Fužine müsste einfach einen eigenen Fußballklub haben. Das wäre cool. Wir sind schließlich zwanzigtausend. Mit den Illegalen sogar dreißigtausend. Wobei ich die Junkies gar nicht mitzähle. FC Fužine. Das wäre echt der Hammer. Entweder du bist für einen großen Klub, der um den Weltmeistertitel kämpft, oder für einen kleinen Klub aus dem eigenen Viertel, der alle Spiele verliert und wo alles zusammen die große Show ist und zu den Spielen hundert Klugscheißer kommen und nach jedem Spiel erst mal einen abwatschen und sich dann abfüllen. Ljubljana ist irgendwas zwischen Stadt und Dorf, und die Klubs hier sind irgendwas zwischen gut und überhaupt nicht. FC Fužine wäre die Lösung. Darauf könnte man abfahren. Fužine ist mega!
Es hat ja lange Zeit so ausgesehen, als würden wir einen eigenen Klub kriegen. Die Alten brachten regelmäßig, jeden Sonntag, Netze mit auf den Platz, und dann wurde gespielt. Neben dem Feld spielten die Pensionisten Schach, jemand hatte einen Kofferraum voll Bier, die Tribünen waren voll mit halbwüchsigen und erwachsenen Tschefuren, die nicht Fußball spielen können, weil sie Wasser im Knie haben oder andere Geschwülste. Vor allem aber war da nie eine Frau zu sehen und kein einziges slowenisches Wort zu hören. Nur der Postler Matej spielte mit, dafür wurde er auch von allen Slowenac gerufen, weil er als Einziger kein Tschefur war. Aus demselben Grund hieß unser Hausmeister Vlado bei ihnen TuĐman. Weil er aus Slavonski Brod war. Unwichtig, dass er kein Kroate war. Und Smajlagić wurde von allen Janša gerufen, weil er einmal mitdemonstriert hatte, dass sie Janša aus dem Gefängnis freilassen. Und gespielt wurde, dass es ein Traum war. Wir schauten und lachten über die Meldungen, die die Alten so rausschoben. Am komischsten waren natürlich die, die etwas Slowenisch gelernt und das Tschefurische schon leicht vergessen hatten und jetzt eine Mischung aus beidem redeten. Fužinerisch. Da fielen dann Sätze wie: „Gib mich ab! Ich hab mir den Knochen ausgerenkt! Es zwickt mich im Rückgrat!“ Und dann alle diese nazistischen und rassistischen Beleidigungen, die diese Hausmeister, Installateure, Chauffeure, Schaffner, Bauarbeiter und sonstigen Fužiner Tschefuren feixend von sich gaben und die alle, wie sie sie rausschoben, gesellschaftspolitische Konnotationen des einstigen gemeinsamen Lebensraums enthielten: „Schieß, Slowenac! Fick dich, Milka Planinc! Da fick doch einer den Ustascha, diesen Stümper! Ja, seid ihr Bosnier alle blind oder bescheuert? Ich steh allein vorm Tor, und du siehst mich nicht!“
Danach ging alles den Bach runter. Nicht mal Schach spielen diese Invaliden mehr. FC Fužine ist keine Option mehr. NK Olimpija ist beim Teufel und existiert nicht mehr. Das ist sowieso der totale Wahnsinn. Könnt ihr euch vorstellen, dass Barca den Bach runtergeht. Oder Bayern? Oder Liverpool? Die Leute würden auf die Barrikaden gehen, es gäbe Demonstrationen. Sie würden das Parlament anzünden. An den Eiern würden sie die Verantwortlichen aufhängen. Aber nicht hier. Da geht der größte Fußballklub des Landes zum Teufel, und nichts passiert. Würden sie die Philharmonie zumachen, würden all die Künstler irgendwas tun und über Tradition, über Kultur und ich weiß nicht was philosophieren. Aber wenn du einen Klub gegen die Wand fährst, gegen den Marco van Basten sein letztes Spiel gemacht hat, ist das egal. Das sind ja nur Sportler. Dumme, ungebildete, kulturlose Sportler. Und Fußball spielen sowieso nur die Tschefuren. Die haben ja auch alle kurze Krummbeine. Das ist eben diese beschissene Mentalität. Keinen Respekt. Wie soll der Mensch auf etwas abfahren, was von allen verachtet wird. Und dann faseln sie was von Assimilierung. Das geht langsam. Da kommen die Arbeiter aus der ehemaligen Jugovina und sollen jetzt auf Prešeren und Cankar abfahren. Was denn noch alles? Als wären sie zu Hause auf ihre Dichter abgefahren. Ich würde gern auf einen Fußballklub abfahren. Kann ich aber nicht. Eben. Und deshalb leidet der slowenische Teil meiner Identität. Und der tschefurische auch. Wie soll ich mich assimilieren und quasi Slowene werden, wenn ich keinen eigenen Fußballklub habe. Das geht nicht. Und das geht mir auf den Sack.
2. Warum wir uns nach dem Finale geprügelt haben
Mit einem Buzzer Beater beim Finale lässt sich kein Fick vergleichen. Gut, vielleicht wenn du Angelina Jolie fickst. Brad Pitt erinnert sich bestimmt nicht an jeden Fick mit Angelina. Aber Michael Jordan erinnert sich sicher an alle seine Buzzer Beater in den Finalspielen der NBA. Das ist Tatsache, garantiert. Ihr alle, die ihr gerade am Vögeln wart, und sei es J. Lo in ihren dicken Arsch, als ich in der letzten Sekunde des Finales der Staatsmeisterschaft gegen Olimpija den Korb gemacht habe, ihr könnt wissen, dass ich in dem Augenblick der King war. Der Stärkste! Das tausche ich nicht gegen einen Dreier mit Severina und Ceca. Gegen die beiden vielleicht noch, aber gegen keinen anderen Dreier auf der Welt. Bestimmt nicht. Kein Interesse, Alter. Ein Buzzer Beater ist besser als jeder Fick, und fertig!
Ich war aber so nervös wie noch nie in meinem Leben. Das packst du nicht, wie mein Nachbar Senad sagen würde. Schon so war ich das ganze Spiel über nervös, weil mir die Director’s Schwänze von Olimpija so auf den Sack gehen, dass mir schon schlecht wird, wenn ich sie nur sehe. Bei jedem Spiel haben sie neue Jordans, und es spielen alle die, von denen die Alten auf der Tribüne sitzen und dem Trainer Karten für den Skilift zustecken oder deren Unternehmen den Klub sponsern und die im Verwaltungsrat sind. Ich sag ja nicht, dass Slovan ein cooler Klub ist. Aber Olimpija ist echt fucking shit! Kurac palac portugalac! Statt einem Trainer haben sie ein fettes Schwein, aufgeblasen wie ein Ballon! Und dann spielst du gegen sie und bist vielleicht nervös und schwitzt an den Händen und zitterst, und dann pfeifen die Schiedsrichter noch für sie, dass du ihnen am liebsten die Fresse polieren würdest, diesen verdammten Arschlöchern! Und dann unser Trainer, ein Vollidiot mit einer Stimme, dass er in der vollen Halle überhaupt nicht zu hören ist, du siehst nur seine dämliche Fratze von Gesicht, so verzerrt, dass du nicht weißt, ob sie nicht gleich aus dem Leim geht. Aber du weißt genau, warum er schreit, und würdest ihn am liebsten dahin schicken, wo der Pfeffer wächst, weil er sowieso keinen blassen Schimmer hat und ein totaler Loser ist. Dann kommt noch Radovan zum Spiel und ätzt nonstop was von der Tribüne herunter, und das, obwohl er beim Basket nicht bis drei zählen kann, weil er Fußball gespielt hat. Aber er denkt, dass er alles weiß, und dann höre ich ihn während des ganzen Spiels schreien: „Marko! Maaarkoooo! Hol dir den Ball! Stell dich frei! Was versteckst du dich! Du siehst doch, dass sie ihn gedeckt haben!“ und lauter solchen Schwachsinn. Und dann hörst du die Fans von Olimpija, die alle komplett ausrasten: „Der kann nix! Der hat nix drauf. Der scheißt sich an!“, und überhaupt, wenn die Papis irgendwelche slowenischen Sprüche ablassen: „Primooož, lass dich nicht von dem crossover überspielen!“ Wo ich ihm am liebsten crossover ein paar über die Rübe geben würde. Und dann kriegst du den Ball und rennst zum Korb und wirfst ihn irgendwohin. Ins Nirgendwo!
Und der Ball landet im Korb. Du weißt selbst nicht, wie, und dir ist sowieso nichts klar, aber du hast gewonnen. Und das ist es, verdammt noch mal! Und du siehst das verdutzte Gesicht von Primož, der dich angeblich gedeckt hat und den du crossover überspielt hast, und brüllst ihm ins Ohr und zeigst ihm den Mittelfinger und würdest am liebsten die Hosen runterlassen, ihm deinen zeigen und klarmachen, dass er sich verpissen kann. Wir sind die Stärksten, die Stärksten! Die ganze Nervosität löst sich, das Adrenalin schießt ein und du wirst zum Tier, zur Bestie, wie Senad sagen würde. Du lässt einen solchen tierischen Schrei raus und schlägst auf alles ein, was dir gerade unter die Finger kommt, und wenn du Glück hast, ist es keine Betonwand, denn das könnte höllisch wehtun. Du rennst die Halle rauf und runter und brüllst, dass dir die Stimmbänder platzen. Wir sind die Stärksten, die Stärksten! Du umarmst die anderen, presst die total durchgeschwitzten