Die Wiedergeburt bewirkt außerdem, dass die Welt um uns – unsere Umgebung, ihre Einflüsse, ihre günstigen Gelegenheiten – nicht mehr als eine Stätte vergänglichen physischen Blühens zurückgelassen wird oder als ein Leben, das sich sehr wenig um den Einzelnen kümmert und diesem auch sehr wenig bedeutet, obschon es vielleicht der Gattung Mensch während deren unbestimmter längerer Zeitdauer viel bieten kann. Die Welt wird für uns zu einem Feld der Seelen-Erfahrung, zu einem System der Seelen-Wiederkehr, einem Mittel der Selbstverwirklichung, vielleicht zu einer Kristallisation der wirksamen Selbst-Reflexionen des Wesens. Doch zu welchem Zweck, wenn unsere Wiederkehr nur eine Wiederholung oder ein unschlüssiges Fluktuieren innerhalb weniger fester Gruppentypen ist, deren Leistungszyklus sehr begrenzt und immer unvollendet bleibt? Denn darauf läuft es hinaus, wenn es kein Ventil nach oben, kein unendliches Fortschreiten, weder Entrinnen noch Ausweitung in die Unendlichkeiten der Seele gibt. Die Wiedergeburt sagt uns, dass das, was wir sind, eine Seele ist, die ständig das Wunder der Selbst-Verkörperung vollbringt; doch warum diese Verkörperung, was hat diese Seele hier mit sich zu tun und welchen Gebrauch soll sie von dieser Welt machen, die ihr als grandioser Schauplatz, als schwieriges, formbares Material und als Belagerungsgeschütz in Gestalt vielfältiger Reize und Anregungen gegeben ist – das ist schwerlich klarer als zuvor. Doch die Vorstellung der Wiedergeburt als Anlass und Möglichkeit für eine spirituelle Entwicklung füllt jede Lücke aus. Sie macht aus dem Leben einen bedeutungsvollen Aufstieg und nicht einen Wiedergeburtsmechanismus; sie eröffnet uns die göttlichen Ausblicke einer wachsenden Seele; sie bringt die Welten in einen Zusammenhang spiritueller Selbstausdehnung; und mit dem zuverlässigen Versprechen an alle, dass jetzt oder in Zukunft ein großer Fund getätigt wird, veranlasst sie uns, nach der Selbst-Erkenntnis unseres Geistes und der Selbst-Erfüllung einer weisen und göttlichen Absicht in unserer Existenz zu suchen.
Der bedrückende Sinn eines Kreisens in mechanischer Wiederholung und das leidenschaftliche Suchen nach einem Durchlass für das absolute Entrinnen belasteten die früheren Aussagen über die Wahrheit der Wiedergeburt und hinterließen trotz der Tiefe, die sie ausloteten, den Eindruck einer nicht zufriedenstellenden Unzulänglichkeit – nicht einer unlogischen, denn sie sind hinreichend logisch, wenn ihre Prämissen angenommen werden, sondern einer unbefriedigenden, weil durch sie unser Sein für uns nicht gerechtfertigt wird. Denn indem sie den göttlichen Nutzen des kosmischen Wirkens verfehlen, versagen sie darin, dass sie uns Gott, uns selbst und das Leben nicht mit hinreichend umfassender, geduldiger und fester Vollständigkeit erklären, sie verwerfen zuviel, gehen an dem positiven Sinn unserer Bemühung vorbei und lassen uns mit einem gewaltigen Nachklang spiritueller Vergeblichkeit und kosmischer Dissonanz zurück. Keine Aussage über den Sinn unseres Seins oder Nicht-Seins hat der Wiedergeburt größeres Gewicht beigelegt als die buddhistische; doch ihre nachdrückliche Bestätigung ist eine um so stärkere Leugnung. Sie fasst die Wiederkehr der Geburt als eine nicht enden wollende mechanische Kette auf; mit einem Gefühl des Leidens und des Ekels sieht sie im ewigen Sichdrehen eines gigantischen kosmischen Energie-Rades keinen göttlichen Sinn in dessen Umdrehungen, sie sieht dessen Beginn als eine Bestätigung unwissender Begierde, sein Ende als eine auslöschende Seligkeit des Entrinnens. Das sich nutzlos drehende Rad stört auf ewig den Frieden des Nicht-Seins und erzeugt Seelen, deren einzige schwere Chance und deren ganze Musteraufgabe darin besteht aufzuhören. Die Vorstellung des Seins ist nur eine Erweiterung unseres ersten materie-beherrschten Gefühls von der Welt, von unserer Erschaffung in ihr und unserem endgültigen Ende. Sie greift unser erstes klares Bild vom körperlichen Leben an jeder Stelle auf und formuliert alle seine Einzelheiten im Sinne einer seelischeren und spirituelleren Vorstellung unserer Existenz.
Im materiellen Universum sehen wir ein riesiges System periodischer mechanischer Wiederkünfte. Eine ungeheure mechanische Wiederkehr lenkt alles lang Andauernde und Weite; eine ähnliche, jedoch schwächere, alles Vergängliche und Kleine. Die Sonnen schießen hervor ins Sein, rollen flammend im Raum, verschwenden Kraft durch Bewegung, verblassen und sind erloschen; vielleicht, um wieder aufzuflammen ins Sein und ihren Lauf von neuem zu beginnen, oder aber es treten andere Sonnen an ihre Stelle und drehen ihre Runden. Die Jahreszeiten der Zeit wiederholen ihre wandellosen Zyklen ohne Ende. Immer lässt der Lebensbaum seine vielfältigen Blüten sprießen, wirft sie ab und lässt die gleichen wieder hervorbrechen, wenn ihre Zeit gekommen ist. Der menschliche Körper wird geboren und wächst, wird schwach und schwindet dahin, doch aus ihm werden andere Körper geboren, die denselben einen sinnlosen Zyklus aufrechterhalten. Dieser ganze bemühte und beharrlich fortdauernde Vorgang ist für das Verständnis deshalb ein Rätsel, weil darin offenbar nicht der geringste Sinn und keine Bedeutung liegt außer der bloßen Tatsache eines grund- und zwecklosen Daseins, dem das aufhebende oder ausgleichende Faktum des individuellen Aufhörens auf dem Fuße folgt beziehungsweise es erleichtert. Und dies deshalb, weil wir den Mechanismus wahrnehmen, jedoch die Macht, die diesen Mechanismus in Gebrauch nimmt, und die Absicht in diesem Gebrauch nicht sehen. In dem Augenblick aber, in dem wir erkennen, dass es einen bewussten, in sich selbst weisen und unendlichen Geist gibt, der über das Universum nachsinnt, und eine geheime, langsam sich selbst findende Seele in den Dingen, gelangen wir zur Notwendigkeit einer Idee in seinem Bewusstsein, zur Notwendigkeit von etwas, das durch diese großen, planvollen Tätigkeiten konzipiert, gewollt, in Bewegung gesetzt wird und mit Sicherheit geleistet und allmählich erfüllt werden soll.
Die buddhistische Darstellung lässt jedoch in ihrem streng mechanischen Lebenssystem weder ein Selbst noch