Jenny Marx. Marlene Ambrosi. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Marlene Ambrosi
Издательство: Автор
Серия:
Жанр произведения: Биографии и Мемуары
Год издания: 0
isbn: 9783942429559
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bekam weitere Geschwister: Am 16. März 1817 wurde Helena Laura Cecilia Charlotte Friederike geboren und am 26. März 1819 Gerhard Julius Oscar Ludwig Edgar. Ansonsten ist wenig bekannt über Jennys erste Lebensjahre. Als Vierjährige litt sie unter „einer Kopfkrankheit“, „einem fatalen Ausschlag“, der immer wieder ausbrach und mit den Mitteln der Zeit bekämpft wurde. Der Vater beschrieb in einem Brief an die Geheimrätin von Asseburg, bei der seine Tochter Lisette lebte, die Prozedur: „Bei der armen reizbaren Jenny beschränken wir uns auf das Herausziehen mit der Pincette und auf öfteres Einsalben mit Butter, Schwefel, Lauge und Waschen mit schwarzer Seife.“ 1 Kein Wunder, dass sie auf diese Behandlungsmethode äußerst unwirsch reagierte. Wenn man sie nicht solchermaßen quälte, war sie, wie der Vater wiederum Frau von Asseburg berichtete, ein Prachtkind: „Jenny ist sehr possierlich und macht uns viel Spaß; sie singt recht niedlich und spricht … – ein ganz undeutsches Kauderwelsch, was sie nur von der Dienerschaft gelernt haben kann, da sie wegen ihres Ausschlages gar nicht mit anderen Kindern Gemeinschaft hat und fast nicht aus dem Hause kommt.“ 2 Das belastete das kleine Mädchen wenig. Sie war ein glückliches Kind, das im Mittelpunkt der Familie stand und genügend Gesellschaft hatte.

      Klein-Jennys fröhliches, unbeschwertes Leben wurde durch eine Krankheit ihrer jüngeren Schwester jäh unterbrochen. Tage, vielleicht auch Wochen lang erlebte sie als Siebenjährige die wachsenden Sorgen um die kleine Schwester, die Hoffnungen und die Hilflosigkeit der Eltern. Am 3. April 1821 starb Laura mit vier Jahren an Stickhusten und schleichendem Fieber. Jenny vermisste ihre Spielkameradin und schloss sich nun noch inniger dem kleinen Bruder Edgar an.

      Der Vater widmete ihr gerne seine Zeit, schließlich war sie die einzige Tochter, die bei ihm aufwuchs, deren Größerwerden er erleben durfte. Er vermittelte dem wissbegierigen Kind erste Kenntnisse in Lesen und Schreiben und als „Halbschotte“ war er daran interessiert, dass seine Kinder seine Muttersprache lernten.

      Ob Jenny eine Schule besuchte, ist unbekannt. Die 1. Evangelische Pfarrschule in Trier kam für das adlige Fräulein nicht in Frage, da nur ein Lehrer für 100 Schülerinnen zuständig gewesen sein soll. Die Erziehungs- und Bildungsanstalt von Mme. de Staël oder das Institut von Thekla Bochkoltz schienen geeigneter, aber vermutlich blieb sie zu Hause, zumal die Schulpflicht nur für Jungen galt. Später durfte sie vielleicht dem Unterricht beiwohnen, der Bruder Edgar von einem Hauslehrer erteilt wurde. Es war nicht ungewöhnlich in Familien von Stand, die Töchter an den Privatstunden für die Jungen teilnehmen zu lassen und häufig lernten die Mädchen besser die Lektionen, waren wissensdurstiger als die jungen Herren, die zukünftigen Herrscher über Familie und Staat.

      Jenny wurde laut Kirchenbuch zu Trier am 30. März 1828 in der heutigen Jesuitenkirche konfirmiert. Ihr Konfirmationsspruch lautete: „Ich lebe, aber doch nun nicht ich, sondern Christus lebt in mir“. Ein Motto, das man auf ihr späteres Leben übertragen kann, nur atheistisch verfremdet mit Karl Marx als Bezugsperson.

      Traditionsgemäß war das Leben einer jungen adligen Frau ausschließlich auf Heirat, Kindergebären und Repräsentieren ausgerichtet und entsprechend wurde die Baronesse von Westphalen erzogen und unterrichtet. Lesen, Schreiben, Singen, Klavierspielen, Handarbeiten und Konversation auf Französisch und Englisch waren die Fertigkeiten, in denen man junge Damen von Stand unterwies. Mädchen erhielten keine Ausbildung, um eine Grundlage zum selbständigen Lebensunterhalt zu erlangen; dieser Gedanke war abwegig. Die Existenzsicherung war Aufgabe des Mannes.

      Bruder Edgar und Karl Marx, die seit 1830 das Gymnasium zu Trier besuchten, das heutige Friedrich-Wilhelm-Gymnasium, verbrachten ihre Freizeit gerne mit Ludwig von Westphalen. Da auch Jenny sich für alles Wissenswerte interessierte und klug argumentierte, brachte es der Vater nicht übers Herz, sie aus dem männlichen Kreise zu verbannen. Ein kleiner Trost, denn trotz aller Belesenheit, Kritikfähigkeit und genialer Geistesblitze konnte Jenny von Westphalen aufgrund ihres Frauseins weder gymnasiale noch universitäre Bildung erlangen.

      Politische Sozialisation in der Grenzstadt Trier

      Ludwig von Westphalen war dienstbeflissen und loyal, aber er gehörte nicht zum Typus des bornierten, stockkonservativen Staatsbeamten; im Gegenteil, er glaubte, dass es für seinen Staat gut sei, sich nicht der gesellschaftlichen Entwicklung entgegenzustellen, sondern den Bürgern Mitspracherechte zuzugestehen. Hatten nicht die Befreiungskriege gezeigt,