ein weiteres Fahrzeug folgte ihm. Das Auto kam rasch näher. Unvermittelt riss Schuster die Autotür auf. Sie schrie: „Dass mit dem Diesel war kein Zufall. Wir müssen uns verstecken. Schnell! Das ist kein Spaß.“
Forte war wie gelähmt. Er sah wie Schuster den Laptop aus dem Wagen holte und ihre beiden Reisetaschen aus dem Wagen warf. Er öffnete die Wagentür und ging in den Regen, der etwas nachgelassen hatte. Er folgte Schuster in das Feld. Sie war schon verschluckt von zweieinhalb bis drei Meter hohen Pflanzen. Aus dem Augenwinkel sah er wie das Fahrzeug mit großer Geschwindigkeit auf sie zuraste.
Wenige Tage vor Beginn der Weltmeisterschaft in Brasilien, liegt die Leiche einer jungen Frau auf dem Rasen des Estádio Conde Rodolfo Crespi in São Paulo. Kurz darauf verschwindet der Pokal des Weltfußballverbandes aus der Suite eines Luxushotel. Ein bekannter Sportjournalist wird aus der Kathedrale in Curitiba entführt.
Haben die Verbrechen etwas miteinander zu tun?
Fieberhaft ermittelt die Spezialeinheit Gol, um den Pokal rechtzeitig vor dem Eröffnungsspiel zu finden und die Kapitaldelikte aufzuklären.
Auch Christian Forte, der Seelsorger der deutschen Nationalmannschaft und Barbara Schuster werden in den Fall verwickelt. Sie folgen einer rätselhaften Nachricht, die sie tief in die brasilianische Provinz zu ausgewanderten Pfälzern führt.
Friedrich Schmidt-Roscher
wurde 1962 in Zweibrücken geboren und wuchs in der Westpfalz auf. Er ist protestantischer Pfarrer, lebt mit seiner Frau und drei Kindern in Haßloch. Seine Begeisterung für Fußball und seine Leidenschaft für den FCK kennt kaum Grenzen.
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Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.
Die Handlung des Romans ist frei erfunden und etwaige auftretende Ähnlichkeiten mit lebenden Personen sind rein zufällig und nicht beabsichtigt. Auch die Handlungen der Personen der Zeitgeschichte sind fiktiv.
Die Rechte aller im Roman erwähnten Marken oder Warenzeichen gehören den jeweiligen Eigentümern.
Bild Vorderseite „city of sao paulo“ Cover © Cifotart - Fotolia.com
Bild Autor © Jochen Werz
Copyright © Jochen Werz Verlag 2014
Alle Rechte liegen beim Verlag
ISBN 978-3939434-24-5
Mehr Informationen unter www.4werz.de
Kapitel 1
Freitag, 30. Mai, Estadio Conde Rodolfo Crespi, São Paulo
Die Tote lag auf dem Fußballfeld im Anstoßkreis. Die Finger der linken Hand berührten die weiße Linie. Der rechte Arm lag direkt neben dem Körper. Ihre Augen waren geschlossen. Es war ein friedliches Bild, trotz der verklebten Haare. Die blonde Frau sah aus, als ob sie schliefe. In ihrem Gesicht war kein Blut zu sehen. Nur auf der Stirn klaffte ein kleines hässliches Einschussloch.
Als Kommissarin Gabriella Gil mit ihrem Chef Duarte von der Mordkommission der Polícia Civil im Estadio Conde Rodolfo Crespi eintrafen, brauchten sie keinen Arzt, um den Mord festzustellen. Der Tatort war mit einem gelb-schwarzen Plastikband abgesperrt. João Russo kniete in einem weißen Overall auf dem Rasen und suchte mit einer Pinzette nach Spuren. Die Kommissarin schätzte die blonde Tote auf 20 bis 30 Jahre. Das starre Gesicht eines toten Menschen machte der Kommissarin immer noch zu schaffen. Gil schaute auf die leeren Ränge mit den blauen und roten Sitzen. Sie entdeckte einen anderen Polizist im weißen Overall, der an einem drei Meter hohen Metallzaun entlang lief, der das Gelände von einer Straße trennte.
„Die haben hier eine schöne Anlage“, meinte Duarte und prüfte mit seinem rechten schwarzen Schuh die Festigkeit des Rasens. „Dabei dümpeln die seit Jahren in der zweiten Liga herum. Letztes Jahr wären sie fast abgestiegen.“
Gabriella Gil nahm ein Kaugummi aus ihrem Rucksack. „Was macht die Frau mit einer Kugel im Kopf mitten auf dem Fußballfeld? Wer hat uns die Tote gemeldet?“
„Der Verein Juventus São Paulo wurde vor fast 100 Jahren von italienischen Einwanderern gegründet. Ein Onkel von meinen Vater hat hier auch einmal gespielt.“ Duarte blickte versonnen auf die Ränge. „Schöne Anlage. Die müssen im Geld schwimmen. Da ist doch dieser Buda Großsponsor.“
„Buda wer?“
„Na dieser Walter Buda, der Vizepräsident des brasilianischen Fußballverbandes. Der ist mit Ethanol und mit Bauprojekten reich geworden. Als kleiner Junge hat er hier mal Fußball gespielt. Ziemlich schlecht, wie mein Onkel mir erzählt hat. Bankdrücker in der zweiten Mannschaft. Aber jetzt sorgt sein Geld dafür, dass sie so einen schönen Rasen haben.“ Duarte spuckte auf das saftige Grün. „Der Anruf kam von dem Platzwart.“
Gil drehte sich um und lief Richtung Tribüne. Dort stand ein drahtiger kleiner Mann im Trainingsanzug. Er grinste verlegen mit seinem faltigen Gesicht. Sein Haar war immer noch dunkel. Als er den Mund aufmachte, fehlte einer seiner Vorderzähne.
„Jeden Morgen komme ich kurz vor acht Uhr hier ins Stadion und schließe die Tür auf und sehe nach dem Rechten. Das mache ich schon seit elf Jahren. Nie ist etwas passiert. Gut, wir hatten schon zweimal einen Einbruch.“ Der Mann kratzte sich am Kopf. „Nee, es waren sogar drei Einbrüche. Aber außer ein paar Bällen und einmal die Eintrittsgelder eines Spiel ist nichts gestohlen worden. Eine Leiche hatten wir noch nie.“
„Wann haben Sie die Tote entdeckt?“
„Zehn Minuten nach 8 Uhr.“
„Mein Name ist Gil, ich bin Kommissarin bei der Polícia Civil im Bezirk Santo Amaro und ermittle. Ich möchte sie als Zeugen vernehmen.“ Sie nahm ihr Diktiergerät aus ihrem Rucksack und drückte auf den Knopf. „Freitag, 30. Mai 2014. Protokoll der Vernehmung von ….“
„Ich heiße Rossi, Ricardo.“
„Wie alt sind Sie? Wo wohnen Sie?“
„72 Jahre. Paulista seit Geburt. Ich wohne in der Rua João Caetano 352.
„Also wohnhaft in São Paulo. Sie haben doch eben gesagt, dass Sie kurz vor acht das Tor schon aufgeschlossen haben.“
Der hagere Mann kratzte sich am Kopf. „Ja, aber ich gehe immer zuerst in die Umkleidekabinen und schaue nach, ob die Duschen abgedreht sind und alle Fenster geschlossen. Erst als ich raus kam, fiel mir die Frau auf dem Rasen auf.“
„Wann haben Sie die Frau genau entdeckt?“
„Wie gesagt, 8:10 Uhr.“ Der Alte hielt den Arm mit seiner Uhr hoch.
„Kennen Sie die Frau?“
Er schüttelte den Kopf. „Die habe ich noch nie gesehen. Keine Ahnung, wer die arme Seele ist.“
Es blitzte. Aus dem Augenwinkel sah Gil, wie Russo von der Spurensicherung mit seiner Digitalkamera Fotos vom Tatort machte.
„Ist Ihnen in den letzten Tagen etwas aufgefallen? Gab es irgendetwas Besonderes?“
Der Mann legte seine Stirn in Falten. „Es war eigentlich wie immer. Die Mannschaften kommen zum Training. Na ja, durch die Weltmeisterschaft hat die Winterpause schon früher begonnen und die ganzen Jugendmannschaften trainieren nicht mehr. Aber ein paar ältere Herren kommen, um miteinander zu spielen.“
„Wann