Wieso braucht der Mensch dann überhaupt Modelle?
Da wir die Welt nur so sehen, wie wir sie über das Denken erleben, müssen wir uns zuerst ein Bild über unser Denken machen – und dazu brauchen wir Modelle. Im Grunde sind Modelle dazu da, unsere fokussierten Gedanken um einen Mittelpunkt herum zu bündeln, sodass wir im Austausch mit anderen eine gemeinsame Grundlage haben, sozusagen eine Beschreibung unserer Welt, um darüber philosophieren zu können …
… ich verstehe: Modelle, welche die Realität stützen, lenken in Wahrheit von der Wirklichkeit ab?
Wenn wir schlau wären, müssten wir eigentlich erkennen, dass Wahrheit mit denkerischen Mitteln gar nicht zu erzwingen ist, denn im Denken erkennt sich immer nur das Denken, also das, was wir als Maßstab dazu erkoren haben, sich selbst auszumessen. Wenn wir unser Denken überzeugen wollen, müssen wir erst Modelle schaffen, die das Denken überzeugen, und dann vergessen, dass wir diese selbst geschaffen haben. Deshalb dürfen wir von den Modellen keine Wahrheit verlangen, da Wahrheit außerhalb der Dualität des Bewusstseins ist. Es geht nicht darum, ein „Wahrheitsmodell“ zu erzwingen, sondern um zu akzeptieren, dass wir die Wahrheit mit denkerischen Mitteln gar nicht erkennen können.
Nach deinen Worten wäre jedes Modell eine lebensnotwendige Illusion?
In der Tat: Ohne diese Modelle hätte der Mensch ja nichts, an dem er sich festhalten kann, denn im Denken erkennt sich immer nur das Denken. Diese Erkenntnisse aber vermitteln uns wiederum die Modelle. Möchtest du mehr wissen?
Ich möchte alles erfahren!
Jedes Modell verfügt über seinen eigenen inneren Dämon, eine durch die geistigen Gesetze innerhalb des Modells geschaffene Wesenheit3, die auf Andersdenkende negativ abstrahlt und uns in der Gewalt des jeweiligen Energiefelds festhält. Wir kennen das aus Wissenschaft, Politik, Religion oder Esoterik. Kaum hat ein Mensch sein Modell richtig verstanden, versucht er es sofort bei anderen anzuwenden. Modelle erzeugen eine kollektive Energie, die man steuern und durch äußere Anreize immer weiter verfestigen kann. Dahinter versteckt sich der egoistische Wunsch, das Leben zu einem verbindlichen Modell für alle zu machen.
Mir kommt dieses System sehr bekannt vor … gibt es keine Alternative?
Es gibt nichts außerhalb der Modelle, denn die verschiedenen Modelle, die sich die Menschen innerhalb der Jahrtausende geschaffen haben, sind die einzige Strasse, auf der sich die Evolution bewegt.
Wohin führt die Straße?
Die Wirklichkeit ist ein Sammelsurium von Modellen – je nach den kulturellen Quellen, aus denen der Mensch seine Wirklichkeit empfängt. Das bedeutet in der Summe: Modelle sind das einzige Mittel, unserer subjektiven Verlogenheit eine objektive Lüge entgegenzusetzen, und das ist auf dem Weg des Wissens nicht nur der erste, sondern auch der wichtigste Schritt.
So landen wir wieder bei der Religion?
Alle spirituellen, religiösen, magischen und esoterischen Modelle sind so etwas wie eine Auswirkung unserer materiellen Realität. Sie verkörpern die Manifestation der in der materiellen Welt unterdrückten Sehnsucht, die Welt nicht nur von außen, sondern auch von innen her zu erklären, also so, wie sich der menschliche Verstand die höheren Ziele „vorstellt“. Wenn wir das begriffen haben, sind wir für den ersten Schritt in die magische Welt bereit …
… erster Schritt wohin? Was können wir tun?
Nichts. Es tut sich ganz von selbst. Doch innerhalb dieses Nichtstuns könnten wir gewisse Dinge begreifen …
… die da wären?
Würden wir den Teufel beispielsweise nicht länger im außen suchen, könnten wir uns viel Leid ersparen – denn er ist in uns! Der schlimmste eigene Feind sind wir selbst: Es ist unser Schatten, und er will uns „killen“!
Er will uns zerstören? Das versteh ich nicht!
Der Teufel ist die abgespaltene Seite im Menschen – und er existiert in jedem von uns! Wenn wir das wissen, können wir gut schlafen …
Gut schlafen …?
Das, was wir erreichen wollen, ist determiniert von dem, was sich durch uns zu erreichen sucht, damit sich das Schicksal erfüllen kann. Das ist die letzte Erkenntnis innerhalb unseres Weges. Wüssten wir, dass es nichts zu erkennen gäbe, was wir nicht schon in uns trügen, könnten wir uns nicht mehr weiterentwickeln ...
Aber wenn der Teufel in uns sitzt?
Keine Angst – die Götter tun das ebenso! Sieh doch mal: Wir sind Kinder von Eltern, die Kinder von Eltern sind, die ebenfalls Kinder von Eltern sind usw. Das bedeutet, dass jeder von uns direkt auf den ersten Menschen zurückgeht, auf den ersten Affen, das erste Urviech usw., bis wir ganz am Schöpfungsanfang angelangt sind. Mit anderen Worten: Das ganze Universum ist in uns enthalten und deshalb ist die Kraft der Schöpfung auch ein Teil von uns. Leider ist es so, dass wir den Zugang zu unserer inneren Kraft verloren haben, die uns an der universalen Schöpfung teilhaben lässt. Deshalb können wir gar nicht mehr anders, als uns diesem selbst erschaffenen Gott anzuvertrauen, der uns in allen religiösen Machtsystemen, wuchernden Finanzmodellen, ausufernden Wachstumssystemen, wissenschaftsgläubigen Geistesvorstellungen und anderen technologischen Errungenschaften gütig entgegenblickt …
Wir können nicht anders …? Was meinst du damit?
Ohne die Systeme, die uns von unserer Spiritualität wegbringen und uns dafür den materiellen Konsum aufzwingen, wären wir gar nicht mehr lebensfähig. Diese Ambivalenz ist es, die uns Angst einflösst, denn sie hält uns den Spiegel unserer eigenen Lebenswelt vor Augen. Die finanziellen Märkte sind der Schatten der modernen Entwicklung schlechthin, wobei der Mensch zunehmend zum hilflosen Opfer seiner eigenen Schöpfung wird. Andererseits dürfen wir uns auch nicht bemitleiden: Wir haben uns diesen Dämon selbst ins Boot geholt. Letztendlich ist es der Weg des Menschen, der ihm in seinem Wesen durch die Evolution vorgezeichnet erscheint, und deshalb wird er auch niemals Frieden finden. Damit er sich mit dieser Wahrheit nicht auseinanderzusetzen braucht, schuf er sich seine Religion, die ihn von der Wirklichkeit ablenkt. Was lässt sich daraus schließen: Es ist alles in Ordnung, es gibt keinen Grund zur Sorge, zumindest nicht bevor wir uns mit unserer Vergänglichkeit auseinandersetzen oder auf dem Totenbett liegen!
Was würde sich ändern, wenn der Mensch das wüsste?
Wenn er das alles wüsste? Die ganze Welt würde mit einem Mal zusammenfallen, weil die Systeme ja nur aufgrund einer gemeinsamen Übereinkunft existieren. Wenn wir weiter wissen, dass es der eigene Glaube ist, der alles stützt, was wiederum der Grund ist, warum wir uns auf Gott verlassen können, dann werden wir erfahren, dass alles, woran wir glauben, der Glaube an unseren Glauben ist.
Könnte man nicht sagen, dass ohne unseren Glauben überhaupt nichts funktioniert …?
Man könnte in einem übertragenen Sinn sogar sagen, dass die Straße unter unseren Füßen nur solange vorhanden ist, solange unser „Glaube an die Straße“ einwandfrei funktioniert ...
… und wir nur Rollen in unserem eigenen Film spielen?
Wir spielen nicht nur die Rollen, wir führen auch Regie. Unser höheres Selbst stellt uns die Bühne zur Verfügung, auf der nicht nur unser bewusstes Ego, sondern auch höhere, unbeschreibbare Persönlichkeitsteile wie der Regisseur agieren – ich werde auf dieses Thema zu einem späteren Zeitpunkt zurückkommen4. Dieser steuert und