In meinem zweiten Buch The D’Adamo Diet, das ich 1989 verfasst habe, schilderte ich meine Beobachtungen über Untergruppen und die Rh-Faktoren sowie ihre Auswirkung auf die individuelle Diät.
Seit der Erstausgabe von One Man’s Food ist vieles geschrieben worden, was auf meinen Erkenntnissen über Blutgruppen basiert, darunter auch der New-York-Times-Bestseller Vier Blutgruppen meines Sohns Dr. Peter D’Adamo, der auch Naturheilmediziner ist. Auch wenn ich dankbar dafür bin, dass sich viele Heilpraktiker für meine Arbeit und meine Forschungen interessieren, und dass durch Peter mein Blutgruppenkonzept Millionen von Lesern auf der ganzen Welt nahegebracht wurde, ist es doch enttäuschend zu sehen, wie viele Ernährungsspezialisten sich das Blutgruppenkonzept umgehängt haben, als wäre es der neueste Modetrend, und die Grundlage für meine Erkenntnisse in ihre Praxis oder Veröffentlichungen einbeziehen, ohne je eine aussagekräftige Anzahl von Patienten behandelt zu haben.
Das Individuum und die Blutgruppe
One Man’s Food hat nicht nur den Gedanken eines Zusammenhangs zwischen der Blutgruppe und der Ernährung eines Menschen in den Raum geworfen, sondern auch eine radikale Vorstellung ins Leben gerufen - radikal im Vergleich zu der Art und Weise, wie die meisten Schulmediziner und selbst einige Ernährungsspezialisten heute praktizieren: nämlich dass jedes Individuum ein einzigartiges Geschöpf mit bestimmten Charakteristiken ist. Anders gesagt: Es laufen keine zwei Menschen auf der Erde herum, die genau gleich sind - es gibt keine zwei Menschen mit demselben Fingerabdruck, Lippenabdruck, Ohrläppchen, Iris oder Stimme (sogar eineiige Zwillinge teilen nicht sämtliche Charakteristiken). Deswegen sollten sich auch nicht zwei Menschen genau gleich ernähren.
Die Blutgruppen sind mittlerweile ein weit verbreitetes Konzept - manche Befürworter sagen sogar, die Blutgruppe würde die Persönlichkeit eines Menschen definieren. Ihre Bedeutung als ernährungswissenschaftliches Mittel habe ich entschlüsselt und über einen Zeitraum von fünfzig Jahren herausgearbeitet. Ihr heutiges Vermarktungspotenzial - auch wenn es willkommen ist, da dadurch mehr Menschen erreicht werden können - liefert sie (leider auch) Ärzten aus, die von dem Konzept profitieren, ohne über das erforderliche Wissen oder die nötige Erfahrung zu verfügen.
Zum Zeitpunkt, als ich One Man’s Food schrieb, hatte ich schon über 15.000 Patienten untersucht, diagnostiziert und behandelt. Ich führte damals eine erfolgreiche Praxis in Bay Ridge, Brooklyn, einem ruhigen italienischen Stadtbezirk an der hohen Verrazano-Narrows-Brücke, die Brooklyn mit Staten Island verbindet. Außerdem hatte ich eine zweite Praxis an der Upper West Side von Manhattan und eine dritte in der Hester Street in Little Italy, wo ich mittellose Anwohner behandelte. Wir leben in einer Zeit, die ich als das Ende der Dunkelzeit der Naturheilverfahren in den Vereinigten Staaten bezeichnen möchte. Die amerikanische Naturheilmediziner-Bewegung - der natürliche Weg zur Gesundheit - fing damals gerade an, aus dem Untergrund in das Bewusstsein der generellen Bevölkerung aufzutauchen.
Eine rasante Entwicklung
Auch wenn sich Naturheilkunde in den USA auf das Ende des neunzehnten Jahrhunderts zurückverfolgen lässt und sich in den zwanziger und dreißiger Jahren des letzten Jahrhunderts mehrerer Phasen großer Beliebtheit erfreute, erreichte sie erst in den 1960er Jahren ein breiteres Publikum. Damals wurden viele traditionelle Lebensweisen hinterfragt - darunter auch die Schulmedizin, die statt Ursachen die Symptome behandelt und im Wesentlichen davon ausgeht, alle Menschen hätten den gleichen Körpertyp.
Die Generation der Babyboomer suchte für viele Bereiche der modernen Gesellschaft - einer Gesellschaft, die immer mechanischer geworden war und die sich immer mehr von der Natur entfernt hatte - nach Alternativen. Das Bewusstsein über den Klimawandel und die Suche nach reinerer Luft, Wasser und Lebensmitteln (die nicht gefärbt und auch nicht mit künstlichen Zutaten, darunter einigen nachweisbar krebserzeugenden Stoffen, konserviert sind) war die Reaktion auf eine Welt, die sich bis dahin darauf verlassen hatte, Obst und Gemüse mit Hilfe von giftigen Schädlingsbekämpfungsmitteln zu erzeugen, Antibiotika und Hormone zum Mästen von Rindern, Schweinen und Hühnern zu verwenden, und deren Industrien und Autos enorme Mengen an Kohlendioxid und anderer Abgase produzierten, die in unseren Städten Smog verursachten sowie Krankheiten wie Asthma und andere Atemwegserkrankungen erhöhten.
Der Wissenschaft und der Öffentlichkeit wurde allmählich bewusst, dass unser Lebensstil uns zu ersticken drohte und dass Übergewicht, Herz-Kreislauf-Krankheiten und andere chronische Krankheiten, die für die industrialisierte Gesellschaft typisch sind, durch den täglichen Konsum von Fertigprodukten begünstigt werden.
In vielerlei Hinsicht hinkte Amerika den europäischen Ländern wie Deutschland und der Schweiz weit hinterher. Diese Länder hatten schon ein viel stärkeres Bewusstsein, wie sie ihre Lebensmittel schützen können - ihre Tomaten, Salatköpfe, Trauben, Kirschen und andere Obst- und Gemüsesorten aus biologischem Anbau waren keine blassen und geschmacksneutralen Imitationen der Originale, wie sie in den USA so häufig zu finden sind. Auch wurden Krankheitssymptome häufig mit Therapien behandelt, die wir alternativ nennen - wobei alternativ für uns einen anderen Behandlungsweg als die ärztliche Fünf-Minuten-Diagnose und das Verschreiben von Medikamenten bedeutet. Ärzte in europäischen Ländern hingegen setzten Kräuter und Heilpflanzen, homöopathische Mittel, Wasser- und Mineraltherapien und noch viele andere sanfte, aber wirksame Heilmethoden aus der Natur ein.
Junge Leute in Amerika fingen an, mit vegetarischer Kost, Makrobiotik und natürlichen Heilmethoden zu experimentieren. Sie entwickelten den Gedanken, dass wir für unser Wohlbefinden selbst verantwortlich sind und vorbeugende Maßnahmen ergreifen können, um das wunderbare Geschenk unserer Gesundheit zu schützen. Weder der amerikanische Verband der Mediziner (American Medical Association) noch die Pharmaindustrie waren bereit, diesen Gedanken zu unterstützen, da es beim Gesundheitswesen in diesem Land damals wie auch heute um Profit geht - das heißt, um die profitträchtigen Krankheiten der Menschen. Michael Moores Dokumentation SICKO aus dem Jahr 2007 ist ein korrektes Portrait des amerikanischen Gesundheitswesens: Wer es sich nicht leisten kann, muss halt leiden.
Als Naturheilmediziner oder das, was in Amerika als ›Arzt für Alternativmedizin‹ bezeichnet wird - das heißt, ein Arzt, der die Anwendung von Lebensmitteln oder Kräutern als Präventivmedizin praktiziert - hatte man es in diesem Land noch nie leicht. Als ich in den 1950er Jahren meine Praxis eröffnete, durfte ich noch nicht einmal das aussprechen, was ich heute sage, nämlich, dass ich Krebspatienten durch eine Diät heilen könnte - obwohl es sich um eine Krankheit handelt, die größtenteils mit Lebensmitteln zusammenhängt.
Die Neuigkeit, dass Nahrung Medizin ist, explodierte in den 1960er Jahren wie eine Bombe in der amerikanischen Gesundheitsszene. Auch mein Blutgruppenkonzept und der Gedanke, dass Menschen individuell statt als lauter identische Kopien behandelt werden sollten, waren vollkommen neu, obwohl konventionellere Köpfe dies oft für einen halbfertigen Ansatz hielten. Und dennoch - als ich den Zusammenhang zwischen Blutgruppe und Diät als Grundlage für meine Behandlungsmethoden nahm und meinen Patienten damit helfen konnte, breitete sich meine Entdeckung und Methode in New York City und darüber hinaus wie ein Lauffeuer aus, und meine Arztpraxen waren überfüllt mit Menschen, von denen viele unter einem fortgeschrittenen Krankheitsstadium litten.
Das amerikanische Gesundheitswesen: Der Bedarf an Vorbeugung
Heute, drei Jahrzehnte später, herrscht in Amerika ein anderes Klima vor, wenn es um das Gesundheitswesen geht. Doch das amerikanische Gesundheitssystem steckt in ernsten Schwierigkeiten. Chronische Krankheiten wie zum Beispiel Herz-Kreislauf-Krankheiten, Krebs, Diabetes und Übergewicht sind laut den Zentren für die Überwachung und Prävention von Krankheiten (Centers for Disease Control and Prevention - CDC) für über 70 % der Gesundheitskosten in den USA verantwortlich. Doch Patienten, die unter diesen Krankheiten leiden, erhalten nur ca. 50 % der empfohlenen medizinischen Präventivmaßnahmen. Jeder Vierte stirbt in den Vereinigten Staaten an Krebs. Über 65 % der Amerikaner sind übergewichtig, und nach Schätzung der CDC