Welche Seele auch immer im Menschen wohnt, sie ist kein abgetrenntes spirituelles Wesen, das keine Verbindung mit der übrigen irdischen Familie hat, sondern sie scheint daraus hervorgewachsen zu sein, indem sie dies alles in sich aufnahm und dessen Sinn überschritt mit einer neuen Kraft und einem neuen Sinn des Geistes. Dies ist die universale Natur der Menschengattung auf Erden, und man kann mit gutem Grund annehmen, dass, wie auch immer die vergangene Geschichte der individuellen Seele verlaufen sein mag, sie dem Gang der universalen Natur und Evolution gefolgt sein muss. Der Trennungsstolz, der die Einheit der Natur zerbrechen möchte, um aus uns sowohl eine andere als auch eine größere Schöpfung zu machen, hat keine physische Berechtigung, sondern wurde im Gegenteil von der ganzen Beweiskraft der Augenscheinlichkeit widerlegt; und es gibt keinen Grund zu der Annahme, dass er spirituell irgendwie gerechtfertigt wäre. Die physische Geschichte der Menschheit ist das Hinauswachsen aus dem Subvitalen und dem Tierleben in die höhere Kraft des Menschentums; unsere innere Geschichte, wie sie durch unsere gegenwärtige Natur angedeutet wird, die animalisch und zusätzlich etwas ist, das über das Tier hinausgeht, muss ein gleichzeitiges Parallelwachstum auf demselben Bogen in die Seele der Menschheit hinein gewesen sein. Die alte indische Vorstellung, die es ablehnte, die Natur des Menschen von der universalen Natur oder das Selbst des Menschen von dem einen allgemeinen Selbst zu trennen, akzeptierte diese Konsequenz ihrer Sicht. So setzt das tantrische System die Summe von achtzig Millionen Pflanzen- und Tierleben zur Vorbereitung für eine Menschengeburt an, und ohne uns auf diese Zahl festzulegen, können wir seine Vorstellungskraft würdigen, mit der es sich die schwierige Seelen-Evolution vergegenwärtigt, durch die die Menschheit entstand beziehungsweise vielleicht ständig entsteht. Von dieser Notwendigkeit einer animalischen Vergangenheit können wir uns nur dann lösen, wenn wir der subhumanen Natur alles Seelische absprechen.
Diese Aberkennung ist aber nur eine dieser blinden, voreiligen und überheblichen Isolierungen des menschlichen Mentals, das in sein eigenes Gefängnis abgetrennter Selbst-Wahrnehmung eingeschlossen ist und es ablehnt, seine Verwandtschaft mit der übrigen Natur zu sehen. Weil die Seele oder der Geist im Tier auf einer niedrigeren Stufe wirkt, sind wir nicht berechtigt zu glauben, dass keine Seele in ihm sei, genauso wenig wie ein göttliches oder übermenschliches Wesen berechtigt wäre, uns wegen der abwärts gewandten Niedrigkeit unserer halbtierischen Natur für seelenlose Körper oder Köpfe zu halten. Wenn wir manchmal von unsereinem sagen, er habe keine Seele, so verwenden wir nur einen bildlichen Ausdruck; er bedeutet lediglich, dass der tierhafte Seelentypus in ihm das Übergewicht über den entwickelten Seelentypus hat, den wir in der feineren spirituellen Gestalt der Menschheit erwarten. Aber dieses Tierelement ist in jedem von uns vorhanden. Es ist unser Vermächtnis, unser Erbe von der gemeinsamen Mutter Erde her: Und wie kämen wir spirituell zu diesem Element unseres Wesens oder wie könnten wir die Last dieses Erbes auf uns nehmen, wenn wir nicht die Kraft von einer früheren formativen Erfahrung als Ertrag unserer eigenen Vergangenheit behielten? Das spirituelle Karmagesetz lautet, dass die Natur jedes Wesens nur das Ergebnis seiner vergangenen Energien sein kann; eine Seele vorauszusetzen, die ein vergangenes, nicht ihr gehörendes Karma annimmt und fortsetzt, bedeutet, eine Trennungslinie durch dieses Gesetz zu ziehen und einen unbekannten und unbestätigten Faktor einzuführen. Doch wenn wir dies gelten lassen, müssen wir diesen Faktor begründen, wir müssen erklären oder ausfindig machen, welches Gesetz, welche Verbindung, welche Notwendigkeit, welcher seltsame Entscheidungsimpuls einen von aller Tiernatur reinen Geist veranlasst, einen Körper und ein Wesen der Tierhaftigkeit anzunehmen, die von einer niedrigen Seinsordnung für ihn vorbereitet wurden. Wenn es keine Verwandtschaft und keine Auswirkung von einer vergangenen Identität oder Verbindung her gibt, wird diese Annahme unnatürlich und unmöglich. Daher lautet die Schlussfolgerung, die am vernunftgemäßesten und stimmigsten ist: Der Mensch besitzt die Tiernatur, weil das sich entwickelnde Selbst in ihm wie der entwickelte Körper eine vergangene subhumane Evolution hatte, und tatsächlich finden wir, wenn wir seine Psychologie eingehend betrachten, dass er vielerlei Tierseelen oder vielmehr ein Amalgam von Tiernaturen beherbergt. Diese Schlussfolgerung bewahrt die Einheit der Natur und ihre sich entwickelnde Ordnung; und sie stimmt mit der ständigen Evidenz von Wechselwirkung und Parallelismus überein, die wir zwischen dem inneren und dem äußeren, dem physischen und dem mentalen Erscheinungsbild wahrnehmen – eine Entsprechung und ein Miteinander, das manche damit zu erklären pflegen, dass sie das Mental zum Ergebnis und Niederschlag der Nerven- und Körpertätigkeit machen, das jedoch jetzt besser damit begründet werden kann, dass man in der vitalen und physischen Erscheinungsform eine Folge und einen untergeordneten Niederschlag einer Seelen-Tätigkeit sieht, die von der Erscheinung angedeutet und gleichzeitig vor unserer sinnenverhafteten Denkweise verborgen wird. Schließlich ist in dieser Schlussfolgerung die Seele beziehungsweise der Geist nicht mehr ein wunderbarer Zufall oder ein wunderbares Eingreifen in einem materiellen Universum, sondern eine ständige Gegenwart in diesem Universum und das Geheimnis seiner Ordnung und seines Bestehens.
Das Zugeständnis eines Tier-Seelen-Daseins und der vergangenen subhumanen Geburten der Seele, die langsam und vorsichtig die Geburt in das Menschsein vorbereitet, kann nicht plötzlich an dieser Linie in der natürlichen Stufenfolge haltmachen. Denn der Mensch wiederholt mit seinem Wesen in gedrängter Zusammenfassung nicht nur das Tier-Dasein unter ihm, sondern auch das dunklere subanimalische Sein. Aber wenn es schon schwer für uns ist, in unserer Verachtung für die animalische Gestalt und das animalische Mental dem Tier eine Seele zuzugestehen, ist es noch schwieriger, sie dem rohen Unterbewusstsein der subanimalischen Natur einzuräumen. Der alte Glaube machte dieses Zugeständnis mit der glücklichsten Leichtigkeit, er sah überall, im Belebten und Unbelebten, eine Seele, eine lebendige Gottheit, und für seine Auffassung war alles mit spirituellem Leben erfüllt. Der abstrakte logische Intellekt mit seiner Leidenschaft für saubere Ausschnitte fegte in der Zwischenzeit diesen weiten Glauben als einen fantasievollen Aberglauben beziehungsweise einen primitiven Animismus beiseite, und führte, beherrscht von seinen begrenzenden und aufteilenden Definitionen, eine scharfe Spaltung zwischen Mensch und Tier, Tier und Pflanze, belebtem und unbelebtem Sein herbei. Doch jetzt ist dieses System unduldsamer Spaltungen für das Auge unserer sich weitenden Vernunft in raschem Schwinden begriffen. Das menschliche Mental ist eine Entwicklung aus dem, was in der animalischen Mentalität nur ansatzweise vorhanden ist; auch in diesem niedrigeren Typus ist eine Art unterdrückter Vernunft, denn diese Bezeichnung kann wohl einer Kraft instinktiven und gewohnheitsmäßigen Schlussfolgerns gegeben werden, die aus Erfahrung, Assoziation, Gedächtnis und Nervenreaktion herrührt, und der Mensch selbst fängt mit diesen Dingen an, obschon er aus dieser Tiererbschaft heraus eine freie, sich selbst befreiende menschliche Kraft von reflektierendem Willen und Intelligenz entwickelt. Und es ist jetzt klar, dass das nervliche Leben, das die Grundlage dieser physischen Mentalität in Mensch und Tier ist, auch in der Pflanze grundsätzlich identisch vorhanden ist; und nicht nur dies, sondern es ist mit uns verwandt durch eine Art Nervenpsychologie, die