Big Ideas. Das Ökologie-Buch. John Farndon. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: John Farndon
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Изобразительное искусство, фотография
Год издания: 0
isbn: 9783831082698
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kam Balanus mit der Austrocknung in der oberen Gezeitenzone bei Niedrigwasser nicht klar. Connell entfernte dann die Balanus-Population aus der unteren Zone und stellte fest, dass sich Chthamalus ansiedelte. Beide Arten konnten in der unteren Zone leben, aber nur eine in der oberen Zone. Demnach kam Chthamalus besser mit den härteren Verhältnissen in der oberen Zone zurecht, wurde aber im unteren Bereich von Balanus verdrängt. Die Fundamentalnische von Chthamalus (wo diese Art überleben kann) umfasste beide Zonen, aber die Realnische (in der die Art tatsächlich lebt) war begrenzter.

      »[Connells] Studien … haben unser Verständnis der Mechanismen vertieft, die die Dynamik von Populationen und Gemeinschaften, die Artenvielfalt und die Demografie formen.«

      Stephen Schroeter Ozeanologe Konferenzvortrag, August 2010

       Forschung zu Diversität

      In den frühen 1970er-Jahren fanden Connell und der US-Amerikaner Daniel Janzen eine Erklärung für die Vielfalt an Bäumen in tropischen Regenwäldern: die Janzen-Connell-Hypothese. Connell kartierte zwei Regenwälder in North Queensland (Australien) und stellte fest, dass die Jungpflanzen meist weniger erfolgreich waren, wenn ihr nächster Nachbar von derselben Art war. Jede Art leidet unter spezifischen Pflanzenfressern und Krankheiten, die auch auf schwächere Individuen in der Nähe übergehen. Dies verhindert, dass sich Gruppen gleicher Bäume bilden.

      1978 stellte Connell die Intermediate Disturbance Hypothesis (IDH, Hypothese mittlerer Störungsintensität) auf. Nach ihr verringern hohe wie niedrige Störungsintensitäten die Artenvielfalt in einem Ökosystem, die größte Vielfalt besteht zwischen diesen Extremen. Mehrere Studien stützen die IDH. So wurde vor Westaustralien die Wirkung von Störungen durch Wellen erforscht: Die Artenvielfalt war sowohl an geschützten als auch an stark exponierten Stellen am geringsten. image

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      MEHR NEKTAR HEISST MEHR AMEISEN UND MEHR AMEISEN HEISST MEHR NEKTAR

      MUTUALISMUS

       IM KONTEXT

      SCHLÜSSELFIGUR

      Daniel Janzen (*1939)

      FRÜHER

      1862 Charles Darwin meint, dass eine afrikanische Orchidee mit tiefem Blütenboden von einer Motte mit langem Rüssel bestäubt wird.

      1873 Der belgische Zoologe Pierre-Joseph van Beneden verwendet als Erster das Wort »Mutualismus« im biologischen Kontext.

      1964 Die US-Amerikaner Paul Ehrlich und Peter Raven verwenden erstmals den Begriff »Koevolution« für das mutualistische Verhältnis zwischen Schmetterlingen und ihren Nahrungspflanzen.

      SPÄTER

      2014 Forscher erkennen einen Drei-Wege-Mutualismus bei Faultieren, Algen und Motten.

      Es gibt verschiedene Formen von Interaktion zwischen Lebewesen. Zum Beispiel kann eine Art benachteiligt sein, wenn mehrere Arten um die gleichen Ressourcen konkurrieren. Symbiosen (im weiteren Sinn) sind dagegen ein »Zusammenleben« verschiedener Organismen. Eine weitere Beziehungsform, der Kommensalismus, ist für eine Art vorteilhaft, für die andere weder von Vorteil noch von Nachteil. Dagegen profitieren beim Mutualismus (Symbiose im engeren Sinn) beide Arten.

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      Die Feigenwespe und die Feige bilden einen komplexen Dienstleistung-Ressourcen-Mutualismus, bei dem die Wespe die Bestäubung durchführt und die Feigenpflanze einen sicheren Ort für die Eier bereitstellt.

       Der Baum und die Ameisen

      Mitte der 1960er-Jahre stieß Daniel Janzen, ein junger US-amerikanischer Ökologe, auf den verblüffenden Mutualismus zwischen Akazien und Ameisen in Ostmexiko. Er erforschte als Erster eine solche Interaktion im Detail. Die Partner sind die Flötenakazie und Ameisenarten, die in den kugelig erweiterten Dornen des Baums leben. Die Ameisenkönigin sucht eine unbesiedelte Jungpflanze, schneidet ein Loch in einen der Dornen und legt Eier hinein; manchmal verlässt sie den Dorn, um den Nektar des Baums zu trinken. Die Larven ernähren sich von den Blattspitzen der Akazie, die viel Zucker und Proteine enthalten. Durch Metamorphose entwickeln sie sich zu Arbeiterameisen. Mit der Zeit werden alle Dornen des Baums von einer Kolonie mit bis zu 30 000 Ameisen besiedelt.

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      Ameisen und ihre Larven verbergen sich in den vergrößerten hohlen Dornen der ostafrikanischen Flötenakazie. Im Gegenzug verteidigen die Ameisen den Baum gegen Pflanzenfresser.

      Janzen zeigte, dass Akazien ohne Ameisen, die sie verteidigen, schnell von Insekten befallen werden, die ihre Blätter, Stämme, Blüten und Wurzeln fressen. Ohne Ameisen sind Akazien innerhalb von Monaten bis eines Jahres abgefressen und sterben. Da sie zudem langsamer wachsen, werden sie öfter von konkurrierenden Bäumen beschattet. Janzen schnitt Dornen ab und verbrannte Sprosse, um die Ameisen zu entfernen, doch die siedelten sich immer wieder an, sobald Dornen nachwuchsen.

      Im Austausch für Nahrung und Unterkunft liefern die Ameisen zwei »Dienstleistungen«: Sie verteidigen den Baum gegen blattfressende Insekten und sie fressen die Jungpflanzen der Umgebung, also die potenziellen Konkurrenten. Janzen bezeichnete die Akazien und ihre Ameisen als »obligatorische Mutualisten«: Beide Arten würden jeweils ohne die andere sterben. Werden die Ameisen entfernt, kann sich die Flötenakazie nicht mehr verteidigen. Und ohne Akazien haben die Ameisen keine Heimat.

       Vorteile für alle

      Es gibt zwei Formen von Mutualismus: Dienstleistung gegen Dienstleistung und Dienstleistung gegen Ressourcen. Was der eine Partner dem anderen liefert – Ressourcen oder Dienstleistungen –, ist oft für das Überleben wichtig. Ein Austausch von Dienstleistungen gegen Ressourcen kommt in der Natur häufig vor. Weit verbreitet ist die Bestäubung von Blüten durch Schmetterlinge, Motten, Bienen, Fliegen, Wespen, Käfer, Fledermäuse oder Vögel. Die Blüte stellt Ressourcen (Nektar) bereit, das Tier die Dienstleistung (Bestäubung). Geschätzt wird, dass ungefähr drei Viertel der Blütenpflanzen (170 000 Arten) von 200 000 Tierarten bestäubt werden. Meistens wird ein Insekt von der Farbe oder dem Duft der Blüte angezogen und trinkt den Nektar oder frisst Pollen. Dabei bleibt etwas Pollen am Insekt hängen, wird zur nächsten Blüte transportiert und dort abgelegt. Die Pflanze und der Bestäuber haben sich gemeinsam evolutionär entwickelt, sodass das System effizient funktioniert.

      Andere Pflanzen haben eine Dienstleistung-Ressourcen-Beziehung mit Vögeln oder Säugetieren entwickelt, um Samen, Früchte oder Sporen zu verteilen. So können sich Samen im Fell eines Säugetiers, das Blätter frisst, verhaken; wenn es weiterwandert, verteilt es diese. Der üble Gestank der Stinkmorchel zieht Fliegen an, die den Schleim des Pilzes auflecken, wobei Sporen an ihnen haften bleiben, um verteilt zu werden. Wenn ein Vogel Früchte frisst, nimmt er Samen auf; da sie unverdaubar sind, werden sie später in großer Entfernung mit dem Kot ausgeschieden. In diesen Fällen liefert die Pflanze eine Ressource (Nahrung) und das Tier eine Dienstleistung (Transport).

      »Es gibt gegenseitige Hilfe bei vielen Arten.«

      Pierre-Joseph van Beneden Belgischer Zoologe Über das soziale Leben niederer Tiere (Vortrag), 1873

      Nicht an allen mutualistischen Wechselbeziehungen sind Pflanzen beteiligt. In Afrika praktizieren Madenhacker, eine Vogelgattung, und weidende Säugetiere