"Mein Gott, was erwarten Sie denn von mir?"
"Schon Gut. Gehen wir wieder ins Wohnzimmer."
Er wandte ein wenig den Kopf und dann ging alles sehr schnell.
Ein Ruck ging durch seinen Körper. Er wollte die Rechte hochreißen, aber es war zu spät.
Zwei Schüsse kurz hintereinander abgefeuert trafen ihn im Oberkörper, rissen ihn nach hinten und ließen ihn dann der Länge nach zu Boden schlagen. Blut sickerte auf den kalten Kachelboden in der Küche.
22
"Er ist tot...", flüsterte Katja.
Thomas stand in der Tür und hielt in der Rechten immer noch die Pistole.
"Ja, wir haben Glück gehabt", meinte er dazu. Er wirkte kühl und beherrscht. "Ich bin ums Haus gegangen, weil ich meinen Hausschlüssel vergessen hatte. Du weißt, das passiert mir öfter. Deshalb habe ich ja auch den Ersatzschlüssel bei den Waschbetonsteinen. Tja, und dann habe ich Stimmen gehört!Wie kommt es, dass du schon zu Hause bist? Überstunden?"
"Ist doch jetzt unwichtig!", zischte Sie und verschränkte die Arme vor der Brust. Sie versuchte, die Leiche nicht anzusehen.
Wie durch einen Nebel hörte sie Thomas' Stimme. Es schien auf einmal die Stimme eines Fremden zu sein.
"Es war gut, dass du ihn hier her gelockt hast", sagte er. "Warum auch immer."
"Wegen der Waffe", gab sie Auskunft. "Er fragte, ob du sie bei dir hättest und ich wollte ihm einreden, dass du unbewaffnet wärst. Deshalb habe ich ihm die Sportpistole gezeigt."
Ein mattes Lächeln ging über Thomas' Gesicht. Er schien erleichtert.
"Clever bist du jedenfalls!", meinte er.
Katja fühlte Panik in sich aufsteigen.
"Was machen wir jetzt! Wir haben einen Toten hier und die ganze Nachbarschaft hat die Schüsse bestimmt gehört."
"Die Kirchbaums sind jedenfalls einkaufen."
"Woher willst du das wissen?"
"Weil Donnerstag ist und der Wagen nicht dort steht, wo er hingehört."
"Trotzdem. Wir sollten..."
"Die Polizei rufen?"
Sie nickte.
"Ja."
Thomas steckte die Pistole weg und näherte sich der Leiche.
Er blickte nachdenklich hinab.
"Ja, ich glaube auch", murmelte er dann. "Es war Notwehr.
Und dieser Kommissar Bremshey weiß ja, dass es jemand auf mich abgesehen hat. Komm, pack mit an!"
"Was?"
Sie glaubte fast, sich verhört zu haben.
"Ja, nun tu nicht so, als währst du schwer von Begriff! Wir müssen den Kerl noch etwas überzeugender drapieren, damit man uns unsere Story auch glaubt!"
Thomas beugte sich über den Toten, aber Katja zögerte.
Und plötzlich begriff sie. "Dich interessiert gar nicht, wer er ist!", stellte sie fest.
Thomas richtete sich wieder auf und musterte sie einen Moment lang. Dann zuckte er die Schultern.
"Doch, sicher interessiert mich das!"
Katja hatte unterdessen die Leiche umrundet und versuchte, den Helm zu lösen.
"Was machst du denn da?", rief Thomas. "Nichts anfassen, du hinterlässt doch nur Spuren!"
"Hilf mir mal bei diesem verdammten Helmvisier!"
"Warte, ich hol dir die Spülhandschuhe aus der Küche."
Er brauchte nicht lange.
"Gib her!", forderte Katja, aber er gab ihr die Gummihandschuhe nicht, sondern zog sie sich selbst über.
"Lass mich das machen!", meinte er dazu.
Er öffnete das Visier.
"Kennst du ihn?", fragte Katja.
"Nein", behauptete er.
Sie begann jetzt, sich an den Kleidern des Toten zu schaffen zu machen.
"Was soll das?", rief Thomas.
"Einen Pass hat er nicht bei sich!"
"Was hast du denn gedacht!"
"Warum sollte er keinen Pass bei sich haben! Er hat ja wohl nicht damit gerechnet, erschossen zu werden!"
Katja drehte den Toten halb herum und wurde in der Gesäßtasche fündig.
"Hier: der Führerschein. Jörn Brandes. Sagt dir der Name was?"
Thomas schüttelte den Kopf.
"Nein. Meine Güte, ich weiß gar nicht, was du jetzt so darin herumbohrst! Bei diesen Stasi-Schweinen ist doch der Name so falsch wie alles andere! Komm, jetzt lass uns mal überlegen, wie wir ihn hinlegen. Und unsere Aussagen, die müssen wir auch absprechen!
"Ja, ja...", murmelte sie.
23
Zwei Tage später saßen sie in Bremsheys ungemütlichem, zugigen Büro auf dem Polizeipräsidium.
Thomas tickte mit den Finger nervös auf der Stuhllehne herum. Katja hingegen saß stocksteif da und bewegte nicht einmal die Augenbrauen.
Mit einer schwungvollen Bewegung zog Bremshey das Protokoll aus der Schreibmaschine, wobei er eine Ecke abriss.
"So, das wär's, denke ich", meinte er, als er Thomas das Papier hinlegte. "Ich bräuchte hier noch eine Unterschrift von Ihnen."
Thomas atmete tief durch.
"Natürlich!", beeilte er sich dann, beugte sich vor und ließ sich von Bremshey dann einen Kugelschreiber geben, der allerdings nicht funktionierte.
Bremshey wühlte in der Schreibtischschublade herum und fand schließlich einen gelben Filzstift. "Man sieht es auf dem weißen Papier zwar nicht besonders deutlich, aber rechtsgültig ist es", murmelte er dazu.
Thomas schrieb.
Er krakelte ziemlich.
"Blöder Stift!", knurrte er und reichte dann