Equinox. Dana Schwarz-Haderek. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Dana Schwarz-Haderek
Издательство: Автор
Серия:
Жанр произведения: Контркультура
Год издания: 0
isbn: 9783941935266
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atmete scharf ein und betrachtete ihn ehrlich verwundert. Robert verstand es, mich zu überraschen. Er drückte verschwörerisch meine Hand. Wir lachten gemeinsam und das fühlte sich wirklich gut an.

      Schneller als erwartet kamen wir an der Moritzbastei an und stürzten uns ins vor Erwartung schnatternde Getümmel. Das Konzert hatte noch nicht begonnen. Theresa und Jason konnte ich nirgends entdecken. Ich machte mir jedoch auch nicht die Mühe, sie intensiv zu suchen.

      »Was willst du trinken?«, frage Robert und schickte sich an, Getränke für uns zu holen.

      »Eine Cola. Danke.«

      Wir nahmen unsere Gläser und fanden einen kleinen, etwas ruhigeren Platz auf einer winzigen Empore, die über eine schmale Treppe zu erreichen war und den Blick nur teilweise auf die Bühne freigab. Die meisten Leute drängten sich direkt vor der Bühne. Ich war froh, dort nicht stehen zu müssen, denn so hätten wir uns nicht unterhalten können und wären wohl auch nur herumgeschubst worden. Dieses kleine Separee war genau richtig und andere Personen wollten sich uns durch die eingeschränkte Sicht auch nicht anschließen.

      So warteten wir, leicht aneinander gelehnt, auf den Beginn des Konzertes. Seine Nähe war unglaublich schön. Ich spürte Roberts Wärme, wohltuend, vertraut, als würden wir schon immer so stehen. Gleichzeitig war alles völlig neu und aufregend für mich. Meine Gefühle waren völlig durcheinander und ich wusste kaum, wie ich sie bändigen sollte. Aber musste ich das überhaupt? Mit einem beseelten Lächeln schmiegte ich mich ein wenig enger an Robert und schaute mir das lebendige Geschehen zu unseren Füßen an.

      Alluvial Forest, eine lokale Band, enterte gerade unter tosendem Beifall und Gejohle des Publikums die Bühne, als ich ziemlich genau unter uns Jason und Theresa entdeckte, die sich suchend umschauten. Als Theresa nach oben blickte, winkte ich ihr zu. Sie zupfte Jason am Ärmel und deutete auf mich und Robert. Jason winkte und deutete mir mit einer Handbewegung Richtung Bar an, dass die beiden zunächst etwas trinken wollten.

      Das gefiel mir, denn so hatte ich weiterhin Zeit nur mit Robert allein.

      Musik und Show von Alluvial Forest schienen richtig gut zu sein, denn die Leute unter uns rockten ordentlich und es sah aus, als schauten wir in einen überschäumenden Hexenkessel. Ich konnte mich jedoch überhaupt nicht darauf konzentrieren, denn meine ganze Aufmerksamkeit galt nur Robert.

      »Solange die hier spielen, kommen wir nicht weg«, rief er mir plötzlich ins Ohr. Er hatte Recht, unsere Treppe führte direkt ins Innere des Hexenkessels.

      Er fasste mich bei den Schultern und drehte mich langsam um, bis wir uns gegenüberstanden. Mit einem Blick aus flüssigem dunkelgrünem Samt schaute er mich an und strich langsam mit seiner rechten Hand über meine Schläfe hin zu meiner Wange, bis sie sanft mein Kinn umfasste und mein Gesicht behutsam anhob. Dann spürte ich nur noch seine Lippen weich und zärtlich auf meinen und versank vollends in diesem Gefühl unseres ersten Kusses. Die Welt um mich herum wurde ganz still. Das begeisterte Getöse der Menge, die energiegeladene Band auf der Bühne, die Musik aus den Lautsprechern direkt neben uns. Alles war lautlos geworden Ich konnte unsere beiden Herzen schlagen hören und spürte, wie sein Atem mir leicht übers Gesicht strich. Er küsste mich gefühlvoll und langsam, ohne Drängen und kostete diesen zauberhaften Moment ebenso aus wie ich. Ich vergrub meine Hände in seinen dunklen Haaren und hoffte, die Magie dieses Augenblicks möge für immer anhalten.

       Mitten in unserer ganz eigenen Stille tickte plötzlich eine Uhr. Sie tickte laut vernehmlich und ärgerlich störend.

      Wir lösten uns abrupt und unwillig über dieses jähe Ende voneinander und schauten uns überrascht an. Schlagartig war das Ticken vorbei. Die Musik und die laut tobende Menge brachen wie haushohe Wellen über uns zusammen.

      »Hast Du das gehört?«, brüllte ich Robert gegen die Lautstärke ankämpfend total verwundert ins Ohr.

      »Du hast auch eine Uhr gehört?«, rief er ebenso verblüfft zurück.

      Wir schauten uns um, konnten aber nichts finden, dass ein so lautes Ticken erklären könnte.

      »Vielleicht haben die«, und ich deutete nach vorn zur Bühne, »gerade ein Metronom in Gang gesetzt.«

      »Ich sehe keins«, antwortete Robert und zuckte mit den Schultern.

      »Eigenartig!«, entfuhr es uns beiden. Irgendein Geräusch musste sich in unsere Versunkenheit geschlichen haben. Wir kümmerten uns nicht weiter darum. Auch wenn ich es sehr schade fand, dass unser Kuss so unvermittelt unterbrochen wurde. Vorsichtig strich ich mit dem Zeigefinger über meine Lippen und hoffte heimlich, dass Robert mich später erneut küssen würde, ohne Störung! Denn dieses überwältigende Gefühl wollte ich so schnell wie möglich wieder erleben.

      Robert legte den Arm um mich und ich schmiegte mich an ihn. So verfolgten wir den Rest des Konzerts. Nach der dritten Zugabe verließ die Band die Bühne rasch, denn es sollten im Anschluss noch Midnight Ego aus Berlin spielen und so wie es aussah, mussten die Rowdies für den Hauptact noch ein wenig umbauen.

      Wir stiegen von unserer kleinen Empore herab und trafen Jason und Theresa im angeregten Gespräch mit der hübschen Schlagzeugerin von Alluvial Forest an der Bar sitzend. Die Musikerin musste ungefähr in unserem Alter sein. Und hübsch war sie wirklich. Braune, halblange Haare, ein feenhaft zartes Gesicht, ein verschmitztes Lächeln mit Grübchen auf den Wangen. Gekleidet war sie noch in ihrem Bühnenoutfit mit einem tollen, engen Lederkorsett, knallroten Jeans und High Heels, bei denen mir schon beim Hinsehen schwindelig wurde.

      Als die drei uns sahen, winkten sie uns heran und schoben uns zwei Barhocker zu.

      »Nochmal Cola?«, fragte mich Robert. Ich nickte und kletterte auf den hohen Stuhl.

      »Kennt ihr Euch schon lange?«

      »Warum hast du nichts von Deinem Freund erzählt?«

      »Du hättest doch sagen können, dass Du heute Abend lieber zu zweit kommen willst.«

      Jason und Theresa überschütteten mich mal wieder gemeinsam mit ihren Fragen. Daran hatte ich mich schon gewöhnt.

      »Also, nein, wir kennen uns noch nicht lange. Genau genommen erst seit einer Woche. Außerdem wusste ich gar nicht, dass ich ihn heute hier wieder treffen würde. Und Freund, naja, das weiß ich noch nicht so richtig …«, versuchte ich irgendwie allen Fragen gerecht zu werden, ohne aber zu viel preisgeben zu müssen.

      »Ich weiß das schon. Ich habe nicht vor, dich wieder gehen zu lassen. Und damit wäre ich ja dein Freund … wenn du nichts dagegen hast.« Ich drehte mich überrascht um. Robert war schon wieder mit den Getränken zurück und hatte unserer Unterhaltung hinter mir stehend gelauscht. Nun grinste er mich schelmisch an.

      Ich wurde purpurrot und schüttelte den Kopf. Natürlich hatte ich nichts dagegen!

      Er grinste nun, als hätte er den ersten Preis gewonnen und die anderen lachten.

      »Das ist übrigens Charlotte. Charlotte, Elisabeth und Robert.« stellte uns Theresa vor und rettete mich damit dankbarerweise aus meiner Verlegenheit.

      »Hi, einfach Charlie.« Charlotte gab uns nacheinander die Hand.

      »Hallo, schön dich kennenzulernen«, antwortete ich händeschüttelnd und staunte, wie Theresa es wohl schon wieder geschafft hatte, Kontakt zu Charlotte zu knüpfen. Die beiden gingen miteinander um, als würden sie sich schon ewig kennen.

      »Hi, Charlie«, sagte auch Robert.

      »Wir sind zusammen zur Schule gegangen«, erklärte Theresa meine nur gedachte Frage beantwortend und fügte hinzu: »Damals, als wir noch jung und knackig waren.«

      »Nun sind wir nur noch knackig«, lachte Charlotte unbefangen los und alle mussten einstimmen.

      »Ihr wart echt gut!«, sagte Robert und ich nickte zustimmend.

      »Danke!«, meinte Charlie und fragte: »Bleibt ihr noch bei Midnight Ego? Es scheint gleich los zu gehen. Die sind auch richtig gut. Naja, nicht sooo gut wie wir, aber immerhin.« Wieder lachten alle und tranken