Leitfaden Growth Marketing. Tomas Herzberger. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Tomas Herzberger
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Социология
Год издания: 0
isbn: 9783943666298
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erscheint für (einen Teil der) Kunden „irgendwie“ attraktiver als der Wettbewerb, sodass – unter ansonsten gleichen Bedingungen – die emotional geprägte Entscheidung zugunsten des Unternehmens ausfällt.

      3.Dem Markt ist bekannt, dass das Unternehmen – unter ansonsten gleichen Bedingungen – (wenigstens) ein entscheidendes Kundenbedürfnis entscheidend besser befriedigt als jeder entscheidende Wettbewerber. Mit anderen Worten: Das Unternehmen verfügt über einen entscheidenden Wettbewerbsvorsprung.

      Fall 1 (Marktkapazität kleiner als Nachfrage) ist komfortabel. Marketing kann kaum etwas „falsch“ machen. Das Unternehmen wird auch ohne „Marketing“ wachsen und gedeihen (allerdings nur so lange, wie die genannten Bedingungen erfüllt sind und kein entscheidender Wettbewerber über einen entscheidenden Wettbewerbsvorsprung verfügt). Sich darauf zu verlassen, dass man mit dem Markt mitwächst, ist daher kein sicheres Rezept dafür, nachhaltig zu florieren.

      Fall 2 (umkämpfter Markt) ist mühsam. Die Vorteile, die den Kunden durch Marketingaktivitäten suggeriert werden, sind substanzarm und sprechen den emotionalen Teil der Kaufentscheidung an. Der Wettbewerb setzt dieselben Mittel ein. Das Unternehmen befindet sich im „Kampf“ gegen den Wettbewerb. Wächst der Markt nicht oder langsamer als die im Markt verfügbare Kapazität, nimmt der Kampf immer weiter zu. Das Unternehmen lebt in einem „roten Ozean“ [3]. Es geht immer weniger um tatsächliche Kundenbedarfe, sondern immer mehr um emotionale Anteile. Einen Vorsprung auf diesem Gebiet aufzubauen und aufrecht zu erhalten, ist sehr anstrengend und aufwendig. In diesem Fall ist es ein hoffnungsloses Unterfangen, aus den vielen Möglichkeiten die „genau richtigen“ schlüssig auszuwählen.

      Fall 3 (entscheidender Wettbewerbsvorsprung) ist eine große Herausforderung und zugleich das einzig wirksame Szenario für ein nachhaltig florierendes Unternehmen. Wenn das Unternehmen über einen entscheidenden Wettbewerbsvorsprung verfügt, steht es außerhalb des Wettbewerbs. Es gestaltet einen neuen, wachsenden Markt. Das Unternehmen lebt in einem „blauen Ozean“ – so lange, bis ein Wettbewerber ebenfalls die erforderlichen Fähigkeiten erworben hat.

       Entscheidender Wettbewerbsvorsprung

      Die entscheidende Frage für die Fokussierung von Marketingaktivitäten ist daher: Verfügt das Unternehmen über einen entscheidenden Wettbewerbsvorsprung? Das heißt: Befriedigt das Unternehmen durch seine Leistungen und Produkte (wenigstens) ein entscheidendes Kundenbedürfnis entscheidend besser als dies jeder entscheidende Wettbewerber kann und will?

      •Ja? Dann kann Marketing sich darauf fokussieren, die Awareness im Markt (für das Kundenbedürfnis und die Leistungen des Unternehmens) zu erhöhen. Jedenfalls sofern das Unternehmen die für ein wachsendes Geschäft erforderliche Kapazität in anderen Unternehmensbereichen entsprechend aufbauen kann.

      •Nein? Dann muss Marketing sich darauf fokussieren, dem Unternehmen zu helfen, einen entscheidenden Wettbewerbsvorsprung aufzubauen und (anschließend) in lukratives Geschäft zu verwandeln (gleichzeitig sollte Marketing alle anderen Projekte unterlassen).

      Die Diskussion, ob das Unternehmen über einen entscheidenden Wettbewerbsvorsprung verfügt oder nicht, kann mühsam sein. Man räumt ungern ein, dass sich das Unternehmen „kaum“ vom Wettbewerb unterscheidet.

      Wie kann man zu einer pragmatischen Einschätzung gelangen, ob das Unternehmen über einen entscheidenden Wettbewerbsvorsprung verfügt oder nicht?

      •Zum einen durch Ausschluss: Die Fälle 1 und 2 sind leicht zu erkennen. Befindet sich das Unternehmen in einer dieser beiden Situationen, verfügt es eben nicht über einen entscheidenden Wettbewerbsvorsprung.

      •Zum anderen durch die Beantwortung der Frage: „Ist ‚Preis‘ ein entscheidender Faktor?“ Wenn ja, ist das Unternehmen dem Wettbewerb sehr ähnlich; es hat keinen entscheidenden Wettbewerbsvorsprung.

      Umfangreiche Erfahrungen zeigen für die meisten Unternehmen:

      •„Preis“ ist ein entscheidender Faktor.

      •Der Markt, in dem das Unternehmen agiert, ist „rot“.

      •Das Unternehmen hat keinen entscheidenden Wettbewerbsvorsprung.

       Königsaufgabe im Marketing: Wettbewerbsvorsprung erzeugen

      Anders formuliert: Die Königsaufgabe von Marketing besteht darin, dem Unternehmen zu helfen, einen entscheidenden Wettbewerbsvorsprung aufzubauen, diesen Vorsprung in lukratives Geschäft zu verwandeln und diesen Vorsprung aufrecht zu erhalten (in dieser Reihenfolge).

      Bevor man also die verschiedenen (aktiven und geplanten) Marketingaktivitäten und -projekte betrachtet, beantwortet man rigoros die Frage, ob das Unternehmen über einen entscheidenden Wettbewerbsvorsprung verfügt oder nicht. Abhängig von der Antwort auf diese Frage sind vollkommen unterschiedliche Marketingprojekte erforderlich (während die jeweils anderen Aktivitäten/Projekte dem Unternehmen schaden).

      Wenn das Unternehmen (noch) nicht über einen entscheidenden Wettbewerbsvorsprung verfügt, ist damit eine „bittere“ (aber vielleicht auch entlastende) Erkenntnis verbunden: (Fast) alle (aktiven und geplanten) Marketingprojekte sind (zum aktuellen Zeitpunkt) kontraproduktiv, sie helfen dem Unternehmen nicht signifikant weiter, vermutlich schaden sie sogar (indem sie Aufmerksamkeit und Ressourcen von den Aktivitäten abziehen, die das Unternehmen signifikant voranbringen würden).

      Die jetzt „richtigen“ Projekte sind:

      1.Identifikation entscheidender (nicht erfüllter) Kundenbedürfnisse.

      2.Finden von (verhältnismäßig schnell umsetzbaren) Veränderungen, durch die das Unternehmen die identifizierten Kundenbedürfnisse entscheidend besser befriedigen kann als jeder entscheidende Wettbewerber. Das heißt: Herausarbeiten, wie das Unternehmen den Kunden einen signifikant größeren Wert stiften kann als bisher.

      3.Entwicklung von Geschäftsmodellen – passend zum signifikant größeren Nutzen – für eine sinnvolle Auswahl der unter 2. entwickelten Ansätze.

      4.Entscheidungen, welche der unter 2. und 3. konzipierten „Business Innovationen“ realisiert werden sollen.

      5.Definition von Gates und Abbruchkriterien, um schnelles Lernen aus Realität zu ermöglichen.

      Wenn das Unternehmen dagegen bereits über einen entscheidenden Wettbewerbsvorsprung verfügt (was nur sehr selten der Fall ist), muss bei der Definition erforderlicher Marketingprojekte berücksichtigt werden, dass dem Unternehmen nun – aufgrund seines vorhandenen Vorsprungs – andere Marketinginstrumentarien zur Verfügung stehen (und genutzt werden sollten) als im „roten Ozean.

       Workload-Kontrolle

      Um Agilität zu ermöglichen, muss das Unternehmen also dafür sorgen, dass nur so wenig Projekte gleichzeitig aktiv sind, dass sie nicht mehr chronisch (womöglich aber temporär) um Managementaufmerksamkeit und Ressourcen konkurrieren. Dazu braucht das Unternehmen die Fähigkeit, zu entscheiden, welche Projekte jetzt notwendig sind und welche jetzt zurückgestellt oder gestrichen werden sollten. Da Managementaufmerksamkeit der Engpass des Unternehmens ist, sollte besonders auf die Konkurrenz um Managementaufmerksamkeit geachtet werden.

      Aus diesen Annahmen lassen sich zwei Schlussfolgerungen ziehen:

      •Je mehr Managementaufmerksamkeit in einem Projekt (voraussichtlich) erforderlich ist, damit es in Höchstgeschwindigkeit vorankommt, umso weniger Projekte können und sollten gleichzeitig realisiert werden.

      •Wenn zwei Projekte inhaltlich miteinander verbunden sind, sollten sie entweder zu einem Projekt verbunden werden oder nacheinander realisiert werden. Denn: Es ist sehr wahrscheinlich, dass zwischen den beiden Projekten sonst inhaltliche Widersprüche entstehen, die durch Einsatz von Managementaufmerksamkeit gelöst werden müssen, was Managementaufmerksamkeit verschwendet und so den Fortschritt aller Projekte und