Babaji - Pforte zum Licht. Gertraud Reichel. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Gertraud Reichel
Издательство: Автор
Серия:
Жанр произведения: Эзотерика
Год издания: 0
isbn: 9783945574751
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kurzen Augenblicke des Gegenübers mit Babaji, während er Chandan auftrug, bedeuteten mir viel, oftmals waren sie die einzigen am Tage, an denen man ihm so nah war. Nie glichen sie einander. Mal lächelte er oder war geistig abwesend, ein andermal malte er schelmisch zusätzliche Punkte an die Ohren, an die Augenwinkel oder zwickte einem scherzhaft in den Arm oder ins Ohr, wobei jede Geste eine Bedeutung hatte.

      Nach dem Chandan gab es Gelegenheit, in den frühen Morgenstunden zu meditieren, oder einen heißen Tee, gewürzt mit scharfem Pfeffer oder Ingwer, Milch und Zucker, auf der Dachterrasse einzunehmen. Von dort bot sich ein selten schöner Anblick im Morgengrauen. Kalkutta erwachte. In den Hinterhöfen begannen sich die Menschen zu regen, Kühe erhoben sich schlaftrunken auf dem Straßenpflaster, Palmen wiegten sich im Wind, und eine frische Brise wehte herüber vom Meer.

      Beeindruckend war die Lichtzeremonie, Arti genannt, die morgens im Anschluss an die Teepause und abends vor Babaji ausgeführt wurde. Während religiöse Hymnen gesungen wurden, versammelte sich der Hausherr mit seiner Familie vor Babaji. Unter feinem Glockengeläute wurden ihm die Füße gewaschen und gesalbt. Der Duft von Rosenwasser oder Hinnaöl erfüllte den Raum. Es wurden ihm eine Holzperlenkette, eine Blumengirlande um den Hals oder die Hände gelegt und ihm eigens zubereitete süße Köstlichkeiten, barfi genannt, Früchte oder Nüsse offeriert. Babaji nahm etwas von dem Angebotenen und ließ den Rest in der Menge verteilen. Die Ketten, die er durch seine Berührung gesegnet hatte, verschenkte er. Immer waren sie und andere Dinge durch den anhaftenden Segen begehrt und werden stets in Ehren gehalten. Manche überhäufte Babaji mit Geschenken, anderen wiederum gab er nichts, was bei den Schülern die unterschiedlichsten Reaktion auslöste.

      Die Kriterien, nach denen er seine Gaben verteilte, variierten. Es kam auf die Geisteshaltung der einzelnen an. Erwartete jemand nichts, erhielt er im Überfluss, forderte er im Glauben, benachteiligt zu sein, ging er leer aus. Andererseits überhäufte Babaji manchen so lange mit Geschenken oder Aufmerksamkeiten, bis dieser glaubte, bevorzugt zu sein. Steigerte sich dieses Gefühl zur Überheblichkeit, ließ Babaji ihn von einem Tag zum anderen fallen. Er kümmerte sich scheinbar nicht mehr um ihn, bis er seine Einstellung korrigiert hatte. Durch diese Handlungsweise holte Babaji minderwertige Gefühle an die Oberfläche, um sie umzuwandeln. Oftmals war die latente Existenz dieser Gefühle einem selbst nicht bekannt.

      Vor Jahren, bei meinem zweiten Aufenthalt - insgesamt war ich zehn Mal bei Babaji - musste auch ich eine für mich sehr schmerzhafte Erfahrung machen. Schmerzhaft insofern, weil ich mit einem unterschwelligen Gefühl der Eifersucht konfrontiert wurde. Nie zuvor hatte ich damit zu kämpfen gehabt, es war mir fremd gewesen. Doch eines Tages trat es mit einer solchen Vehemenz auf, dass ich meinte, zerspringen zu müssen. Wie die Eruption eines Vulkans, so ergoss und erschöpfte es sich schließlich, um nie wieder aufzutauchen.

      Mein Mann, mein kleiner Sohn und ich waren nach Chilianaula gefahren, um an den jährlichen Navratri-Festlichkeiten in einem Ashram hoch im Himalaya-Gebirge teilzunehmen. Der Tempel sollte eingeweiht werden. Viele Menschen aus nah und fern waren erschienen, sie wollten gemeinsam mit dem verehrten Meister die zehntägigen Festlichkeiten zu Ehren der göttlichen Mutter begehen. Ein Festzelt schützte die Menge vor der brennenden Mittagssonne. Die schneebedeckten Gipfel des Himalaya leuchteten in der klaren Luft, und das strahlende Blau des Himmels bildete einen wunderschönen Kontrast. Babaji segnete jeden, der zu ihm kam, widmete allen seine Aufmerksamkeit, verwöhnte meinen fünfjährigen Sohn und ganz besonders meinen Mann. Dieser musste dicht bei Babaji stehen und als Ordnungshüter seinen Dienst versehen.

      Jedes Mal nach dem Darshan zeigte er mir, was er von Babaji erhalten hatte: ein silbernes Döschen, ein langes Seidentuch, einen runden, glattpolierten Onyx-Stein, ein beigefarbenes Seidenhemd mit passendem Lungi, eine Rudraksh-mala und ich weiß nicht, was noch alles. Zuerst freute ich mich mit ihm und seiner Gelassenheit, die Gaben anzunehmen. Dann allerdings begann es in mir zu rumoren. Außer dem üblichen Prasad, gesegnete Speisen, wie Nüsse, Bonbons etc. hatte ich nichts erhalten. Es war offensichtlich, dass Babaji meinen Mann mir vorzog. Erschreckt erkannte ich, dass ich eifersüchtig wurde.

      Wie war das möglich? Ich war meinem Mann zugetan, und wie kann man auf einen Menschen, dem man verbunden ist, eifersüchtig sein? Ich verstand mich nicht mehr, waren mir doch bisher derartige Gefühle fremd gewesen. Als dann auch noch mein Mann wie ein indischer Fürst im langen Seidengewand daherkam und einen Turban auf dem Kopf trug, war bei mir das Maß voll. Ich war kaum fähig, mein Weinen zu unterdrücken, als er mir erzählte, wie er zum Turban auf dem Kopfe gekommen war.

      Babaji war von seinem Sitz aufgesprungen, hatte meinem Mann "komm" zugeraunt und war um das Zelt herum, den langen Gartenweg hinunter, in das Haus gegangen, in dem er ein Zimmer bewohnte. Unter all den erhaltenen Geschenken, die dort abgelegt worden waren, befand sich ein Stapel Tücher. Babaji hatte seine Hand seitlich darüber gleiten lassen und schließlich ein fünf Meter langes, kleingemustertes Stück Stoff herausgezogen.

      "Turban, aus Rajasthan", hatte er dazu gesagt.

      Anschließend war Babaji auf seinen Sitz im Festzelt zurückgekehrt, nicht ohne meinen Mann angewiesen zu haben, sich von Shastriji den Turban um den Kopf wickeln zu lassen.

      Die indische Tracht kleidete ihn gut, sie unterstrich die Schlankheit seiner Gestalt, und unter dem Turban schaute ein blondes, bärtiges, feingliedriges Gesicht hervor. Innerlich bekämpfte ich meine Gefühle. Sie hatten keine Berechtigung meine Ausgeglichenheit durcheinanderzubringen und taten es dennoch mit einer nie erwarteten Stärke. Ich schämte mich. Wie konnte ich mit diesen Gefühlen in der Brust Babaji gegenübertreten? Folglich ging ich nicht mehr zum Darshan, sondern folgte dem Pfad zu der, mit Fichten bewachsenen, Lichtung hinunter zum klaren Bach. Dort ließ ich mich erschöpft nieder. Ich wusste, dass nur Babaji mir in dieser Situation helfen könne, und flehte ihn innerlich um Hilfe an. Ich bat ihn, mir dieses Gefühl, das mich so unvermittelt angesprungen hatte, für immer zu nehmen, ich wollte es nicht, es erschreckte mich. Ein Abgrund tat sich vor mir auf. Vergessen war, dass mir Babaji bei meinem ersten Aufenthalt in Haidakhan, das mir wohl kostbarste Geschenk, einen Armreifen, um das Handgelenk gelegt hatte. Kostbar nicht im materiellen Sinne, sondern im spirituellen. Ein Reif ähnlich den Gliedern einer Kette stellt die Verbundenheit, das Aneinander-gekettet-sein, dar. Zwei oder dreimal muss ich wohl an dem Bächlein mit blutendem Herzen gesessen haben, bevor eine Milderung eintrat.

      Endlich kam der Abend, an dem ich Babaji wieder unter die Augen treten konnte. Als er mir segnend die Hand aufs Haupt legte und mir nickend in die Augen schaute, wusste ich: der Kampf ist beendet! Und von dieser Sekunde an konnte ich die Freude mit meinem Mann teilen. Und nicht nur mit ihm. Wann immer ich bewusst wahrnahm, dass jemand beschenkt wurde, im großen oder kleinen, verspürte ich dessen Freude in Form von Energieströmen in der Wirbelsäule. Überhaupt verlor dieses Thema zusehends an Interesse; was zählte, war das innere Wachstum und der verinnerlichte Kontakt zu Babaji.

      Einmal noch, nach drei Jahren Lehrzeit, überkam mich das Gefühl des "Haben-Wollens", obwohl ich meinte, davon nach dem letzten Erlebnis endgültig geheilt zu sein. Es war auf einer Reise durch Südindien.

      Wir befanden uns in Baroda, im Staate Gujarat. Babaji hatte in den kühlen Nachmittagsstunden im Garten eines Schülers auf einer Hollywood-Schaukel Platz genommen. Sanft schwang sie hin und her. Viele Menschen saßen auf dem kurzgeschnittenen, saftig grünen Rasen. Einer nach dem anderen ging vor zu ihm, verneigte sich und überreichte kleine Gaben. Ich saß in der Menge und schaute dem bunten Treiben zu. Beim Arti wurde Babaji ein goldfarbener Sari um den Kopf und die Schultern gelegt. Beim Anblick des Saris, dessen Farbe mir so gut gefiel, obwohl sie für europäische Begriffe recht grell war, rasten mir plötzlich wie wild Gedanken durch den Kopf: Gelb ... die Farbe der Weisheit... wer bekommt wohl den Sari? Ob er ihn mir schenkt? ... Trotz größter Anstrengung konnte ich den Gedankenfluss nicht unterbrechen .... Ich will ja keinen Sari, dennoch, er ist so schön... Ob er ihn mir schenkt?

      Plötzlich hörte ich meinen Namen. Babaji rief mich. Mir wurde ganz heiß vor Scham, als ich aufstand, um zu ihm zu gehen. Ich ahnte, weshalb er mich gerufen hatte. Als ich verlegen vor ihm stand, riss er den Sari mit einem Handgriff von den Schultern und warf ihn mir mit einer heftigen Gebärde in den Arm. Ich hätte im Boden versinken mögen, verstand ich doch diese Geste, mit der er mir sagte:

      "Gebe