Reilly und Sunfrost: Chronik der Sternenkrieger 8 Romane. Alfred Bekker. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Alfred Bekker
Издательство: Автор
Серия:
Жанр произведения: Научная фантастика
Год издания: 0
isbn: 9783956179884
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unterbrach er die Verbindung.

      Nirat-Son war wieder allein in dem Sturm, dessen Intensität noch immer zunahm.

      Eine Böe erfasste ihn und schleuderte ihn empor. Einen Augenblick später geriet er in ein Windloch und fiel wie ein Stein zu Boden. Nur der Antigrav rettete ihn davor, dort mit aller Härte aufzuprallen.

      Nirat-Son landete einigermaßen weich.

      Der Sturm war einfach zu heftig, um sich weiter fliegend fortbewegen zu können.

      Stattdessen nahm der Qriid an den Steuerfunktionen des Aggregats ein paar Modifikationen vor. Auf diese Weise sorgte er dafür, dass er an den Boden gedrückt und nicht einfach fortgeschleudert wurde. Die physikalischen Daten des Sturms überstiegen mittlerweile alles, was er von Qriidia kannte.

      Eine Weile harrte Nirat-Son aus.

      Schnell bildete sich um ihn herum eine Schneewehe. Der Niederschlag verstärkte sich noch. Es fielen jetzt dicke, nasse Flocken, die offenbar in höheren, von einem Warmlufteinbruch gekennzeichneten Luftschichten erzeugt worden sein mussten.

      Die Anzeigen, die Nirat-Sons Ortungsgerät lieferten, stützten diese These – wobei der Begriff Warmluft natürlich sehr relativ war. Die Temperatur lag auch dort deutlich unter dem Gefrierpunkt.

      Wenn du diese Öde nicht mehr lebend verlassen solltest, so kannst du immerhin sagen, dass du deinen Auftrag erfüllt hattest, bevor du gestorben bist, wenn du vor deinen Richter trittst!, ging es Nirat-Son durch den Kopf. Zwar war die Gefahr, vom Sturm einfach davon gefegt zu werden so lange gebannt, wie der Energiestatus seines Antigravpaks es erlaubte, ihn sicher am Boden zu halten, aber schließlich war dies ja nicht die einzige Gefahr, die hier draußen lauerte, wie das Schicksal der Gruppe von Re-Lim ihm eindrucksvoll vor Augen gehalten hatte.

      Er überprüfte sicherheitshalber den Ladestatus seines Hand-Trasers und schaltete ihn auf die höchste Intensitätsstufe, um sich dadurch gegen einen eventuellen Angriff der ellipsoiden Vielbeiner vorzubereiten. Nirat-Son wusste zwar nicht, nach welchen Kriterien sie ihre Opfer auswählten und ob sie sich bei diesen Wetterverhältnissen nicht vielleicht eher in die Tiefe des Eispanzers zurückzogen. Schließlich schien da ihr eigentlicher Lebensraum zu sein.

      Da er nichts über ihr Verhalten wusste, musste er jederzeit darauf gefasst sein, dass sie an die Oberfläche schnellten und versuchten ihn zu töten. Qriid-Fleisch scheint ihnen geschmeckt zu haben!, dachte Nirat-Son grimmig. Gott muss diese Kreaturen geschaffen haben, um den gläubigen Tanjaj zu prüfen…

      4

      Bevor Nirat-Son vollkommen eingeschneit worden war, erhob er sich und setzte seinen Weg fort. Der Antigrav hielt ihn dabei am Boden und bewahrte ihn davor, einfach weggefegt zu werden. Dafür musste er in Kauf nehmen, dass er nur schleppend vorankam. Er hatte das Gefühl, eine Zentnerlast tragen zu müssen. Die Krallenfüße fühlten sich an, als hätte man die hohlen Vogelknochen mit Blei ausgegossen.

      Die Zeit, die sein Ortungsgerät dafür errechnete, wenn er in diesem Tempo die KLEINE KRALLE zu erreichen versuchte, war deprimierend. Auf jeden Fall reichte der Energiestatus seines Antigravpaks nicht lange genug. Immerhin brauchte er im Hinblick auf seinen Thermoanzug keinerlei Bedenken zu haben. Die Heizfunktion konnte noch fast einen Qriidia-Monat lang aufrechterhalten werden, sofern die Temperaturen ein gewisses Maß nicht unterschritten.

      Mühsam schleppte sich Nirat-Son vorwärts, während der Wind an ihm zerrte.

      Es war so dunkel geworden, dass man fast glauben konnte, dass es bereits Nacht war.

      Der gerade gefallene Schnee wurde aufgewirbelt und verhinderte jede Sicht über ein Maß von wenigen Körperlängen hinaus.

      Ein innerer Instinkt brachte den Qriid dazu, stehen zu bleiben und den Kopf zu wenden. Hatte es da nicht eine winzige, in all dem Chaos nur minimal sichtbare Bewegung gegeben? War da nicht etwas?

      Der 270 Grad Rundumblick, den ihm seine Qriid-Augen erlaubten, hatte den Vorteil eines sehr großen Gesichtsfeldes. Allerdings war die räumliche Sicht im Vergleich zu anderen Spezies ziemlich schlecht. So konnte er kam einschätzen, in welcher Entfernung er diese Bewegung gesehen hatte.

      Er schnellte herum und hatte den Hand-Traser in der Hand.

      Prophylaktisch schoss er einen breiten Streustrahl ab, dessen Intensität wahrscheinlich nicht genug war, um einen der zähen Vielbeiner töten zu können, aber wenigstens einen hinhaltenden Effekt haben würde.

      Zischend streifte der Traserstrahl den Schnee und verdampfte ihn.

      Eine Furche wurde zurückgelassen, als Nirat-Son die Körperhaltung veränderte und den Lauf des Trasers nach rechts schwenkte.

      Er sog die kalte Luft ein, deren Temperatur durch einen Atemfilter seiner Thermokleidung auf Werte gebracht wurde, die eine sofortige und schwere Entzündung des Schnabel- und Halsbereichs verhinderten.

      Da war nichts!, erkannte er schließlich. D u bist auf dem Weg ein Opfer deiner Furcht zu werden. Und Furcht ist immer ein Zeichen mangelnden Gottvertrauens. Du solltest dringend beten und ein spirituelles Reinigungsritual durchführen, wenn du in dieser Ödnis nicht den Verstand verlieren willst!

      Vielleicht, so wurde es dem Tanjaj nach und nach klar, lauerten die größten Gefahren hier draußen gar nicht unter dem Eis, sondern hinter dem eigenen Schädelknochen.

      5

      Das Feuer brannte inmitten der Kapitänshütte, in der Magoon zusammen mit seiner Gefährtin, seinen Kindern und einigen anderen Verwandten vor dem Sturm Zuflucht gesucht hatte. In der Mitte der Hütte brannte ein Feuer. Die dunklen Karbonknollen, die es in Brandt hielten, glühten auf. Brennstoff war glücklicherweise eines der wenigen Dinge, die unter den J’arakor wohl niemals knapp wurden, zumindest so lange es Treiber gab, die geschickt genug waren, um Vielbeiner dazu abzurichten, sich in die Tiefe bis zu dem Ozean durchzubeißen, auf dessen Eispanzer sie lebten. Die Vielbeiner stiegen dann in die Tiefe hinab und holten die Karbonknollen vom Meeresgrund empor. Man musste nur wissen, wo sich diese Karbonfelder befanden und wo der Eispanzer dünn genug war, dass sich die Vielbeiner innerhalb einer vertretbaren Zeitspanne auf den Weg in die Tiefe machen konnten und sich nicht so weit entfernten, dass die Treiber die Kontrolle über sie verloren.

      Schwieriger war es schon, die langen karbonhaltigen Pflanzenfasern an die Oberfläche zu bringen, aus denen die Eissegler gefertigt wurden. Dazu bedurfte es schon des ganzen Talents der Treiber, denn auf sich gestellt wären die Vielbeiner, auch wenn sie es gewollt hätten, nicht intelligent genug gewesen, um einen festen Karbonstamm durch den Eispanzer zu bringen.

      Neben dem Feuer waren die Stücke aufgehäuft, die man von den Fremden erbeutet hatte, nachdem die Vielbeiner sie skelettiert und sich an ihrem Fleisch gütlich getan hatten. Einige vorwiegend rohrförmige, leicht gebogene Stücke waren darunter. Sie bestanden aus Metall und vermochten tödliche Strahlen auszustoßen, wie man aus dem ersten Zusammentreffen mit den vogelartigen Fremden sehr wohl wusste. Allerdings wusste man nicht, wie diese Strahlen ausgelöst oder gebändigt werden konnten.

      Bei den anderen Geräten handelte es sich um Schutzbrillen für die Augen, auf denen Bilder und Zeichen erschienen sowie kleine quaderförmige Geräte mit glatter Oberfläche. Außerdem gab es noch Reste ihrer Kleidung, die sich vielleicht noch verwenden ließen und Geräte, die wie ein Rucksack getragen wurden und von denen Magoon glaubte, dass sie die Vogelköpfigen dazu befähigten, sich in die Lüfte zu erheben.

      Alles Dinge, die uns nützen könnten!, dachte er. Warum sollte es nicht auch uns gelingen, die Funktionsweise dieser Maschinen zu verstehen? Sind wir dümmer als die Schnabelträger? Ich glaube kaum…

      „Es ist Frevel gegen die SEELE ALLER, diese Dinge aufzubewahren!“, drang eine weibliche Stimme an Magoons Ohr. Sie gehörte seiner Gefährtin Katreen, die es von Anfang an verurteilt hatte, dass Magoon diese Gegenstände sichergestellt hatte, nachdem es mit den Fremden erneut zu einem Konflikt