Als ich noch viel jünger im Glauben war als jetzt, las ich Abschnitte wie den folgenden aus dem ersten Kapitel des Jakobusbriefes und sie versetzten mich in Furcht und Zittern:
Wenn es aber jemandem unter euch an Weisheit mangelt, so bitte er Gott, der jedermann gern gibt und niemanden schilt; so wird sie ihm gegeben werden. Er bitte aber im Glauben und zweifle nicht; denn wer zweifelt, der gleicht einer Meereswoge, die vom Winde getrieben und bewegt wird. Ein solcher Mensch denke nicht, dass er etwas von dem Herrn empfangen werde. Ein Zweifler ist unbeständig auf allen seinen Wegen.
Das hat mich ziemlich deprimiert. Es war eine unbestreitbare Tatsache, dass ich häufig an Gottes Fähigkeit oder Bereitschaft zweifelte, auf meine Gebete zu antworten. Da hatte ich es also. Das traf genau auf mich zu. Hoffnungslos. Ich war wie eine Meereswoge, jemand, der nicht denken durfte, er werde etwas vom Herrn empfangen, ein Zweifler, unbeständig auf allen meinen Wegen. Welche Hoffnung gab es da noch für mich?
Um die Sache noch schlimmer zu machen, las ich auch, wie Petrus aus dem Boot auf das Wasser stieg und dann beim zweiten Schritt versank, weil sein Glaube plötzlich abtauchte. Plötzlich abtauchte? Ich wusste genau, dass ich nie in der Lage sein würde, auch nur jenen ersten Schritt zu tun, ohne die gelbe selbstaufblasende Rettungsweste unter meinem Sitz im Boot anzuhaben, mit einem Licht, das anging, sobald es nass wurde, und einer Pfeife, mit der ich auf mich aufmerksam machen könnte.
Ich dachte an die Jünger, die bei einer anderen Bootsfahrt mit Jesus die Nerven verloren, als ein Sturm aufkam und er fest schlief. Wenn ich dabei gewesen wäre, hätte ich mich dann wohl gelassen im Heck des Bootes zurückgelehnt und etwas Glaubensstarkes und Optimistisches gesagt wie dies:
„Also, um ehrlich zu sein, ich weiß gar nicht, wieso ihr euch so aufregt. Ich habe mir überhaupt keine Gedanken gemacht, und offen gesagt, ich bin überrascht und schockiert, dass ihr Burschen so einen albernen Aufruhr veranstaltet, wo ihr doch wisst, dass der Herr hier ist und alles bestens im Griff hat. Habt ihr denn aus der Sache mit den Broten und den Fischen gar nichts gelernt? Ich schon. Der arme Kerl ist völlig übermüdet. Ihr hättet ihn wirklich schlafen lassen sollen.”
Wohl kaum, fürchte ich. Im Gegenteil, ich wusste, ich wäre einer der Ersten gewesen, die panisch an seinem Ärmel gezerrt und im Boot herumgeschrien und ihn angefleht hätten, doch endlich aufzuwachen und etwas zu tun.
Es mag Sie überraschen oder auch nicht, dass es Momente am Ende von Veranstaltungen gegeben hat – Veranstaltungen, bei denen ich leidenschaftlich über den allgegenwärtigen, lebendigen Gott gesprochen hatte -, in denen mein Glaube mich komplett verließ und ich mich fühlte wie eine leere Hülle, eine Schale, und nichts hörte außer den schwachen Echos meiner eigenen faselnden Stimme in der dumpfen inneren Stille, die sich so plötzlich und unerwartet auf mich gesenkt hatte. Solche Momente sind kalt und finster und verwirrend. Ich hoffe, Sie haben solche Momente noch nie erlebt. Ich hoffe, Sie werden sie nie erleben. Sie sind der Abgrund und sie kommen aus dem Abgrund.
Da wären wir also. Das ist es, was ich über den Zweifel erfahren habe, oder zumindest so viel, wie ich für nötig halte, Ihnen zu erzählen. Auf den ersten Blick, denke ich, scheint es da gute Argumente dafür zu geben, mich mit Trommelschlag aus der christlichen Gemeinde zu verbannen. Ich soll doch ein Gläubiger sein, meine Güte, nicht jemand, der sich von einem zerbrechlichen Fleckchen Glauben zum nächsten schleppt und sich mit den Fingerspitzen an die Realität Jesu klammert. Doch die Wahrheit ist, dass die meisten von uns, wenn nicht sogar wir alle, schon durch das dunkle Tal des Zweifels gewandert sind. Was wir brauchen, ist ein bisschen Ehrlichkeit und Ermutigung. Was können wir also Nützliches über diesen ganzen Bereich sagen?
Wahre Hingabe
Als Erstes sollte ich sagen, dass es mir nie gelungen ist, meinen eigenen Ratschlag zu befolgen, was die Notwendigkeit angeht, den albernen Traum aufzugeben, von dem ich gerade gesprochen habe – den von Gott und der Nachfolge Jesu und dem ganzen Unsinn -, damit ich den Rest meines Lebens mit Dingen verbringen kann, die mir Spaß machen. Ich weiß, dass das meine tiefsten Bedürfnisse nicht befriedigen würde. An anderer Stelle habe ich gesagt, dass die Vorstellung einer Auslöschung, der Gedanke, am Ende der komplexen, mit Emotionen angefüllten Lebensreise auf eine stumme, finstere Wand zu treffen, in mir ein überwältigendes Gefühl der Klaustrophobie auslöst. Ich würde lieber glauben und mich dabei irren, als in einer Welt ohne Gott zu leben. Das ist einer der fundamentalen Gründe, warum Phasen des Zweifels bei mir immer damit enden, dass ich mich wieder in die Arme Gottes werfe wie ein kleiner Junge, der sich selbst mit einem Spiel erschreckt hat, das für ihn plötzlich so real wurde, dass er es mit der Angst zu tun bekam.
Das hört sich für Sie möglicherweise nicht besonders rational an, aber ich kann Ihnen sagen, dass es ein gutes Gefühl ist und dass es mich wieder auf die Spur setzt. Außerdem dürfte es wenig geben, was theologisch korrekter wäre als der Gedanke, sich Gott hinzugeben.
Wahre Barmherzigkeit
Zweitens gibt es eine Aufforderung im Brief des Judas (wahrscheinlich ein Bruder Jesu), von der wir annehmen können, dass sie wiedergibt, wie Gott zu diesen Dingen steht:
Und erbarmt euch derer, die zweifeln …
Und Jesus selbst gebietet im sechsten Kapitel des Lukasevangeliums:
Seid barmherzig, wie auch euer Vater barmherzig ist.
Ja, was für eine gute Idee. Seid barmherzig gegenüber anderen, wenn ihr auf Wolke neun schwebt und euch fühlt wie Billy Graham hoch drei und sie sich elend durch die graue Wüste der Erde schleppen und sich fragen, warum sie überhaupt je an Gott geglaubt haben. Nächste Woche, nächsten Monat oder nächstes Jahr seid ihr an der Reihe damit, dass ihr Ermutigung braucht. Seid barmherzig gegenüber Gott, der ständig verletzt wird durch die Härte, mit der seine Kinder manchmal sich selbst und andere verurteilen. Los, seid barmherzig.
Seid barmherzig gegenüber euch selbst, wenn der Zweifel sich bei euch einschleicht und ihr das nicht wollt, er es aber trotzdem tut. Wissen Sie, in einem gewissen Sinne ist es besser, diese negativen Gefühle anzunehmen, als gegen sie zu kämpfen. In den letzten Jahren habe mich mir eine Art und Weise des Umgangs mit diesem Problem angewöhnt, die für mich sehr wirkungsvoll ist. Versuchen Sie es einmal, vielleicht hilft es Ihnen auch. Es funktioniert so:
Wenn der Zweifel an Ihre Tür klopft, lassen Sie ihn herein. Bieten Sie ihm einen Platz in der Ecke an, aber unterhalten Sie sich nicht mit ihm und vor allem füttern Sie ihn nicht. Lassen Sie ihn bleiben, solange er möchte. Irgendwann wird er, gelangweilt und hungrig, von selbst verschwinden, wahrscheinlich dann, wenn Sie ihm den Rücken zuwenden und gerade mit etwas anderem beschäftigt sind. Im besten Fall werden Sie vergessen, dass er je da war; im schlimmsten Fall werden Sie erleichtert aufatmen, wenn Sie merken, dass Sie den Platz wieder zur Verfügung haben, den er eingenommen hat.
Natürlich weiß ich, dass das nur Worte sind, aber sie basieren auf etwas, was viel substanzieller und wichtiger ist. Der Zweifel wohnt nämlich nicht wirklich in Ihrem Haus, auch wenn er Sie beharrlich von Zeit zu Zeit besucht. Wenn wir einmal Nachfolger Jesu geworden sind, gibt uns Gott den Glauben ins Zentrum unseres Wesens hinein. Erinnern Sie sich an die folgenden Verse aus dem zweiten Kapitel des Epheserbriefes?
Denn aus Gnade seid ihr selig geworden durch Glauben, und das nicht aus euch: Gottes Gabe ist es, nicht aus Werken, damit sich nicht jemand rühme. Denn wir sind sein Werk, geschaffen in Christus Jesus zu guten Werken, die Gott zuvor bereitet hat, dass wir darin wandeln sollen.
Das ist deutlich, oder? Der Glaube ist eine Gabe Gottes, keine Laune, die wir uns selbst ausgedacht haben; und deshalb können wir davon ausgehen, dass der Glaube für uns der Normalzustand ist, so wie für Gott Barmherzigkeit der Normalzustand ist. Mit anderen Worten: Der Zweifel mag der schwarze Drachen sein, den wir manchmal in der Nacht steigen lassen, aber der Glaube ist der feste Boden unter unseren Füßen, selbst wenn unser Blick auf etwas anderes gerichtet ist und wir die Natur des festen Bodens, der uns trägt, vergessen haben. Wenn Gott mir die Gabe des