ROLLINGER, Robert (2011a): Assur, Assyrien und die klassische Überlieferung: Nachwirken, Deutungsmuster und historische Reflexion, in: J. Renger (Hrsg.): Assur – Gott, Stadt und Land, Wiesbaden, 311–345.
ROLLINGER, Robert (2011b): Semiramis, in: Reallexikon der Assyriologie und Vorderasiatischen Archäologie XII, 383–386.
ROLLINGER, Robert (2011c): Der Blick aus dem Osten: ‚Griechen‘ in vorderasiatischen Quellen des 8. und 7. Jahrhunderts v. Chr. – eine Zusammenschau, in: H. Matthäus, N. Oettinger und S. Schröder (Hrsg.): Der Orient und die Anfänge Europas. Kulturelle Beziehungen von der Späten Bronzezeit bis zur Frühen Eisenzeit, Wiesbaden, 267–282.
ROLLINGER, Robert (2013): Assyria in Classical Sources, in: E. Frahm (Hrsg.): Blackwell Companion to Assyria, Malden, im Druck.
UEHLINGER, Christoph (1996): Astralkultpriester und Fremdgekleidete, Kanaanvolk und Silberwäger. Zur Verknüpfung von Kult- und Sozialkritik in Zef 1, in: W. Dietrich und M. Schwantes (Hrsg.): Der Tag wird kommen. Ein interkontextuelles Gespräch über das Buch des Propheten Zefanja, Stuttgart, 49–83.
WEISSERT, Elnathan (2011): Jesajas Beschreibung der Hybris des assyrischen Königs und seine Auseinandersetzung mit ihr, in: J. Renger (Hrsg.): Assur – Gott, Stadt und Land, Wiesbaden, 287–309.
WIESEHÖFER, Josef (2004): Daniel, Herodot und „Dareios der Meder“: Auch ein Beitrag zur Idee der Abfolge von Weltreichen, in: R. Rollinger (Hrsg.): Von Sumer bis Homer, Festschrift M. Schretter, Münster 2004, 647–653.
Robert Rollinger
Auferstehung → Fisch, Mann im; → Todessehnsucht
Aussetzung → Kindheit, gefährdete
Auszug aus Ägypten → Exodus
Babylon
1 Die Bibel als Quelle
Die Bibel war bis zur Entdeckung der indigenen schriftlichen und archäologischen Überlieferung des Zweistromlandes neben den Werken griechisch-römischer Autoren (ROLLINGER 1999; 2008) die Hauptquelle europäischen Wissens um Babylon. Neben einigen Informationen über historische Zusammenhänge liefert sie bis heute vor allem diverse Babylonbilder, die ihren je eigenen geschichtlich en und kulturellen Hintergrund, ihre je eigenen Spielarten und ihr je eigenes Nachleben besitzen. Hauptsächlich als Wohn- und/oder Wirkort biblischer Gestalten (wie Kyros usw.), als Platz auffälliger und symbolisch aufgeladener Monumente (Turm zu Babel usw.) und als argumentativ verwendbares Symbol („Hure Babylon“; → Hurerei usw.) hat Babylon traditionsstiftend gewirkt. Es sei allerdings bereits hier ausdrücklich darauf hingewiesen, dass neben negativen Babylonbildern auch solche stehen, die dem Platz als Wohnort der jüdischen Exulanten heilsgeschichtliche Bedeutung zuweisen (Jeremia; jüdische Überlieferung). (SALS 2004; KRATZ 2006a, 28–39; KRATZ 2008; HERRMANN 2008. Zum Nachleben Babylons s. die Beiträge in: DALLEY 2006; FINKEL/SEYMOUR 2008; MARZAHN/SCHAUERTE 2008a; 2008b; CANCIK-KIRSCHBAUM/VAN ESS/MARZAHN 2011).
2 Historische Zusammenhänge
Historische Zusammenhänge, in denen Babel bzw. die Könige Babels eine Rolle spielen, sind nur in Ansätzen im AT erkennbar. Zu ihnen zählen: neben 1. der zweifachen Belagerung und Einnahme Jerusalems und ihren Resultaten (2 Kön 24,1–17; Ez 1,1–3; 17,12ff.; 2 Kön 25,7ff.; Jer 40,6–41,18; Ps 137 u.a.) und 2. dem diplomatischen Kontakt zwischen Marduk-apla-idinna (Merodach-baladan) und Hiskija am Ende des 8. Jh. (2 Kön 20,12–19; Jes 39) – der mit einer Untergangsprophetie verbunden ist – 3. die Vorgeschichte der ersten Belagerung und Einnahme Jerusalems (vor allem die Schlacht von Karkemisch, 605 v. Chr., 2 Kön 24,1.2.7; Jer 46,2ff.) sowie 4. Namen von babylonischen Funktionären (z.B. Nebusaradan in 2 Kön 25,8.11.20; Jer 39,9 u. ö.), von Königen oder Prinzen (Nebukadnezzar und Ewil-Merodach in 2 Kön 25,27; Belschazzar als Sohn Nebukadnezzars in Dan 5; 7,1; 8,1), von Göttern (Merodach und Bel in Jer 50,2; 51,44; Nebo in Jes 46,1) und von Orten (Tel-Abib: Ez 3,15). Neben den historischen Reminiszenzen sei auch noch an die ideen-, geistes- und kulturgeschichtlichen Einflüsse aus Babylonien erinnert, die sich etwa in Gen 1–11 widerspiegeln und große forschungs- und traditionsgeschichtliche Wirkungen zeitigten: den Babel-Bibel-Streit und den Streit um den Panbabylonismus (EBACH 1998; LEHMANN 1994; 1999).
3 Babylonbilder
Babel besetzt im AT folgende Themen (SALS 2004, 506): Es sind: {a} der gescheiterte Versuch, „sich einen Namen zu machen“ (Gen 11), {b} die Heimat von Unrechtmäßigkeit (Sach 5,11) und allem Bösen bzw. aller Frevler (Jes 13), {c} der Sitz eines Königs, der wie Gott sein will und umso tiefer stürzt und seine Stadt dem Vergessen preisgibt (Jes 14), {d} die gefallene Großmacht (Jes 21), die dennoch versklavt wird (Jes 47), {e} das Anti-Jerusalem und Sitz eines übermächtigen Königs (Nebukadnezzar, Jer 25), den doch das Gericht trifft (Jer 50–51).
In das Blickfeld der alttestamentlichen Überlieferung tritt Babylon mit dem Ende des Reiches Juda. In den verschiedenen Schichten des Buches Jeremia (SCHMID 1996) wird die durch den „Feind aus dem Norden“ (Babylonier/Nebukadnezzar) herbeigeführte Katastrophe für die „Tochter Zion“/„Tochter meines Volkes“ (Jer 6,23b–26), aber auch die gesamte umliegende Völkerwelt (Jer 46–49), geahnt und nach ihrem Eintritt als göttliches Gericht gedeutet (Jer 4,5f.) und zur Umkehr gemahnt (KRATZ 2006a, 31f., Anm. 17). Ursachen des Gerichts und des Erfolges des Werkzeuges JHWHs sind die fatale Bündnispolitik Judas (Jer 2,16ff. u. ö.) und ethische und kultische Verstöße gegen Gott und Gottes → Gesetz. Der „Feind aus dem Norden“ (Jer 6,1.22–23a) wird bald darauf nicht nur als Babel identifiziert (Jer 50–51), sondern ihm wird sogar der eigene Untergang angekündigt (Jes 13–14; Jer 50,41–43) – wobei Jer 50–51 eine Art „Summe der alttestamentlichen Babylonprophezeiungen entwirft“ (SALS 2004, 375–466; Zitat 506) – und der jüdische Gott sich dadurch einmal mehr als Herr des Geschehens erweist. Die Gerichtsansagen gegen Babel und die Chaldäer setzen die Erfolge der Meder (Jer 51,11.27f.; Jes 13,17; 21,2) bzw. des Teispiden Kyros, des „Manns aus fernem Lande“, gegen Medien, Urartu und Lydien (ROLLINGER 2009) voraus (Jes 41,2.25; 45,1–7; 46,11), dem letztlich auch – wider Erwarten und entgegen dem Wunsch der Exulanten – die unblutige Einnahme Babels gelingt. Die vom Vergeltungsgedanken bestimmten Babelorakel (vgl. Jes 47) machen die „Herrin der Reiche“ zur – der „Tochter Zion“ bzw. „Tochter meines Volkes“ ähnlichen – „Tochter Babel“ bzw. „Tochter der Chaldäer“, zur entehrten und des Ehemannes beraubten Frau, letztlich sogar zur „Hure Babylon“ (KRATZ 2006a, 34), die in der Offenbarung des Johannes schließlich zur Verkörperung der Weltstadt Rom werden wird (Offb 17–18 und s.u.). In Jes 49–54 und 60–62 erbt im Gegenzug das einstmals gedemütigte Zion-Jerusalem Babels Rolle als „Herrin der Reiche“ (KRATZ 2006a, 35; vgl. Offb 21). Anders in Jer: Dort trifft Babylon das Gericht erst mit einer Verzögerung von drei Generationen/70 Jahren (Jer 29,10), und mit demselben Verzug setzt auch die Heilszeit für die im Lande Verbliebenen und die Gola ein. Für die Zwischenzeit rät der Prophet den Judäern in der Heimat wie im → Exil zur Anerkennung der von Gott so gewollten Herrschaft Babels und seines Königs Nebukadnezzar. Babylon wird ins Gebet eingeschlossen, und die Exulanten sollen das fremde → Land als neue Heimat akzeptieren. In der weiteren Überlieferung des Jeremiabuches wird das Heil dann ausschließlich den Diasporajuden zugesprochen, und in den Daniellegenden (Dan 1–6) erkennt Nebukadnezzar um der Gola willen den Gott der Juden als herrschaftsverleihende Macht an (KRATZ 2006a, 35–38).
4 Die „Hure Babylon“
Dieses Bild – als Chiffre für verwerflichen Luxus, für Ausschweifung, Ausbeutung anderer Menschen und Verehrung fremder Götter, letztlich als Inbegriff für alles Böse, schließlich als Allegorie für das Imperium Romanum bzw. die Gegner der Gläubigen – speist sich aus verschiedenen Quellen: {a} den antik-paganen Darstellungen von Prostitution bzw. Tempelprostitution und Heiratsmärkten (Herodot)