Die buddhistische Theorie fügt der ersten klaren Bedeutung des Lebens lediglich eine sich ins Endlose fortsetzende Verlängerung durch Wiedergeburt hinzu, die eine Last, nicht ein Gewinn ist, sowie die spirituelle Größe der Disziplin der Selbstauslöschung – letztere zweifellos von großem Wert. Die illusionistische Lösung tut etwas hinzu, unterscheidet sich aber in ihrem Motiv nicht sehr von der buddhistischen. Sie setzt gegen die sinnlose kosmische Wiederholung eine Ewigkeit unseres eigenen absoluten Wesens; aus der Unwissenheit, durch die der illusorische Mechanismus einer periodischen Wiederkehr der Wiedergeburt entsteht, entrinnt sie in das Selbstwissen unserer unbeschreibbaren Existenz. Dies scheint eine positive Spannung einzuführen und unserem Sein eine Wirklichkeit zu verleihen, die einen Anfang, eine tragende Mitte und ein daraus folgendes Ergebnis hat. Doch hier klafft eine Lücke durch das Fehlen aller wahren und gültigen Beziehung zwischen diesem unserem eigentlichen Wesen und unserem ganzen Werden und Geborenwerden. Das letzte Ergebnis und Ende unseres Geborenwerdens wird nicht als eine absolute Erfüllung dessen, was wir sind, dargestellt – das wäre eine große, reiche und herrlich positive Philosophie –, auch nicht als die endgültige Bestätigung einer fortschreitenden Selbstfindung – auch dies gäbe unserem Leben einen noblen Sinn –; es ist eine Abwendung von der Forderung des universalen Geistes, ein Zurückweisen aller dieser kosmischen Ideen, Imaginationen, Aspirationen, dieses Wirkens und Ins-Werk-Setzens. Der Weg, unser uns gegebenes Wesen zu finden, ist eine absolute Ablehnung unseres ganzen Werdens. Wir steigen zum Selbst auf durch eine befreiende Verneinung von uns selbst, und am Ende folgt die Idee im Universum ihrer ungeheuerlichen und ziellosen Bahn, doch das Individuum hört auf und hat seinen Segen. Das Motiv dieser Denkweise ist wie in der buddhistischen dasselbe bedrückende Gefühl eines unwissenden kosmischen Wiederkehr-Mechanismus und dieselbe hohe leidenschaftliche Ungeduld, sich freizumachen. Vorhanden ist die Anerkennung eines göttlichen Ursprungs des Lebens, jedoch eine Nicht-Anerkennung jedes göttlichen Sinns im Leben. Und was die Wiedergeburt anbelangt, so wird sie in ihrer Bedeutung zu einem ständigen Mechanismus der Selbsttäuschung, und der Wille, nicht zu leben, wird uns als letzte Errungenschaft, als das höchste Gut und das eine wünschenswerte Ergebnis des Lebens vorgewiesen. Die Befriedigung, die der Illusionismus gibt – denn eine Art hoher, nüchterner Befriedigung gibt er dem Intellekt und einer spirituellen Tendenz –, liegt einmal darin, dass die offenkundige Antinomie zwischen dem Universum, diesem großen, beschwerlichen und despotischen Mechanismus, und dem Geist, der fühlt, dass er von anderer, göttlicherer Natur ist, zu einem letzten Punkt hindrängt; sie liegt sodann in der großen Erleichterung für eine Seele, die sich leidenschaftlich nach Freiheit sehnt, jedoch gezwungen ist, als eine Triebfeder der schwerfälligen Maschine weiterzuarbeiten, und darauf brennt, die kosmische Last abwerfen zu können; und endlich liegt sie in der freien, nackten Absolutheit dieses spirituellen Abschlusses. Auf die Frage nach Gott, nach dem Menschen und nach dem Sinn des Lebens gibt der Illusionismus jedoch keine wahre, weil keine fruchtbare Antwort; durch ein geschicktes Ausweichen entfernt er sich lediglich davon und nimmt ihnen alle Bedeutung, so dass jede Frage nach Sinn und Willen in dieser ganzen furchtbaren Arbeit, in diesem Hämmern und Suchen sinnlos wird. Doch kann der Mensch der Herausforderung von Gottes Universum an die Erkenntnis und Stärke des menschlichen Geistes letztlich nicht mit Ablehnung und Ausweichen begegnen, auch wenn eine einzelne Seele vor diesem Anspruch in spiritueller Trance oder im Schlaf Zuflucht nehmen oder durch deren blinde Tore in das Absolute entrinnen kann, wie sich auch der Mensch vor der Last des Handelns und dem Kummer in die Nichtbewusstheit zurückziehen mag. Etwas wird vom Geist des Universums mit unserer Arbeit im Dasein beabsichtigt, es liegt ein Sinn in diesen grandiosen Rhythmen, und er hat sie nicht in einem ewig währenden Irrtum oder nur so zum Spaß erschaffen1. Dies zu wissen und es zu besitzen, bewusst die verborgenen Sinngehalte des Welten-Seins zu finden und zu erfüllen, ist dem menschlichen Geist aufgegeben.
Andere Darstellungen oder Färbungen der Idee der Wiedergeburt räumen dem Dasein einen positiveren Sinn ein und haben ein stärkeres Vertrauen in die Macht und Wonne des Seins, seinen geheimen Quellen; aber sie straucheln schließlich alle über die Grenzen der Menschheit und die Unfähigkeit, aus ihrer Knechtschaft einen Ausweg in der Weltordnung zu finden, weil sie glauben, diese sei etwas seit ewigen Zeiten Festgelegtes, sasvatibhyah samabhyah –, kein ewig sich entwickelnder und schöpferischer, sondern ein unveränderlicher Zyklus. Die Vaishnava-Vorstellung von Gottes Spiel trifft eigentlich das Geheimnis der verborgenen Wonne im Herzen der Dinge und ist ein leuchtend helles Licht mitten hinein in die Dunkelheit des Rätsels; isoliert kann sie es jedoch nicht lösen. Hier in der Welt ist mehr als ein Spiel geheimer Wonne; da ist Erkenntnis, da ist Macht, da ist Wille und eine gewaltige Arbeit. So betrachtet wird die Wiedergeburt allzu sehr zum Selbstzweck eines Spiels göttlicher Laune, und unsere Welt ist zu groß und zu mühevoll, als dass dies ihre Begründung sein könnte. Eine so buntscheckige Wonne, wie sie hier unserem Werden beigegeben wird, ist ein Verkleidungs- und Suchspiel ohne jedes Versprechen einer göttlichen Vollkommenheit, ihre Kreise scheinen letztlich nicht wert, ausgeschritten zu werden, und mit Freuden wendet sich die Seele ihrer Erlösung aus den frustrierenden Irrgärten des Spiels zu. Die tantrische Lösung zeigt uns eine höchste, überbewusste Energie, die sich hier selbst hinausschleudert in wimmelnde Welten und mannigfaltige Wesen, und in ihrer Ordnung steigt die Seele von Geburt zu Geburt und folgt ihren Millionen Formen, bis sie sich in einer letzten menschlichen Reihe dem Bewusstsein und den Mächten ihrer eigenen Göttlichkeit öffnet und durch sie in einer raschen Erleuchtung zum ewigen Überbewusstsein zurückkehrt. Wir finden endlich den Anfang zu einer befriedigenden Synthese, eine Rechtfertigung des Daseins, eine sinnvolle Konsequenz in der Wiedergeburt, einen Nutzen und eine hinreichende, wenngleich nur vorläufige Bedeutung für die große Bewegung des Kosmos. Auf Grund ganz ähnlicher Prinzipien ist der moderne Geist, sobald er bereit ist, die Wiedergeburt zu akzeptieren, geneigt, sie in Augenschein zu nehmen. Doch ist die Betonung des göttlichen Potenzials der Seele zu gering, diejenige des Entrinnens in das Überbewusstsein voreilig; die Vorbereitungszeit, die die höchste Energie für ein so kurzes und unzureichendes Blühen einrichtet, ist allzu lang und gewaltig. Hier klafft eine Lücke, hier fehlt noch ein Geheimnis.
Es gibt gewisse Grenzen unseres eigenen Denkens, über die alle diese Lösungen straucheln,