Wie Waldsängerarten koexistieren
Fünf Waldsängerarten können sich einen Baum teilen, weil jede Art ihre eigene Nische hat. Da die Nischen sich kaum überlappen, konkurrieren die Arten nicht.
Das Eichhörnchen ist kleiner als das Grauhörnchen und hat speziellere Ansprüche. Und es wird durch das Parapoxvirus getötet, das Grauhörnchen übertragen, ohne zu erkranken.
Konkurrenzvermeidung
Die meisten Lebewesen können mit den zum Überleben nötigen Veränderungen zurechtkommen. Im Garten lebt eine Vogelvielfalt, weil sie verschiedene Nischen besetzen. Ihre Schnäbel sind verschieden groß und unterschiedlich geformt, sodass sie verschiedene Arten von Nahrung aufnehmen können: Rotkehlchen fressen Insekten und Finken Samen. Auch der Lebensraum und die aktive Zeit variieren; eine solche Ressourcenaufteilung heißt ökologische Sonderung.
1957 stellte Robert MacArthur das Phänomen bei den nordamerikanischen Waldsängern fest. Er sah fünf Arten, jeweils mit eigener auffälliger Färbung, um Nadelbäume herumfliegen und Insekten fressen. Sie konnten in einem Habitat koexistieren, weil sie nicht im gleichen Bereich, sondern in verschiedenen Höhen oder Astabschnitten nach Nahrung suchten. So bestand keine Konkurrenz.
»Wir wollen zu diesem Zweck einen künstlichen Mikrokosmos herstellen … wir füllen ein Reagenzglas mit Nährmedium und setzen mehrere Arten von Protozoen ein, die die gleiche Nahrung konsumieren oder sich gegenseitig auffressen.«
Georgi Gause The Struggle for Existence, 1934
Ein invasiver Konkurrent
Oft wird es problematisch, wenn eine fremde Art plötzlich in ein Ökosystem gelangt. Eichhörnchen und Grauhörnchen sind ein Beispiel dafür. Grauhörnchen wurden um 1870 aus Amerika nach England eingeführt. Beide Arten konkurrieren um Nahrung und Lebensräume; das einheimische Eichhörnchen geriet unter Druck. Grauhörnchen sind im Vorteil, weil sie die Ernährung besser anpassen können. So fressen sie auch grüne Eicheln, während Eichhörnchen nur ausgereifte verdauen können. Im gleichen Waldgebiet dezimieren Grauhörnchen damit die Nahrung, bevor Eichhörnchen zu fressen beginnen. Grauhörnchen leben auch in höherer Dichte in vielfältigeren Habitaten und überleben leichter, wenn Wälder abgeholzt werden. Daher drohte das Eichhörnchen in Großbritannien auszusterben.
Typen der Konkurrenz
Das Konkurrenzausschlussprinzip betrifft zwei Haupttypen von Wettbewerb. Intraspezifische Konkurrenz findet zwischen Individuen einer Art statt, sodass nur die gesündesten oder die an die Umwelt am besten angepassten Individuen sich fortpflanzen. Bei der interspezifischen Konkurrenz kämpfen verschiedene Arten um die gleichen Ressourcen. Wichtig sind dabei »limitierende Ressourcen«, die beide Arten unbedingt benötigen und die ihre Vermehrung begrenzen. Ökologen treffen eine weitere Unterscheidung: Bei der Interferenz-Konkurrenz oder Konkurrenz durch Störung stehen Tiere direkt miteinander im Wettbewerb, etwa um Partner oder um Nahrung. Ausbeutungs-Konkurrenz verläuft indirekt: Ein Konkurrent reduziert die Ressource so stark, dass sie dem anderen fehlt; ein Beispiel dafür sind Pflanzen, die bei der Wasser- oder Nährstoffaufnahme effizienter sind als ihre Nachbarn.
DIE ERGEBNISSE AUS FORSCHUNG IM FREIEN KÖNNEN MEHR ALS NUTZLOS SEIN
FREILANDEXPERIMENTE
IM KONTEXT
SCHLÜSSELFIGUR
Joseph Connell (*1923)
FRÜHER
1856 John Lawes und Joseph Gilbert beginnen das Park Grass Experiment in Rothamstead (England), um zu testen, wie Dünger den Ertrag von Heuwiesen beeinflusst.
1938 Der Franzose Harry Hatton führt das erste meeresökologische Freilandexperiment durch: mit Seepocken an der Küste der Bretagne.
SPÄTER
1966 Der US-Amerikaner Robert Paine entfernt den Seestern Pisaster ochraceus aus Gezeitentümpeln am Pazifik, um zu erforschen, wie andere Arten darauf reagieren.
1968 In Ontario (Kanada) wird die Experimental Lakes Area (ELA) aus 58 Seen begründet, um die Folgen von Eutrophierung (Nährstoffanreicherung) zu erforschen.
Experimente sind essenziell in der Ökologie. Ohne sie wären unsere Vorstellungen darüber, warum sich Lebewesen so verhalten, wie sie es tun, Spekulation. Sorgfältige Beobachtung ist ebenfalls wichtig, doch meistens sind Experimente nötig, um das Beobachtete zu verstehen.
Mit drei zentralen Herangehensweisen werden die Hypothesen überprüft: mit mathematischen Modellen, Laborexperimenten und Freilandexperimenten. Jede Methode hat Vorzüge, in der letzten Zeit wurden vor allem die Vorteile von Freilandexperimenten erkannt. Vor den 1960er-Jahren wurde kaum außerhalb des Labors experimentiert.
Regenwaldökosysteme gehören zu den artenreichsten Lebensräumen der Erde. Deshalb sind sie für Ökologen besonders wertvoll im Hinblick auf ihre Freilandexperimente.
Ein Labor ist eine künstliche Umgebung, hier verhalten sich Lebewesen oft nicht so wie in der Natur. So nehmen einige Fledermäuse in der Dämmerung im Winter und im Spätsommer unterschiedliche Routen von ihrem Quartier zum Jagdrevier. Die möglichen Gründe dafür – eine andere Verteilung der Beute oder der Fressfeinde, jahreszeitliche Unterschiede bei der Belaubung, menschliche Störungen oder Lichtverschmutzung – lassen sich im Labor nicht klären. Mathematische Modelle können bestimmte Muster vorhersagen, aber nicht die Ursachen für Veränderungen identifizieren. Um das Verhalten der Tiere zu verstehen, muss man ihren natürlichen Lebensraum erforschen, und das ist nur im Freiland möglich.
In Freilandexperimenten können verschiedene Faktoren verändert werden, um deren Einfluss zu testen. Im Fledermausbeispiel kann man beispielsweise Straßenlaternen ausschalten, um zu sehen, was die Lichtverschmutzung beiträgt.
Joseph Connells Experimente mit Seepocken
Das Experiment zeigte, dass Balanus nur im unteren Gezeitenbereich leben konnte, Chthamalus sowohl im oberen als auch unteren. Doch in der unteren Zone wurde Chthamalus von Balanus verdrängt.
Schottische Seepocken
1961 veröffentlichte der US-amerikanische Ökologe Joseph Connell seine Versuche mit Seepocken an der schottischen Küste. Da sich die frei schwimmenden Larven überall niederlassen können, fragte sich Connell, warum der untere Teil der Gezeitenzone von Balanus balanoides, der obere Teil aber von Chthamalus stellatus besiedelt wird. Spielen Konkurrenz, Fressfeinde oder Umweltfaktoren dabei eine Rolle?
Connell manipulierte deren Lebensraum und beobachtete ihn über ein Jahr lang.