Im Nebel auf dem Wasser gehen. Adrian Plass. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Adrian Plass
Издательство: Автор
Серия:
Жанр произведения: Религия: прочее
Год издания: 0
isbn: 9783865067296
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Heilungskraft in ihr Leben ausgießen. Ich wünsche jedem, der einen echten Heilungsdienst hat, reichen Segen, aber ich bete, dass Gott all die überführen möge, die in ihrem innersten Herzen wissen, dass sie Betrüger sind, die sich eben jene Menschenmassen zunutze machen, die in Jesus solch zupackende Barmherzigkeit entfachten. Eine schlimmere, teuflischere Grausamkeit, als Leidenden die Gewissheit der Heilung anzubieten, wenn dieses Versprechen nichts als eine Lüge und eine Illusion ist, lässt sich kaum vorstellen.

      Die Wahrheit über Heilung ist so leicht zu verschleiern. Ich habe oft zu dieser Vernebelung beigetragen und hätte mir jedes Mal hinterher am liebsten in den Hintern getreten. Eine Frau erzählt mir, die Kusine eines Freundes ihres Bruders sei von einer unheilbaren Krankheit geheilt worden, und ich lächle und nicke unverbindlich, weil es mir unfreundlich und mühsam erscheint, das Gesagte in Frage zu stellen oder zu widersprechen, obwohl ich mir völlig sicher bin, dass hier keine übernatürliche Heilung im Spiel war.

      Und was ist so furchtbar falsch an dieser unverbindlichen Zustimmung, fragen Sie? Gott bekommt doch die Ehre und wir fühlen uns alle ein bisschen besser. Warum nicht? Nun, es ist doch blendend offensichtlich, dass Gott keine Ehre für ein Wunder einheimsen will, das er gar nicht getan hat. Danken Sie ihm von ganzem Herzen für Ihre Genesung oder alles Gute, was Ihnen passiert, sicher, denn alles Gute kommt sowieso von ihm, aber lassen Sie uns keine Spielchen mit der übernatürlichen Macht Gottes treiben, und seien sie noch so gut gemeint. Erbärmliche Reaktionen wie die eben geschilderte haben den Effekt, den echten Heilungsdienst des Heiligen Geistes zu verwässern und davon abzulenken, und das wollen wir doch nicht, oder?

       Wenn mein Bein wehtut

      In vielen Teilen der Gemeinde Jesu geht man irgendwie davon aus, nur mangelhafte Technik und Methode seien daran schuld, dass wir nicht die Art von Heilungen erleben, von denen in den Evangelien die Rede ist. Vielleicht muss man nur ein bisschen an den Reglern drehen. Auf der persönlichen Ebene ist es leicht, in diese Falle zu tappen. Als ich anfing, diesen Abschnitt zu schreiben, wurde mir klar, dass ich es selbst in letzter Zeit nicht anders gemacht habe, weil mir mein Bein ziemlich wehtat. Auf die absurde Spitze getrieben, läuft das Spielchen so:

      Phase eins: Mein Bein tut weh; also frage ich Gott, ob er so nett ist, es zu heilen. Er tut es nicht. (Es sei denn nach der Definition unserer ganzheitlichen Freunde, deren Anliegen es wäre, darauf hinzuweisen, dass meine Seele und mein Geist doch in Ordnung seien, und wäre ich nicht auch der Meinung, dass zwei von drei gar nicht übel sei? Worauf ich mit einiger Schärfe erwidern würde, ich hätte mir ja auch bei meinem Sturz im Bad nicht die Seele oder den Geist verletzt.)

      Phase zwei: Mein Bein tut immer noch weh, aber ich habe mich an ein Buch aus den Sechzigern erinnert, geschrieben von jemandem, dessen Namen ich nicht mehr weiß, in dem es heißt, wenn wir Gott laut für seine Antwort auf unsere Gebete preisen, obwohl er noch gar nicht darauf geantwortet hat, dann werde er es tun. Ich lege einen weiten Weg zu einer abgeschiedenen Stelle zurück und preise Gott laut und lange dafür, dass er mein Bein geheilt hat. Für den Rückweg von der abgeschiedenen Stelle muss ich mir ein Taxi nehmen, weil nach dem langen Fußmarsch zu der abgeschiedenen Stelle mein Bein so wehtut.

      Phase drei: Mein Bein tut immer noch weh. Mir fällt ein, dass ein Prediger einmal sagte, man müsse die Verheißungen in der Bibel „in Anspruch nehmen”. Gute Idee. Ich beschließe, die Verheißung aus der Stelle, wo es heißt, dass ein Vater einem keinen Stein gibt, wenn man um einen Fisch bittet, in Anspruch zu nehmen. Ich bitte Gott, mein Bein zu heilen, und erinnere ihn kurz an seine Verheißung, für den Fall, dass er sie vergessen hat. Er gibt mir keinen Stein, unternimmt aber auch nichts wegen meinem Bein. Einen Fisch gibt er mir auch nicht. Nicht einmal eine Ölsardine.

      Phase vier: Mein Bein tut immer noch weh, aber jetzt ist mir klar, wie blöd ich war. In den Evangelien hat Jesus doch fast immer den Leuten erst ihre Sünden vergeben, bevor er sie körperlich geheilt hat. Natürlich! Auf dem Weg in die Stadt zum Einkaufen bekenne ich alle Sünden, die mir einfallen. Am Ende schleppe ich mich mühsam durch den Supermarkt, überwältigt vom Gewicht meiner offenbarten Sünden und meiner Einkäufe, was mir auch nicht erleichtert wird durch den Umstand, dass mir dauernd das Bein einknickt.

      Phase fünf: Mein Bein tut immer noch weh. Auf dem Rückweg vom Einkaufen wird mir klar, was für ein geistlicher Hasenfuß ich in dieser Angelegenheit bisher gewesen bin. Menschenskind! Was ist nur los mit mir? Ich bin ein Kind des Höchsten, ein Bürger des Reiches Gottes. Also beschließe ich, dem Schmerz in meinem Leib mit aller mir zur Verfügung stehenden Vollmacht zu gebieten. Hätte auch funktionieren können, nur dass just, als ich gerade meinem Bein ein paar Kommandos zubrülle, jemand um die Ecke kommt. Alles Gestotter macht die Sache nur noch peinlicher. Humple heim.

      Phase sechs: Mein Bein tut immer noch weh, aber jetzt fällt mir auf, dass Jesus den Leuten immer sagte, ihr Glaube hätte ihnen geholfen. In seiner Heimatstadt konnte er nur sehr wenige Wunder tun, weil die Bewohner keinen Glauben hatten. Ich bekenne meinen Unglauben und bete um mehr Glauben. Dann fällt mir ein, dass ich mein Bein hätte erwähnen sollen.

      Ich habe beschlossen, die ganze Sache mit der Heilung auf sich beruhen zu lassen. Von jetzt an, teile ich Gott mit, werde ich einfach darauf vertrauen, dass du mir gibst, was ich brauche, ohne mich zu beklagen, dass du mir nicht gegeben hast, was ich will. Insgeheim hoffe ich, er würde sich über meine Ergebenheit in seinen Willen so freuen, dass er zur Belohnung mein Bein heilen würde. Tut er aber nicht.

      Phase sieben: Mein Bein tut immer noch weh. Ich bitte Gott, alle bisherigen Eingaben meinerseits bezüglich meines Beines zu ignorieren. Lass es so sein, als hätte ich nie von meinem Bein und dem Umstand, dass es wehtut, gesprochen. Ein unbeschriebenes Blatt. Ein reiner Tisch. Zurück auf Los. Ein neuer Anfang. Ein geheiltes Bein? Offenbar nicht.

      Phase acht: Jetzt tut mein Bein erst richtig weh. Na schön, allmählich stinkt es mir. Was muss man denn tun, um hier mal eine kleine Heilung zu erleben? Egal, was ich sage oder nicht sage, es scheint alles nicht zu wirken. Ich muss wohl davon ausgehen, dass Gott entweder doch nicht existiert oder dass er nicht will, dass mein Bein geheilt wird. Wenn es sich nicht bald bessert, muss ich wohl doch nachgeben und zum Arzt gehen …

      Hört sich das lächerlich übertrieben und kindisch an? Ist es auch, aber ich fürchte, zumindest bei mir ist es nicht unendlich weit von der Wahrheit entfernt. Wie ist es bei Ihnen?

       Wahrheit, Gehorsam und Gott

      Nachdem ich all diese ziemlich negativen Dinge gesagt habe, wie stehe ich denn nun zum Thema Heilung? Zweifellos gibt es manche, die, nachdem sie das bisher Gesagte gelesen haben, am liebsten durch meinen Computerbildschirm zu mir durchbrechen würden, um mir von ihrer eigenen konkreten und dokumentierten Heilung zu erzählen. Andere werden mir von ihrem Dienst berichten wollen, in dem Hunderte von Menschen geheilt werden und sich die Kraft Gottes stündlich, täglich, wöchentlich oder monatlich manifestiert. Bitte machen Sie sich keine Mühe. Trotz allem, was ich gesagt habe, muss man mich nicht davon überzeugen, dass das der Fall ist. Ich bin dankbar und freue mich über jeden wahren Bericht über Heilungswunder, den ich höre. Obwohl mein Bein immer noch wehtut (hörst du zu, Herr?), glaube ich von ganzem Herzen, dass Gott heilen kann, dass er heilen will, dass er heilt und in den kommenden Jahren noch viel mehr durch seine Gemeinde heilen wird.

      Mein Mangel an Vertrauen richtet sich nicht auf Gott, sondern auf Männer und Frauen, und diese Sicht der Dinge teilte auch Jesus selbst, wie wir aus dem zweiten Kapitel des Johannesevangeliums lernen können.

       Als er aber am Passafest in Jerusalem war, glaubten viele an seinen Namen, da sie die Zeichen sahen, die er tat. Aber Jesus vertraute sich ihnen nicht an; denn er kannte sie alle und bedurfte nicht, dass ihm jemand Zeugnis gabvom Menschen; denn er wusste, was im Menschen war.

      Ich bin einer dieser Menschen, von denen dieser Abschnitt spricht, und deshalb weiß ich, wie leicht es ist, mir selbst etwas vorzumachen. Alles, worum ich bitten möchte, ist, dass wir versuchen, die Wahrheit zu sagen.

      Hier sind ein paar Punkte, die zu bedenken sich vielleicht lohnen würde.

      Erstens: Im zwölften Kapitel