Ja, wir wissen, dass der Glaube verloren gehen kann. Die Bibel macht deutlich, dass gläubige Menschen von der Wahrheit weggezogen werden und dass wir unseres Glaubens beraubt werden können, aber in der wunderbar gewöhnlichen, alltäglichen Welt von Christen wie Ihnen und mir, so glaube ich, dürfen wir gelassen und zuversichtlich sein, dass der Zweifel die Illusion ist (und was für eine lästige Illusion), der Glaube hingegen die Wirklichkeit.
Und wenn ich darüber nachdenke, bestätigt sich das ganz und gar in meiner täglichen Erfahrung als Christ. Wissen Sie, mitten in jenen dunklen und schweren Zweifelserfahrungen habe ich mich oft dabei ertappt, dass ich mit Jesus über diese Gefühle sprach, fast so, als hätten Glaube und Zweifel nur wenig miteinander zu tun. Nun, ich glaube tatsächlich nicht, dass sie viel miteinander zu tun haben. Ein solches Gespräch mag sich etwas neurotisch anhören, aber ich vermute, dass es in Wirklichkeit äußerst vernünftig ist. Die Jahre vergehen und ich leide immer noch an Zweifeln, aber was ihre Realität angeht, bin ich ein Agnostiker, ja fast ein Atheist.
Wahre Individualität
Mein dritter Punkt betrifft individuelle Unterschiede, und dies ist natürlich ein Bereich, der viel mehr umfasst als nur den Zweifel. Wir alle stecken in gewissem Maße in dem Dickicht aus all den Dingen fest, zu denen wir geworden sind, und auch wenn Gott uns erlöst, bleibt die völlige Beseitigung dieses Dickichts eine Aufgabe, mit der der Heilige Geist (mit unserer Mitarbeit) unser ganzes Leben lang beschäftigt sein wird. Bitte machen wir uns da nichts vor. Ich weiß, es gibt Leute, die den Gedanken nicht ertragen, dass das Leben als Christ ausgefranst und unbeholfen und manchmal zäh sein kann. Sie wollen Verklärung in Herrlichkeit oder gar nichts. Das ist der Grund, weshalb die Mehrzahl ihrer Mitglieder einer Täuschung erliegt, wenn man solche Leute eine Gemeinde leiten lässt, es ist auch der Grund dafür, dass die Gemeinde großes Geschick im Vorspiegeln falscher Tatsachen entwickelt oder verwirrt und nervös über ihre mangelnden Fortschritte im Vergleich mit dem „triumphalen“ Leben der anderen wird. Die Wahrheit, die in „Unser Gott ist vielerlei“ dramatisch zum Vorschein kommt, ist, dass wir Christen nicht nur sehr unterschiedliche Leute sind, sondern dass wir auch in unserem Verständnis, was Leben mit Jesus eigentlich bedeutet, auf völlig unterschiedlicher Stufe stehen.
Zum Beispiel hatten Bridget und ich einen Freund – inzwischen ist er bei Jesus -, der nach seiner katastrophalen Kindheit ein solches psychisches Wrack war, dass unsere Beziehung, was uns betraf, hauptsächlich dem Zweck diente, ihm gerade so das emotionale, manchmal auch das physische Überleben zu ermöglichen. Vielleicht gab es noch etwas anderes, was wir hätten tun können. Ich bezweifle es. Ich glaube, unsere Aufgabe war es, für diesen zerbrochenen Menschen Jesus zu sein, bis seine leidvolle Zeit auf der Erde zu Ende war und er durch einen einzigen Atemzug in der heilsamen Luft des Himmels und eine einzige Berührung durch die Hand des Vaters vollkommen geheilt werden konnte. Wir beten und wir arbeiten, und die Wunder überlassen wir Gott.
Was können wir auch sonst tun, so, wie wir nun einmal sind? Das ist die vernünftige Frage, die wir stellen müssen. Weil Gott Gott ist, wissen wir, dass es manchmal eine übernatürliche Antwort auf diese Frage gibt, aber in der Mehrzahl der Fälle und bis es so weit ist, müssen wir mit dem arbeiten, was wir haben und was wir sind. Das gilt für den Zweifel ebenso wie für alles andere. Das folgende Beispiel veranschaulicht dieses Prinzip.
Ich habe einen Freund, der seit fünfzig Jahren oder noch länger Christ ist, genauer gesagt seit seiner Jugendzeit. Beinahe vom Moment seiner Bekehrung an hatte er ein Herz fürs Predigen. Was meine ich damit? Ich meine, er ist innerlich getrieben, die frohe Botschaft von Jesus jedem zu predigen, der ihm zuhört, was er auch viele Jahre lang als Evangelist getan hat und in letzter Zeit als Ältester einer Gemeinde in unserem Ort tut. Es muss überall in Großbritannien Leute geben, die ihren Glaubensweg zu einem Nachmittag oder Abend zurückverfolgen können, an dem die Worte meines Freundes und die Kraft des Heiligen Geistes sie zu Jesus hinzogen. Dazu kommt, dass dieser Mann im persönlichen Kontakt eine Barmherzigkeit und eine Aufnahmefähigkeit ausstrahlt, die unzählige halsstarrige Geister aufgeweicht und vielen, vielen furchtsamen Herzen Erleichterung verschafft haben. Mein Freund ist alles andere als vollkommen, aber er hat sein Leben lang Gott gedient und jene ursprüngliche Motivation aus seiner Jugend hat nur selten nachgelassen.
Und dennoch.
Eben dieser Mann sagte neulich zu mir: „Ich versuche gerade, eine Predigt für Ostersonntag vorzubereiten. Gestern habe ich mich an den Schreibtisch gesetzt und zu Gott gesagt:, Wenn du existierst, hilf mir bitte, etwas Brauchbares zusammenzukriegen.`”
Das war kein Witz. Er meinte es genau so, wie er es sagte. Das ist einfach die Art meines Freundes. Wenn ich mehr Zeit hätte, könnte ich Ihnen erklären, wie verschiedene negative Aspekte seiner Kindheit es ihm sehr schwer gemacht haben, sich zuversichtlich an seiner Gotteskindschaft zu erfreuen. Andere Leute, die ich kenne, haben in solchen Bereichen Heilung erfahren. Dieser Mann nicht. Im Tun seiner Arbeit für Gott erwächst die Gabe des Glaubens in ihm und nistet sich in jenen Worten ein, die imstande sind, Menschenleben zu verändern.
Zwischen den Zeiten, in denen er sich im Normalzustand des Glaubens befindet und andere mit dem Evangelium erreicht, ist er fähig, in einem Sumpf der Verzweiflung zu versinken, in dem es keinen Gott gibt, und selbst wenn es einen gäbe, würde diese strenge Gottheit für eine so unwürdige und unentschlossene Pflaume von einem Diener niemals die Himmelspforten auftun.
Vielleicht finden Sie, dass mein Freund das alles inzwischen eigentlich überwunden haben müsste. Vielleicht ist da etwas dran. Ich bitte Gott schon seit vielen Jahren, ihm dabei zu helfen, und wenn Sie meinen, dass Ihre Gebete helfen können, bitte beten Sie, aber wann immer ich diesen Mann erwähne, bemerke ich aus dem Augenwinkel einen rätselhaften Ausdruck auf dem Gesicht Jesu.
Der Herr kennt meinen Freund und er kennt mich. Meinem Freund fehlt es an Gewissheit. Ich kann in anderer Hinsicht furchtbar unbeständig sein. Beide zusammen ergeben wir einen Christen, der an die Vaterschaft Gottes glaubt und zuverlässig und konsequent in seinem Umgang mit anderen Menschen ist. Wir sind der Leib Christi. Kann man ein Teil von etwas Besserem sein, wenn man weiß, dass man in vielen Bereichen unzulänglich ist und allein nicht zurechtkommt? Ich bezweifle es.
Heilung
Gehen wir weiter zu dem zweiten Bereich, in den wir etwas Licht zu bringen und über den wir einige Wahrheiten zu sagen versuchen wollen. Soweit ich sehe, werden nicht viele Leute von Gott geheilt. Ich höre zwar viel über Heilung, wenn ich durchs Land und durch die Welt reise, und habe schon eine Menge über so genannte ganzheitliche Heilung gelesen – worunter offenbar zu verstehen ist, dass zwar niemand geheilt, aber viel mit ernster Miene vor sich hin genickt wird. Vor ein paar Jahren besuchte ich einmal ein christliches Heilungszentrum und erkundigte mich, ob dort schon einmal jemand tatsächlich geheilt worden sei. Die Person, mit der ich sprach, lächelte geheimnisvoll und erwiderte: „Nun, das kommt darauf an, was Sie unter Heilung verstehen.”
„Ach so”, sagte ich ein wenig verdattert. „Ich schätze, darunter verstehe ich, dass jemand krank oder verletzt ist und im nächsten Moment nicht mehr, oder jedenfalls wenig später. So wie bei Jesus, als er hier war. Aussätzige und Blinde. So etwas eben.”
„Nun, Sie müssen wissen”, erklärte mir der Mann, „dass unser Anliegen hier darin besteht, auf die Heilung des ganzen Menschen an Leib, Seele und Geist abzuzielen.”
„Verstehe. Würde das dann auch den Ellbogen des Menschen einschließen, wenn der nicht richtig funktioniert?”
Er überlegte einen Moment und schüttelte dann den Kopf.
„Ich glaube, regelrechte körperliche Heilungen von dieser Art haben wir hier noch nicht gehabt, aber es gab einmal eine Frau, deren Genesungszeit erheblich verkürzt wurde …”
Untersuchungen über dramatische Heilungsdienste sind allzu oft zu ausgesprochen niederschmetternden Ergebnissen gelangt. Mich packen Zorn und Traurigkeit, wenn ich an verletzliche Menschen denke, die in Scharen in riesige Stadien strömen, in der verzweifelten Hoffnung, irgend so ein unverschämt