Das Finanzkapital. Joseph Murray Patrick. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Joseph Murray Patrick
Издательство: Автор
Серия:
Жанр произведения: Зарубежная публицистика
Год издания: 0
isbn: 9783929211757
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Kapital zu verwandeln und so das Recht der von den Banken verliehenen Zahlungsversprechen auf Realisierung in einer gewachsenen Geldsumme einzulösen. Andernfalls versiegt mit der verselbständigten Macht des Geldes der Vorschuss, von dem eine Marktwirtschaft lebt.

      Der gewöhnliche marktwirtschaftliche Sachverstand interpretiert das Bankgeschäft gern als eine Art Überlaufbecken für momentan nicht gebrauchtes Geld, das daraus ab- und zu Marktteilnehmern mit akutem Geldbedarf hinfließt; er hält sich mit seinem Verständnis also an die Bedürfnisse, die das Kreditgewerbe bedient und die ihm ganz vernünftig vorkommen, und verzichtet darauf, sich mit dem Subjekt und dem durch dessen Zugriff auf den Kapitalkreislauf definierten ökonomischen Inhalt dieses Geschäfts zu befassen. Einem Teil der kundigen Öffentlichkeit ist darüber hinaus die Kennzeichnung des Bankgeschäfts als ‚Kreditschöpfung‘ bekannt; und mit Bewunderung oder Skepsis, je nachdem, wird den Kreditinstituten die Kunst nachgesagt, ‚aus nichts‘ ganz buchstäblich Geld zu ‚schöpfen‘, womit allerdings mehr ein Rätsel gekennzeichnet als der Gebrauch erklärt ist, den das Gewerbe von seiner Stellung als universeller Schuldner der Gesellschaft und universeller Gläubiger der Geschäftswelt macht. Tatsächlich ‚schöpfen‘ die Banken den Kredit, den ihre Kundschaft braucht, also den Vorschuss, mit dem sie ‚die Wirtschaft‘ ausstatten und zu kontinuierlichem konkurrenztüchtigem Wachstum befähigen, nicht einfach ‚aus nichts‘, sondern aus ihrer Verfügungsmacht über die Gelderträge der gelaufenen und laufenden kreditierten Geschäfte und im auf dieser Macht beruhenden Vorgriff auf zukünftiges Geschäft, das diesen Vorschuss samt Überschuss erst wirklich produziert, also den geleisteten Vorgriff ökonomisch rechtfertigt. Was die Banken ‚schöpfen‘, ist denn auch nicht einfach ‚Geld‘, sondern – wie, dazu gleich mehr in Abschnitt b – in Gestalt von ‚Buchgeld‘ eine Zahlungsfähigkeit, die den gesellschaftlichen Kapitalvorschuss vergrößert, um dadurch das Bankgeschäft wachsen zu lassen, also die Macht der Banken zur Kreditschöpfung weiter zu steigern. Sie bedienen die kapitalistische Geschäftswelt mit Kapital, das seine eigene erfolgreiche Verwendung vorwegnimmt, nehmen die Geschäftswelt in Haftung für die wirkliche Reproduktion dieses Kapitals. Zu dieser ‚Schöpfung‘ von Kapitalvorschuss sind sie imstande, weil – und soweit – die bei ihnen deponierten und einlaufenden Gelderträge ökonomisch rechtfertigen, was sie – sich – damit leisten.

      Ihr zirkuläres Kreditgeschäft haben die Banken konsequent und effektiv mit ihrer Dienstleistung als Agentur des geschäftlichen – mittlerweile beinahe des gesamten gesellschaftlichen – Zahlungsverkehrs verbunden. Den wickeln sie ‚bargeldlos‘ ab, durch wechselseitige Verrechnung von auf Bankkonten lautenden Zahlungsanweisungen. Dieses Verfahren haben die Geldhäuser schon früher dazu genutzt, das bei ihnen deponierte Geld für die Vergabe von Krediten zu verwenden und Zahlungen im Auftrag des Eigentümers des Depositums in Form von Buchungsakten im eigenen Haus bzw. per Austausch von Geldanweisungen zu leisten. Ganz konsequent sind sie dazu übergegangen, den Kreditkunden das ausgeliehene Geld gleichfalls in Form von Geldzeichen, als Banknote oder als abrufbares Guthaben auf einem Konto, verfügbar zu machen und die Verwendung dieser Summe durch den Kreditnehmer wiederum mit internen Umbuchungen bzw. im Kreisverkehr mit den Banken der Zahlungsempfänger, per ‚Giralgeld‘, zu bewerkstelligen. Die Zahlungsströme, die sie mit ihrer Kreditvergabe auslösen, bewältigen sie mit ‚Buchgeld‘: Zahlungsanweisungen, die sie untereinander zirkulieren lassen. Damit haben die Banken sich das Mittel geschaffen, ihr Kreditgeschäft in einer Weise zu gestalten und auszudehnen, die ihrer Position, ihrer Macht und ihrer Freiheit als Finanzier und Nutznießer des kapitalistischen Wachstums insgesamt, gemäß ist: Die Zahlungsmittel, mit denen sie ihre Kreditkunden ausstatten, bestehen aus eigenen Zahlungsversprechen. Was an Depositen bei ihnen einläuft, sind im Wesentlichen von vornherein von Kreditinstituten in Verkehr gebrachte Geldanweisungen, die die Zirkulation des ‚geschöpften‘ Kredits repräsentieren; was sie an Zahlungen leisten, besteht aus – so gut wie – nichts als eben solchen Zahlungsversprechen, die eben dasselbe repräsentieren: Kredit auf den verschiedenen Stufen seiner Verwendung, vom Kauf von Produktionsmitteln bis zum Eingang von Verkaufserlösen, von der Zahlung von Löhnen und Gehältern bis zum ‚bargeldlosen‘ Kaufakt des Endverbrauchers. Was in der Gesellschaft als Kauf- und Zahlungsmittel zirkuliert, das sind im Wesentlichen von den Banken verantwortete Geldzeichen; und die sind ihrer ökonomischen Natur nach das Derivat, ihrem Entstehungsgrund nach das Zirkulationsmittel des Kreditgeschäfts, das Kapitalwachstum in Gang setzt und durch dessen Erfolg ökonomisch gerechtfertigt wird: Kreditzeichen. Mit diesem Instrument verallgemeinern die Banken die Errungenschaft des Wechselgeschäfts, versprochene Zahlung als Zahlungsmittel zu verwenden, und machen so praktisch wahr, was die Logik ihres Geschäfts erfordert: eine Kreditvergabe, die die Ausstattung des Kapitals mit Vorschuss im Einzelnen und im Allgemeinen von der schon realisierten Kapitalverwertung relativ unabhängig, vielmehr von den Ergebnissen des Kapitalwachstums abhängig macht, das die Banken mit ihren Vorschüssen angestoßen und in ihren Umsätzen registriert haben und in der festen Erwartung weiterer Wachstumserfolge neu inszenieren.

      In dieser Errungenschaft eingeschlossen ist die Emanzipation des von den Banken abgewickelten gesellschaftlichen Zahlungsverkehrs von einem Geld, das ebenso sehr Produkt gesellschaftlicher Arbeit ist wie die Waren, die damit bezahlt werden. Ein wirkliches Geld, auf das sich das ‚Buchgeld‘ der Banken bezieht, das deren Geldzeichen bezeichnen, bleibt dabei freilich vorausgesetzt und die Verfügung über ein Quantum davon auch nötig, damit die Buchungsakte der Banken zuverlässig als Mittel für den Händewechsel von Eigentum fungieren. Es braucht ein zwingend vorgegebenes Maß des ‚abstrakten Reichtums‘, nämlich der Verfügungsmacht des Privateigentums über Güter aller Art. Und als Sicherheit dafür, dass bloße Buchungsakte, die bloß private Zahlungsversprechen repräsentieren, tatsächlich die Macht haben, Eigentum aus einer Hand in die andere zu bewegen, verlangt die private Geschäftswelt selber, dass die Geldschöpfer in der Lage sein müssen, auf Anforderung in gehöriger Proportion zu ihren Krediten ein Geld vorzuweisen, dem die Macht des Eigentums gesellschaftlich verbindlich innewohnt.

      Mit ihrer Tätigkeit als universeller Gläubiger und Schuldner der Geschäftswelt und als Stifter und Sachwalter der gesellschaftlichen Zahlungsfähigkeit stellen die Banken zwischen den Unternehmen, die sich auf dem Markt als Konkurrenten begegnen, ein Verhältnis positiver allseitiger Abhängigkeit her. Indem sie die kapitalistische Potenz des Geldes, egal wem es gehört, zum Wachstumsmittel machen, über dessen Zuteilung sie Regie führen, verwickeln sie die Geldbesitzer, denen es um nichts als ihre eigene kontinuierliche Bereicherung geht, in eine wechselseitige Abhängigkeit der gehobenen Art: Sie lassen deren Eigentum an der Profitmacherei ihrer Konkurrenten mitwirken, stellen es insoweit in den Dienst am allgemeinen Geschäftserfolg; umgekehrt bedienen kapitalistische Unternehmer mittelbar mit ihren Profiten die Gewinnansprüche der Konkurrenten, mit deren Geld sie wirtschaften. Um sich erfolgreich zu bereichern, brauchen die Geschäftemacher den Erfolg der Konkurrenz, gegen den sie mit ihren eigenen und geliehenen Erfolgsmitteln vorgehen. So umfassend besorgen die Banken diese paradoxe wechselseitige Indienstnahme der kapitalistischen Eigentümer, dass im Endeffekt alle mit ihrem Bereicherungsinteresse in das Bemühen aller um Kapitalwachstum involviert sind und jede einzelne Unternehmung mit ihren Konkurrenzanstrengungen vom allgemeinen Geschäftsgang und dieser vom Erfolg der konkurrierenden einzelnen Unternehmungen abhängt. Das Interesse am eigenen Geschäftserfolg nötigt die Kapitalisten zu einem Klasseninteresse an Wachstum überhaupt.

      Bestand hat dieser paradoxe Kollektivismus des Privateigentums, weil er gar nicht wirklich zwischen den voneinander abhängig gemachten Konkurrenten zustande kommt, sondern durch das Geschäftsinteresse der Kreditinstitute, die mit der zweiseitigen Inanspruchnahme