Oberhausen: Eine Stadtgeschichte im Ruhrgebiet Bd. 2. Группа авторов. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

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Жанр произведения: Документальная литература
Год издания: 0
isbn: 9783874683265
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eine Stunde Pause für das Mittagessen und jeweils eine halbe Stunde vormittags und nachmittags Zeit zum Kaffeetrinken.275 Dem Sattler Johann Grubenbecher wurde in den Arbeitsvertrag vom 30. März 1839 sogar eine Arbeitszeit von „6 Uhr früh bis 7 Uhr abends“ mit den für das Essen „übliche Zeit“ geschrieben.276 Bei den meisten Arbeitern gab es eine tägliche Kündigungsfrist, bei wichtigen Arbeitern und Meistern wurde die Kündigungsfrist im Arbeitsvertrag gesondert geregelt.277

       Tabelle 1: Produktionsmengen und Beschäftigte bei der JHH

       Quelle: Johannes Bähr, Ralf Banken, Thomas Flemming: Dier MAN. Eine deutsche Industriegeschichte, München 2008, S. 578, 580; Produktion 1802 nach Eversmann, Uebersicht, S. 307.

      Eine systematische Ausbildung gab es auf den Werken der JHH erst ab den 1890er Jahren. Auch wenn es bereits zuvor Volontäre, Lehrlinge oder Eleven im Unternehmen gab, so handelte es sich bei diesen Jugendlichen in der Regel um Kinder von Betriebsangehörigen, die auf Wunsch und Kosten ihrer Eltern – also ohne Bezahlung durch das Unternehmen – in verschiedenen Bereichen mitarbeiten konnten, ohne dass ihnen jedoch systematisch Kenntnisse vermittelt wurden.278 So musste die JHH immer wieder erfahrene Kräfte von außen anwerben. Für die Arbeit am Hochofen, in Gießerei und Hammerwerk kamen Arbeiter vor allem aus den südlich gelegenen Werken der Mittelgebirge, sowie von Mosel und Rhein.279 Beispielsweise engagierte die JHH am 3. Januar 1826 Peter Trill mit drei Gesellen als Arbeitsteam für die Stabeisenproduktion auf dem Hammer Neu-Essen. In ihrem Arbeitsvertrag wurde ihnen vorgeschrieben, wie viel Roheisen und Kohlen sie für 1000 Pfund Stabeisen maximal einsetzen durften. Meister Trill verpflichtete sich, „auf Fleiß und ordentliches Betragen (Frieden, Ordnung und Nüchternheit)“ seiner Gesellen zu achten.280 Ebenfalls als Arbeitsteam wurden am 12. April 1829 Mathias Tegeler mit seinem Sohn Joseph aus Dahlhausen für das neue Walzwerk eingestellt. Sie brachten noch einen „Wärmer Neumann“ mit. Der Arbeitsvertrag verpflichtete sie Tag und Nacht tätig zu sein und „bei gutem Wetter und viel Arbeit auch an Feiertagen“. Die Umzugskosten nach Oberhausen übernahm das Unternehmen. Auch gewährte es freie Wohnung, Licht, Brand und Gartennutzung.281

      Für Lokomotiv- und Schiffbau, Puddel- und Walzwerke engagierte das Unternehmen auch erfahrene Fachkräfte aus Belgien und England.282 Auch forderte man von befreundeten ausländischen Unternehmen vorübergehend Fachkräfte an, um technisches Wissen ins eigene Werk zu transferieren. Hierzu arbeiteten dann diese ausländischen Fachleute mit Ingenieuren und ausgewählten Fachleuten der JHH gemeinsam an neuen Produkten und Verfahren.283 Andererseits war die JHH auch selbst von Versuchen zur Abwerbung ihrer Mitarbeiter betroffen. So befand sich 1838 der Vertreter der Maschinenfabrik Egestorff bei Hannover, Theodor Bang, in Sterkrade, der versuchte, sowohl den Chefingenieur der JHH, Friedrich Kesten, als auch einen Lehmformer abzuwerben. Bang wurde inhaftiert und gab im Verhör diese Abwerbeversuche zu.284

      Zeugnisse der Arbeitsbedingungen sind von den Arbeitern der JHH nicht überliefert, doch lässt sich die Schwere der Arbeit gut vorstellen. Man muss sich beispielsweise nur in ein Puddelwerk der damaligen Zeit versetzen, in dem aus Roheisen Stahl für die Weiterverarbeitung in Walz- und Schmiedewerken gewonnen wurde. Ein Puddler, ein Facharbeiter mit hohem Erfahrungswissen, stand während der 10- bis 12-stündigen Arbeitszeit am offenen Puddelofen und hatte mit einer Stange fortwährend im Eisenbad des Ofens zu rühren. Das Eisen war mit dem Sauerstoff der Luft in Berührung zu bringen, damit der Kohlenstoff aus dem Eisen entwich und Stahl entstand. Die Masse wurde während dieses Prozesses immer zäher, das Rühren immer schwieriger, bis der Puddler mit seiner Erfahrung feststellte, dass das Puddeleisen bzw. der Puddelstahl gar war. Nun musste der schwere Block der zähen Masse, die so genannte Luppe aus dem Ofen auf eine Karre gehievt werden. Dabei konnte die noch flüssige, mehrere 100 Grad heiße Schlacke aus dieser Luppe heraustropfen. Unter dem Luppenhammer, ein spezieller Schmiedehammer, oder unter einer Quetschwalze musste die noch in der Luppe befindliche Schlacke herausgeschmiedet oder herausgewalzt werden. Mit Stangen und Zangen war der schwere glühende Block von den Arbeitern unter Hammer und Walze zu bewegen. Die Hitze von vorn am Ofen und die Zugluft in den teilweise offenen Hallen von hinten machten die Arbeiter anfällig für Krankheiten und chronischen Leiden. Das stundenlange Rühren in der Eisenmasse, das Heraushebeln der Luppe aus dem Ofen und ihr Bewegen unter Hammer oder Walze waren Schwerstarbeit, die nur wenige Jahre von Arbeitern durchzuhalten war. Es war eine äußerst schwere, aber Erfahrungswissen voraussetzende Arbeit, die durch Unfall und Erschöpfung früh zur Invalidität führen konnte. Nach einer kurzen Zeit relativ guten Verdienstes im Puddelwerk konnte ein Arbeiter dann ohne oder mit nur sehr geringem Einkommen dastehen, so dass seine Familie kaum mehr zu versorgen war. Ähnlich könnten auch die anderen Arbeiten in den anderen Werken der JHH beschrieben werden vom Hochofen bis zur mechanischen Werkstatt. Überall gab es Schwerstarbeit mit zahlreichen Gefahren für die Gesundheit.

      Auch Kinder waren bei der JHH beschäftigt. Am 23. Juli 1842 übersandte das Unternehmen auf Anfrage des Bürgermeisters Beudel in Holten eine Liste, in der Kinder unter 16 Jahren, die bei der JHH beschäftigt waren, aufgelistet wurden. Die Kinder arbeiteten von sechs Uhr früh bis sieben Uhr abends mit einer halben Stunde Pause am Vormittag, einer Stunde Mittagspause und zwanzig Minuten Pause am Nachmittag. Wie das Unternehmen behauptete, stelle diese Arbeitszeit kein Problem dar, denn: „Diese Kleinen sind also stets in Bewegung und kommen oft in freier Luft, so dass in Bezug auf die Gesundheit nichts zu befürchten ist.“ Am 2. August verstärkt das Unternehmen diese Argumentation nochmals. Es stellt fest,

      „dass diese jungen Arbeiter, wiewohl 11 ½ Stunden außer den Freistunden hier anwesend, eigentlich keine 8 ½ Stunden des Tages in ihrer gewöhnlichen Beschäftigung sind, da sie […] sehr häufig zum hin und hertragen von kleineren Gegenständen & zum bestellen gebraucht werden, auf diese Weise also aus einer Werkstatt in die andere kommend, meistens in Bewegung u. in freie Luft sich befinden.“285

      Während in den Jahren um 1800 die Fachkräfte zumeist nur für die Hüttenkampagnen von wenigen Wochen auf den Werken weilten, so erforderte die kontinuierliche Beschäftigung ab den 1820er Jahren die dauerhafte Ansiedlung der Arbeiter. Angesichts der schweren und gefährlichen Arbeit wusste die JHH die Beschäftigung in ihren Werken attraktiv zu gestalten. Sie gewährte Arbeitern daher oft freie Wohnung, Nutzung eines Gartens, freies Licht und freien Brand oder auch kostenlose ärztliche Versorgung oder bei Bedarf die Lieferung von Arzneimitteln.286 Auch zahlte das Unternehmen bei guter Arbeit immer wieder Prämien und gab Geschenke.287 Die Schwierigkeiten auswärtige Fachkräfte anzuwerben vergrößerten sich aber auch dadurch, dass in den Dörfern und Orten der Umgebung des Werkes kaum Infrastruktur vorhanden war. Es mangelte an allgemeiner Versorgung wie z. B. an ärztlicher und medizinischer Betreuung und besonders an Wohnraum.

      In Krisenzeiten wie 1818, aber auch in den 1840er Jahren unterstützte daher das Werk seine Beschäftigten durch die Einrichtung von Speiseanstalten und die preisgünstige Abgabe von Nahrungsmitteln.288 Doch richtete sich das Hauptaugenmerk der Firma zunächst besonders auf die Gesundheitsversorgung seiner Arbeiter. Die Eisenverhüttung und -verarbeitung war eine unfallträchtige und die Gesundheit gefährdende Beschäftigung und das Unternehmen musste Interesse daran haben, dass die Arbeitsfähigkeit seiner Beschäftigten, insbesondere der Facharbeiter, erhalten blieb. So unterstützte die JHH seit ihrer Gründung immer wieder Arbeiter im Krankheitsfall, ohne zunächst eine rechtliche Verpflichtung hierzu einzugehen. In den Geschäftsbüchern erscheinen Ausgaben für Behandlungen durch den aus Holten stammenden Arzt oder für aus Dinslaken, wo die nächst gelegene Apotheke lag, bezogene Medikamente. Erkrankte Arbeiter erhielten manchmal von der Firma auch Unterstützungen als eine Art Lohnfortzahlung.289 Einige Fachkräfte wie zum Beispiel 1830 der Schmiedemeister Christian Hülsmann bekamen diese Leistungen sogar im Arbeitsvertrag zugesichert.290 Auch Zuschüsse zu Bestattungskosten, Unterstützungen bei Invalidität und für die Hinterbliebenen im Todesfall wurden in Einzelfällen gewährt.291

      Ab 1826 setzte sich Wilhelm Lueg für die Verbesserung der örtlichen Situation direkt ein. Er forderte beim Bottroper Bürgermeister Tourneau die Eröffnung einer Apotheke in Sterkrade, was aber erst am 23. August 1837 geschah. Ein Mediziner siedelte sich sogar erst 1841 in Sterkrade an und wurde sofort gleichzeitig als Werksarzt verpflichtet, wofür er eine pauschale