"Unsere Kollegen hatten von sämtlichen Wachleuten am Tatort Aussagen aufgenommen", stellte Milo fest. "Aber die deuten eher darauf hin, dass Ihre Leute überhaupt nicht im Bilde darüber waren, was sie da zu bewachen hatten - geschweige denn, dass irgendwie dafür ausgebildet gewesen wären!"
"Geheimhaltung ist in unserem Business alles, Sir!"
Milo wollte noch etwas erwidern.
Aber in diesem Moment betrat ein Mann im dunklen Anzug den Raum. Mercer stand auf. Er gab dem Mann die richterliche Verfügung. "Lesen Sie das, Harold!"
Der Anwalt brauchte nicht lange, um sich eine Meinung gebildet zu haben.
"Ich fürchte, Sie können nichts dagegen machen, Sir! Dies ist eine richterliche Durchsuchungserlaubnis."
"Heißt das, dass die hier alles auf den Kopf stellen könnten?", fragte Mercer ungehalten.
Harold nickte. "So ist es."
Ich sagte kühl: "Vielleicht sind Sie ja jetzt etwas kooperationsbereiter."
Mercer betätigte die Gegensprechanlage und wies seine Sekretärin an, uns ein Update der Personaldaten anzufertigen.
7
Der Mann, der sich Smith nannte, hatte eine Plastiktüte aus dem Handschuhfach genommen, den CX-Behälter dort hineingetan und ihn so auf den Beifahrersitz seines Chevys gelegt.
Der Regenmantel mit dem Schussloch lag auf dem Rücksitz.
Immer wieder blickte er in den Rückspiegel während sich sein Chevy durch den abendlichen Verkehr New Yorks quälte.
Ungefähr ein Dutzendmal bog er ab, fuhr über Einbahnstraßen im Kreis. Er musste sichergehen, dass ihm keiner folgte.
Zwei habe ich erledigt, ging es ihm durch den Kopf. Zwei!
Aber sie waren zu dritt...
Und der dritte Mann würde alles andere als erbaut darüber sein, wenn er mitbekam, dass seine beiden Komplizen von Kugeln durchlöchert in einem billigen Motelzimmer lagen.
Smith atmete tief durch.
Irgendwann, als er schließlich die Upper East Side erreicht hatte, bog er in eine kleine Seitengasse ein.
Die Häuserfronten ragten schroff empor.
An beiden Straßenseiten parkte ein Wagen hinter dem anderen. Schließlich fand Smith eine Lücke. Er brauchte einige Augenblicke, bis er den Chevy in die enge Lücke hineingefahren hatte.
Er nahm die Plastiktüte mit dem CX-Behälter und stieg aus.
Mit einer nachlässigen Bewegung schloss er den Wagen ab.
Er ging die Straße ungefähr fünfzig Meter zurück, blieb dann vor einem zehnstöckigen Gebäude stehen. Ein mattes Lächeln erschien auf seinem Gesicht, als er die Sprechanlage am Eingang betätigte. Eine Überwachungskamera richtete ihre Linse auf ihn.
"Guten Tag, was wünschen Sie?", fragte eine weibliche Stimme.
"Hier ist Smith. Ich werde erwartet!"
8
Am nächsten Morgen, als wir in Mr. McKees Büro saßen, lag der ballistische Bericht vor. Es stellte sich heraus, dass eine der Waffen, die bei dem Überfall auf das Gelände von MADISON GEN-TECH benutzt worden war, bereits in unseren Datenbanken verzeichnet war.
Es handelte sich um eine automatische Pistole vom Kaliber .45. Vor zwei Jahren war mit dieser Waffe ein Wachmann erschossen worden, der vor einem Waffen- und Munitionsdepot der Navy seinen Dienst getan hatte.
"Es blieb damals bei einem versuchten Überfall", erläuterte uns Agent Max Carter, ein Innendienstler der Fahndungsabteilung. "Einer der Täter wurde gefasst, die anderen entkamen. Zeugenaussagen zu Folge muss es sich um zwei oder drei Männer gehandelt haben, die versuchten, in das Depot einzudringen. Allerdings wurden sie offenbar entdeckt, bevor sie irgendetwas erbeuten konnten."
"Was ist mit dem, der damals gefasst wurde?", fragte Mr. McKee.
"Es handelte sich um einen gewissen John F. Monty", erklärte Carter. "Und der sitzt heute noch auf Riker's Island ein. Leider hat er seine Komplizen nie verraten."
"Vielleicht kommen wir trotzdem über diesen Monty weiter", meinte Agent Medina. Orry war indianischer Abstammung und bekannt dafür, immer wie aus dem Ei gepellt herumzulaufen. Er galt als der bestangezogendste G-man des Districts. Während er den Kaffeebecher zum Mund führte, lockerte er etwas die Seidenkrawatte.
"Vielleicht könnten Sie und Clive sich darum kümmern", meinte Mr. McKee. "Dass Monty damals nicht ausgesagt hat, um sich damit eine gnädigere Justiz zu verschaffen, muss ja schließlich seinen Grund haben. Vielleicht wird er oder jemand aus seiner Familie finanziell unterstützt... Was weiß ich!"
Orry nickte.
"Wir nehmen uns das Umfeld dieses Mannes mal vor", versprach er.
"Weiß man irgendetwas über die Motive, die Monty und seine Komplizen damals hatten?", fragte ich an Carter gewandt.
Dieser schüttelte den Kopf.
"Leider nein, Jesse.