Der Duft von Pfirsichen. Denise Hunter. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Denise Hunter
Издательство: Автор
Серия:
Жанр произведения: Религия: прочее
Год издания: 0
isbn: 9783961400836
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antwortete mit einem Schulterzucken. „Ich liebe, was ich tue. Aber das ist nur ein Lokalprogramm.“

      „Nicht mehr lange. Du bist auf einem guten Weg, meine Liebe.“

      „Das werden wir sehen. Aber wie steht’s bei dir?“ Hope stupste sie mit dem Ellbogen in die Seite. „Vorprogramm für richtig coole Bands und so.“

      Kyles Band, Brevity, war die Vorgruppe für einige berühmte Künstler gewesen. Das war schon etwas Besonderes gewesen, vor so einem großen Publikum aufzutreten.

      „Na ja, ich bin ja nur Backgroundsängerin.“

      „Also bitte! Dein Gesang ist umwerfend. Weißt du was, Last Chance spielt morgen Abend im Rusty Nail. Mit denen solltest du ein paar Lieder singen.“

      „Oh, so lange bleiben wir aber gar nicht. Nach der Beerdigung fahren wir wieder.“

      Hope schaute überrascht. „Machst du Witze? Du bist doch gestern Abend erst angekommen. Ich habe fast fünf Jahre darauf gewartet, dass du mal wieder vorbeischaust.“

      „Tut mir leid. Wir haben einen Auftritt, für den wir zurückmüssen.“ Und so schön es auch war, wieder mit Hope zu reden und sich gegenseitig auf den neuesten Stand zu bringen − es gab auch andere Leute, die sie weit weniger gerne sehen wollte.

      Die Nachzügler trudelten im Zelt ein, eine kleine Gruppe von Menschen in gedeckten Farben. Es war beinahe an der Zeit, anzufangen.

      Sie drückte Hopes Hand. „Ich muss los. Wir reden später.“

      Sie wandte sich um, strebte über den unebenen Weg zum Zelt und wäre beinahe gestolpert, als ihr Blick auf die Person fiel, nach der sie Ausschau gehalten hatte.

      Cruz Huntley hatte noch nie besser ausgesehen. Sein frisches weißes Hemd bildete einen schönen Kontrast zu seiner puerto-ricanischen Hautfarbe, und die Anzugsjacke betonte seine breiten Schultern. Genau in dem Moment sah er auf. Der Blick aus seinen dunklen Augen durchbohrte sie förmlich.

      Ihr Herz schlug wie eine Basstrommel in ihrer Brust, während sie seinem Blick einen langen, schmerzhaften Moment lang standhielt. Erinnerte er sich an die letzte Beerdigung, die sie zusammen besucht hatten? Und an alles, was sonst an jenem Tag geschehen war?

      Seine Lippen verzogen sich zu einem dünnen Lächeln.

      Sie riss sich los. Fixierte den weißen Sarg, der im Zelt aufgebaut war. Konzentrierte sich auf die Farbexplosion des Blumenschmucks, der auf dem Sarg arrangiert war. Schüttelte sich Cruz aus den Gedanken. Daran würde sie heute nicht denken. Mal davon abgesehen, dass sie ihn seit einer Ewigkeit nicht mehr gesehen hatte. Mal davon abgesehen, dass er ihr einmal das Herz gestohlen hatte – nur, um es anschließend gründlich zu brechen.

       Du bist ein dummes Gör, Zoe.

      Im Zelt setzte sie sich auf einen Stuhl zwischen ihren Bruder und Dad. Sie versuchte, die Kälte, die ihr Vater ausstrahlte, zu ignorieren. Im Beerdigungsinstitut hatte sie versucht, ihn zur Begrüßung zu umarmen, aber er war in ihren Armen nur steif geworden. Sie war zurückgewichen. Seine Zurückweisung traf sie wie ein Stachel, der sich immer weiter in sie bohrte.

      Dad war noch nie Grannys größter Fan gewesen. Seine Schwiegermutter war für seinen Geschmack viel zu munter gewesen und hatte Zoes Streben nach Unabhängigkeit nur bestärkt. Das war immer schon ein Streitpunkt zwischen den dreien, was nach dem Tod von Zoes Mutter nur schlimmer geworden war.

      Aber sie würde jetzt nicht über der Beziehung zu ihrem Dad brüten. Heute ging es um Granny. Darum, sie zu ihrer letzten Ruhe zu betten.

      Zoe leerte ihre Lungen und ließ den Gedanken sacken. Ließ zu, dass der Schmerz in ihrer Brust anschwoll, bis er sich nach außen Bahn brach. Als spürte er die Welle des Schmerzes, die sie überkam, drückte Brady ihre Hand. Sie drückte zurück.

       Granny ist nicht mehr da.

      Der Gedanke traf sie wie ein Vorschlaghammer, als Pastor Jack nach vorne ging, um ein paar letzte Worte zu sagen. Ihre Großmutter war nicht mehr da. Und mit ihr war auch die Liebe weg, die Zoe selbst aus der Ferne noch begleitet und gestärkt hatte.

      Irgendwie fühlte sich das unwirklich an. Irgendwie hatte sie gedacht, Granny würde sie alle überdauern. Aber nichts hielt für immer. Nicht einmal die Liebe.

      KAPITEL 2

      Weniger als fünf Jahre waren vergangen, seit Zoe ihn verlassen hatte, aber Cruz war sich nicht sicher, ob er sie auf der Straße erkannt hätte. In sich zusammengesackt, saß sie zwischen ihrem Bruder und ihrem Vater auf der Seite zum Grab hin unter dem Zeltdach. Ihr Haar, einst rotbraun, war jetzt blond, und ihre Naturlocken waren zu geschmeidigen Wellen gezähmt worden, die im Märzwind flatterten.

      Cruz ging um die Grabsteine herum und gesellte sich zu der immer größer werdenden Gruppe der Besucher. Nachdem die Arbeit ihn länger aufgehalten hatte als geplant, war er verspätet zur Trauerfeier gekommen und hatte in der Kirche ganz hinten gesessen. Er hatte der Familie noch nicht sein Beileid ausgesprochen.

      Einen Augenblick später begann Pastor Jack mit dem Bestattungsgottesdienst. Er sprach laut, damit seine Stimme auch diejenigen ganz hinten in der Menschenmenge erreichte. Nellie Russel war ein Liebling der ganzen Stadt gewesen. Eine resolute Frau mit einem ausgeprägten Gerechtigkeitssinn. Immerhin hatte sie ihm eine Chance gegeben, nicht wahr? Wo andere dachten, er sei nur einer von den vielen Verlierern aus dem falschen Stadtteil. Er hatte sie geliebt wie seine eigene Großmutter.

      Der Gottesdienst war kurz, aber herzlich, und als er vorbei war, wartete Cruz, bis er an der Reihe war, der Familie zu kondolieren. Sein bester Freund, Brady, schien sich ganz gut zu halten; er akzeptierte die Beileidsbekundungen mit stoischem Lächeln und festem Handschlag. Das war ein harter Schlag für ihn, so kurz nach der Scheidung von Audrey.

      Trotzdem war es Zoe, die immer wieder seinen Blick auf sich zog. Das Kinn gesenkt, die Augen niedergeschlagen. Zahm war das Wort, das einem in den Sinn kam. Nein, er hätte sie auf der Straße nicht erkannt. Was war mit seiner Löwin passiert? Seiner Leona? Er hatte das dumme Gefühl, dass er es eigentlich wusste.

      Mit den Fingerknöcheln wischte sie sich eine Träne aus dem Augenwinkel. Sein Beschützerinstinkt erwachte. Wo war Kyle jetzt? Er sollte hier sein und ihre Hand halten. Das Trio war gestern in einem roten Mustang angekommen. Diese Neuigkeit hatte die Buschtrommeln zum Dröhnen gebracht: Die Rückkehr von Lokalheld und Lokalheldin war Tratschmaterial vom Feinsten.

      Während die Leute nach und nach beiseitegingen, rückte er langsam, mit wild schlagendem Herzen, zur Spitze der Schlange auf. Fast fünf Jahre war es her, dass sie ihn gegen einen Traum eingetauscht hatte. Dass sie weggegangen und sein armseliges Schuljungenherz gebrochen hatte.

      Sie war immer noch eine Schönheit mit ihrer makellosen Haut und der schlanken Figur. Sie hatte immer noch diese langen Beine, in die sie aber inzwischen hineingewachsen war. Sie war nicht mehr das schlaksige Fohlen von damals.

      Genau in dem Moment schwangen ihre Wimpern nach oben, und der Blick aus ihren grünen Augen landete direkt auf ihm. Ein Volltreffer. Für den Bruchteil einer Sekunde wurde ihr Gesichtsausdruck weich, teilten sich ihre Lippen.

      Sein Herz zog sich zusammen, während ihm ein Dutzend Bilder durch den Kopf schossen. Zoe, die aus dem Fenster seiner Beifahrertür hing, das rote Haar wie eine stolze Flagge im Wind. Wie sie vom hohen Ufer von Sutter’s Bend sprang und ihr Freudenschrei die schwüle Sommerluft durchdrang. Wie sie ihm auf den Rücken sprang und sie über die Obstwiesen rannten, wo ihr Lachen wie das schönste Lied der Welt klang.

      Er blinzelte die Erinnerungen weg und mit ihnen das Gefühl der Orientierungslosigkeit, das ihn kurz überwältigte, als Zoe wieder in sein Blickfeld kam.

      In ihren Augen schienen jetzt die Rollos unten zu sein, und ihre Wimpern streiften ihre Wangenknochen, während sich auf ihren Lippen ein verkniffenes Lächeln bildete. Sie nahm die Beileidsbekundungen entgegen und machte Smalltalk.

      Und dann war er