Reilly und Sunfrost: Chronik der Sternenkrieger 8 Romane. Alfred Bekker. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Alfred Bekker
Издательство: Автор
Серия:
Жанр произведения: Научная фантастика
Год издания: 0
isbn: 9783956179884
Скачать книгу
nun erlebte, an der Grenze dessen, was er aushalten konnte, ohne das Bewusstsein zu verlieren.

      Nur das nicht!, durchzuckte es ihn. Sonst bin ich verloren!

      7

      Die Landung war hart. Nirat-Son hatte versucht, so gut es ging, den Fall mit dem Antigrav-Pak abzubremsen, aber das Gerät funktionierte nicht mehr einwandfrei. Vielleicht lag es daran, dass etwas von der ätzenden Flüssigkeit, die aus dem Maul des Vielbeiners herausgetropft war, der ihn von hinten angegriffen und sich für einige Augenblicke auf seinem Rücken festgekrallt hatte, in das Antigrav-Pak eingedrungen war. Außerdem erschwerten die unberechenbaren Böen die Regulierung des Antigravs.

      Die Landung war entsprechend unangenehm.

      Nirat-Son spürte einen Schmerz im linken Bein, kurz nachdem er unsanft aufgesetzt hatte. Die oberste, weiche Schneeschicht hatte nur sehr bedingt eine abbremsende Wirkung. Das Darunter war hart wie Stein.

      Nirat-Son rutschte ein Stück. Er spürte, wie das Ortungsgerät aus der Magnethalterung gerissen wurde, als er über den Boden rutschte.

      Benommen blieb Nirat-Son liegen. Der Kopfschmerz, der ihn während des Angriffs der Vielbeiner geplagt hatte, war wie weggeblasen. Nirat-Son blieb nicht viel Zeit um darüber nachzudenken, was diesen Schmerz nun eigentlich ausgelöst hatte, seinem Gefühl nach hatte es irgendetwas mit den Vielbeinern zutun, aber wie hätten sie einen solchen Schmerz auslösen können? Durch das Erzeugen elektrischer Felder?

      Die Medizin der Qriid verwendete solche Felder zur Peilung verschiedener Krankheiten. Ihr Einfluss auf biochemische Prozesse war durchaus bekannt.

      Er versuchte sich zu bewegen.

      Schließlich rappelte er sich auf und wurde beinahe durch den Sturm umgerissen. Das Antigravgerät auf seinem Rücken befand sich in einem deaktivierten Zustand. Die Schaltung reagierte nicht.

      Allmächtiger! Nur das nicht!, ging es ihm durch den Kopf.

      Immerhin war ihm der Hand-Traser geblieben. Er befestigte ihn an der Magnethalterung an seinem Gürtel.

      Dann bewegte er sich kriechend vorwärts um dem Wind einen geringeren Widerstand zu bieten. Irgendwo, ganz in der Nähe musste sich sein Ortungsgerät befinden. Darauf war er dringend angewiesen.

      Es dauerte eine ganze Weile, ehe er das Gerät endlich entdeckt hatte. Das Bein schmerzte. Er musste es sich beim Aufprall verstaucht haben und konnte nur hoffen, dass nichts gebrochen war.

      Nirat-Son schaltete das Ortungsgerät ein. Es funktionierte zum Glück noch. Er bestimmte seine gegenwärtige Position. Eigentlich hatte der Tanjaj gehofft, durch seinen Flug wenigstens etwas an Geländegewinn gemacht zu haben und seinem Ziel ein Stück näher gekommen zu sein.

      Aber das Gegenteil war der Fall.

      Er war weiter vom Beiboot entfernt als je zuvor.

       Allmächtiger, warum musst du mich dieser Prüfung unterziehen? Habe ich nicht die Tiefe meines Glaubens oft genug bewiesen? Brauchst du mich nicht noch zur Errichtung der Göttlichen Ordnung und als treuen Diener deines Stellvertreters?

      Die Luft drang eiskalt in die Lungen des Qriid ein. So kalt, dass es schmerzte und ihm wurde auf einmal bewusst, dass dieser Schleuderflug in die falsche Richtung, den er hinter sich hatte, beileibe nicht sein einziges Problem war.

      Die Thermokleidung! Sie ist defekt!, wurde es ihm klar. Die Heizfunktion war offenbar deaktiviert. Mochte es nun an den elektrischen Schlägen oder der ätzenden Flüssigkeit liegen, die das Innenleben des Gewebes zerstört hatte – für Nirat-Sons Überlebensfähigkeit hatte das keine Bedeutung.

      Ohne Thermokleidung und ohne ein funktionierendes Antigravaggregat standen seine Überlebenschancen bei Null.

      Bis der Sturm abgeflaut war und seine Tanjaj-Brüder ihn anpeilen und retten konnten, war von im wahrscheinlich nichts weiter als ein Eisklotz geblieben. Wenn nicht zwischendurch die Vielbeiner meiner Spur folgen und mich in einen unscheinbaren Kalkrückstand verwandeln!

      Nirat-Son sandte eine der üblichen Gebetsformeln an jenes höchste Wesen, in dessen Auftrag er zu handeln glaubte. Er wiederholte es immer wieder, einem Mantra gleich. Tanjaj lernten dies während ihrer Konditionierung. Der Erhaltung der psychischen Stabilität in Krisensituationen wurde in der Tanjaj-Ausbildung allerhöchste Priorität zugewiesen.

      Die Kälte drang nun zunehmend in seine Thermokleidung hinein. Ich werde mich bewegen müssen!, dachte er. Sonst bin ich in Kürze tot.

      Er überlegte, seinen Tanjaj-Nom zu verständigen, entschied sich dann aber dagegen. Was hätte es gebracht, Bras-Kon gegenüber einen Bericht abzugeben, der nichts anderes als die eigene verzweifelte Lage zum Inhalt gehabt hätte?

      Seine Tanjaj-Brüder hatten keine Möglichkeit ihn zu retten, solange der Sturm mit gleicher Stärke fortdauerte. Warum hätte er sie mit seiner Verzweiflung belasten sollen? Der einzige Grund, den es in seiner jetzigen Lage hätte geben können, hätte darin bestanden, wenn er seinen Tanjaj-Brüdern irgendeine wichtige, neue Erkenntnis über diesen Eisplaneten hätte vermitteln oder sie vor einer Gefahr warnen können.

      Aber das war nicht der Fall.

      Die Gefahr durch die Vielbeiner war Bras-Kon und seinen Tanjaj bekannt und Nirat-Son hoffte nur, dass sie sich darauf eingestellt hatten.

      Die Gedanken rasten jetzt nur so durch Nirat-Sons Hirn. Alles Mögliche mischte sich in einem bunten Kaleidoskop aus teils wirren Gedanken.

      Selbst der Gedanke an den sanft geschwungenen Schnabel der hübschen Eierlegerin Anré-Sé war darunter, in die er sich so unglücklich verliebt hatte.

      Ich bin tot!, dachte er. Tot, ohne mit einer Eierlegerin eine Brut geteilt zu haben, tot, ohne jemals mehr unter den Tanjaj gewesen zu sein als Rekrut…

      Nirat-Son versuchte, diese deprimierenden Gedanken so gut es ging zu verscheuchen.

      In geduckter Haltung kämpfte Nirat-Son gegen den Wind an, wurde manchmal von ihm getrieben, taumelte vorwärts, fiel zu Boden und rappelte sich wieder auf. Den Schmerz in seinem Bein versuchte er zu ignorieren, was ihm mit zunehmender Kälte immer leichter fiel.

      Das Antigrav-Pak ließ er zurück.

      Es war jetzt nur noch eine unnütze Belastung.

      Nirat-Son spürte, wie langsam die Kraft aus ihm wich. Seinen rechten Krallenfuß spürte er schon gar nicht mehr. Die Kälte durchdrang nach und nach alles und ließ ihn bis ins Mark frieren. Er zitterte.

      Ich bin bereit, dachte er irgendwann, als er schon glaubte, langsam denk klaren Verstand zu verlieren und in den Tod hinüberzudämmern. Ich bin bereit, mich dem Gericht zu stellen.

      Er sank zu Boden.

      Die nach hinten geknickten Knie berührten den Schnee.

      Welchen Sinn hatte es noch, sich wieder aufzurappeln? Waren die verbleibenden Kräfte nicht sehr viel sinnvoller in ein Gebet investiert? Aber die Religion der Qriid verbot den Selbstmord. Und war ein vorzeitiges Aufgeben nicht auch eine Art von Selbstmord?

      Also kroch er vorwärts. Die Kraft, sich auf die Beine zu stellen und gegen den Wind zu behaupten, hatte er nicht mehr.

      Das Gefühl für Zeit ging vollkommen verloren. Die Kälte tötete nach und nach jede Empfindung.

      Der Schneefall ließ nach, die vom Ortungsgerät aufgezeichnete Windgeschwindigkeit hingegen nicht. Sie nahm sogar noch zu.

      Die Bewegungen, mit denen er seinen Körper auf allen Vieren voranschleppte, wurden immer schwächer und er ertappte sich bei einem Gedanken, den er niemals einem Priester hätte offenbaren dürfen. Wenn ich bei den Vielbeinern geblieben wäre, dann hätte ich jetzt bereits alles hinter mir!

      Dann stoppte er in der Bewegung. Er starrte durch seine auf Infrarot-Modus geschaltete