Martin: Wie sich die Sonne in den Meeren und Flüssen spiegelt! Im Fernsehen hat das nicht so geblendet.
Der Ausgeschlafene suchte Deutschland, fand es und drehte noch eine Runde.
Die Faszination lag nicht im Überblick, sondern darin, dass immer etwas Winziges auffiel. Man zoomte völlig automatisch heran, bemerkte der Voyeur.
Martin: Das ist doch ein Anlegesteg, nö, zu groß.
Auf der anderen Seite des Planeten, der Nachtseite, suchte er nach den Lichtern der Großstadt, nichts.
Martin: Die Fotos haben sie bestimmt mit Restlicht gemacht.
Er dämmte wieder das Licht und sah nur schwarz.
Martin: Das ist doch Strand. Ich flieg mal näher heran.
Ohne Licht war eine Nachtlandung undenkbar, tagsüber landen, das gab UFO-Alarm.
Martin: Ich muss nach Radar landen. Start schwierig, Landung noch schwieriger. Das kleine Feld treffe ich so nie. Am Ende lande ich noch in der Stadt, im Haus, im selbstgemachten Krater. Das mit dem Stromsparen nimmt man doch nicht so ernst.
Zweifelnd suchte Martin nach Licht und fand es auch über den USA, oder war es Kanada? Das Schiff stoppte. Mit sehr mulmigem Gefühl startete die Drohne. In der mittleren und unteren Atmosphäre fingen die Strahlensensoren beunruhigende Werte auf. Auf dem Boden waren es dann vier Sv/h im Durchschnitt, unbewohnbar und tödlich.
Ein Fanal kam aus einem amerikanischen Gaskraftwerk. Die Problemdefinition war einfach: Die Vorräte gingen zur Neige, die Menschheit war weg, ganz zu schweigen von der Maschine ohne Namen. Die Lösung: Ein richtig schöner Nervenzusammenbruch. Jedenfalls sah es so aus. In den er in der Wanne badend, kichernd, auf die Erde zu rasend, mit 900 Kilometern pro Stunde abstürzte. Zuckend lag er etwa sechs Stunden in der Wanne. Das Kichern fing an und hörte wieder auf. Zum Schluss kam er auf die Idee, er müsse den Antichrist suchen. So was wie eine rationale Entscheidung gab es nicht, nicht hier im heißen Krater. Als der Tag anbrach, suchte er dann mit dem weißen Auge der Sonde den Antichrist. Es hielt, nicht überraschend, viel aus.
Häuser, Bäume und auch ganze Hügel waren dem irren Raser im Weg. Nach einer Weile stoppte er die unkontrollierbare Drohne, hockte sich in die Ecke und schlief. Danach suchte er demotiviert die zum Großteil entkernten Städte ab. Dort fand er nicht einmal das, was mal Menschen waren.
Autos, sehr neue Autos, in einer Daimler-Filiale fand er drei Modelle, die er noch nicht kannte. Die Gasflamme des Kraftwerks, genauer der dazugehörigen Raffinerie, brannte. Es arbeitete ein bisschen Hoffnung in ihm. Aber die Vorräte, Luft, Wasser wurden bereits rationiert. Die Lösung für diese primären Probleme: Ein Atomschutzbunker aus dem Kalten Krieg.
Der Bunker von NORAD am Cheyenne Mountain war der einzige Martin bekannte, beim Suchen verwendete er gefundene Straßenkarten von 2027. Die Drohne hatte NORAD, die North American Aerospace Defense Command, gefunden, das Schiff wurde aus dem Krater manövriert und die Odyssee begann aufs Neue. Kopfüber flog das Schiff die Straßen ab, da Martin sie sehen musste. Da stand die Mutter der Staus. Der EMP hatte wohl die Elektrik lahmgelegt.
Auf den Wagen war Staub, der radioaktiver war als die eigentlichen Krater. Dort war eine Bewegung in etwas, das aussah wie ein Solarkraftwerk. Daneben lag ein riesiges Gebiet mit flachen Hügeln. Es war ein Friedhof mit vollautomatischem Bestattungsunternehmen. Eine Drohne überprüfte und reparierte das Kraftwerk. Drei Drohnen, Kettenfahrzeuge wie Braunkohlebagger, nur zwei Meter hoch und mit einem schwarzen Chassis gruben die Gräber. Sie trugen die richtige Farbe. Einzelgräber, keine Massengräber, hoben sie aus. Sie spritzten wahrscheinlich Weihwasser auf die Flächen. Später bemerkte Martin noch einen sechsbeinigen, einen Meter zwanzig hohen, zwei Meter dreißig langen Sargträger, wie Martin ihn nannte.
Eine skelettierte Leiche hielt sich an einem fünffingrigen Greifer. Der Sargträger hatte zusätzlich zwei Arme mit dreifarbigen Händen. Die Größe konnte einen Piloten aufnehmen, aber aus dem liegenden Monolithen ragten auf der Oberseite schwarze Kabel, die zum eigentlichen Körper führten. Martin schloss daraus, dass auch dieser Sargträger vollautomatisch war wie die anderen.
Martin: Die Priester haben wohl Lose gezogen, wer nun das Wasser weihen durfte?
Martin schaffte es nicht, sich auf das Geschlecht der Leiche festzulegen.
Martin: Wie viel Bauschutt hat der wohl schon beerdigt?
Er hatte sich einen gewissen Abstand angeeignet. So etwas bräuchte er, um die Vorräte zu transportieren, in einem sicheren Container.
Martin: Wenn der Bunker noch strahlungsfrei ist, schneidere ich mir einfach einen Strahlenanzug aus dem Blech, und bei Schwierigkeiten steuere ich unsere Drohne, die hält. Sie braucht noch Werkzeug. Mit der Drohne aufklären und mit dem Anzug folgen. Am Cheyenne Mountain steht beim NORAD bestimmt eine Reinigungsanlage für Luft und Wasser, und ganz sicher hatten die nur Corned Beef.
Er war kein Freund davon, eher von Frühstücksfleisch, das er scheibenweise ohne Brot genoss.
Martin: Gut, Volltreffer.
Der Bunker am Cheyenne Mountain war der Bunker des Präsidenten, das letzte Hauptquartier der USA, war gut am Volltreffer zu erkennen, auch wenn Martin sonst nichts erkannte. Beim Näherkommen bemerkte er einen blauen Frachtcontainer. Er stand aufgebockt auf sehr massiven Stahlstützen im Krater. Er war also nach dem Treffer aufgestellt worden. Da war noch ein Haufen Aushub und der dazugehörige Schacht. Der Schacht lief im 30-Grad-Winkel nach unten und war durch ein Aluminiumprofil abgestützt. Ein circa sechshundert Meter langer Rettungsversuch. Die Strahlung sank, als die Drohne den Gang im braunen Massiv erkundete. Die Stahlplatten, die das durch den Stahlbeton des Bunkers führende Loch wieder verschlossen, erforderten Werkzeuge für die Drohne.
Martin: Stopp.
Martin griff in den Gedanken ein. Ein Schwerkraftprojektor oder das simple Verkleinern der Stahlplatten durch die namenlose Maschine waren auch Optionen.
Martin: Ich werde dahinter bestimmt auch noch Werkzeuge brauchen.
Bohrer, Säge, Winde, zu schwierig, so viel Zeit habe ich einfach nicht. Ein langweiliger Greifer, Zange, wieso nicht einfach rammen, dann Tunnel zu.
Martin steuerte die Drohne zurück an Bord und entwarf sie größer.
Ein Bohrer war an der Seite starr angebracht. Geplant war, dass die Drohne sich drehte. Er hatte keine Zeit für komplizierte Anbauten, also erhielt die Drohne einen schlichten Werkzeugarm mit einer großen Zange, die als Greifer eingesetzt werden konnte und eine Sägefläche am unbeweglichen Teil der Zange. Dieser, bedenkt man es, schärfste Bohrer der Welt sollte Unterstützung erhalten, einen Franzosen. Das war eine Auslegerklinge zum Schneiden eines Loches, die sich mit dem Bohrer drehte.
Lautlos erfolgte der Startbefehl der Abrissbirne in Drohnenform. Bei den Stahlplatten angekommen, lieferte die Drohne während des Bohrens nicht mehr als das aus gelb-rötlichen Kreisen bestehende Bild eines Spirographen, da die Kamera sich mitdrehte. Der Stahl war drei Zentimeter stark und nur 40 Sekunden im Weg, das auch nur, weil der Werkzeugarm zum ersten Mal benutzt wurde. Wenn ein Bauarbeiter diesen schlechten Schnitt gesehen hätte, hätte Martin die Steuerung wohl abgeben müssen. Er schnitt aus mangelnder Steuererfahrung ständig daneben. Der Drohne machte das nichts aus. Luft, Stahl, wo war denn da der Unterschied? Der Stahl verlor und der Roboter triumphierte.
Der Tunnel war nicht zufällig an dieser Stelle. Es folgte ein Raum mit einer Schleuse. Durch den Stahlbeton drohte plötzlich kurz vor der Schleuse Signalverlust. Der Kurs der Drohne brachte sie zurück ins Schiff, durch die Nebelschwaden, in denen die Stahlplatten noch ihre Positionen verrieten. Einige Fragmente glühten noch.
Martin: Der Anzug wäre jetzt praktisch.
Der