Vorsicht! Mann in Wechseljahren. Gisela Sachs. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Gisela Sachs
Издательство: Автор
Серия:
Жанр произведения: Контркультура
Год издания: 0
isbn: 9783967526141
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Seufzer in mein Bett fallen. Ich ziehe die Bettdecke bis zu den Ohren hoch und drücke mein Trösterchen-Kissen ganz fest an mich. Nie wieder lasse ich mich von meiner Freundin zu etwas überreden, nehme ich mir vor.

      Mein Handy auf dem Nachttisch lacht. Barbara hat mir unlängst das Babylachen auf mein Handy geladen. Ungefragt!

      »Ja, ich bin gut nach Hause gekommen und nein, er hat mich nicht geküsst, Barbara«, nuschele ich verschlafen in den Hörer.

      »Guten Morgen. Mein Name ist Winfried Schneider.« Die Stimme kommt mir bekannt vor.

      »Sie erinnern sich an mich?«

      »Hm.«

      »Winterwunderland«, sagt die samtweiche Stimme.

      »Sie können nicht tanzen, mein Fräulein«, sage ich. Winfried Schneider lacht.

      »Genau, der.«

      »Woher haben Sie meine Handynummer, Herr Schneider? Von meiner Freundin? Na, der werde ich aber etwas erzählen …«

      »Sind Sie morgens immer so kratzbürstig, Fräulein Vogt?«

      »Was wollen Sie von mir, Herr Schneider?«

      »Ich würde mich gerne mit Ihnen treffen, Fräulein Margit. Auf einen Kaffee vielleicht? Im Bistro um die Ecke? In einer halben Stunde, vielleicht?«

      Mein Herz schlägt wie hundert Schamanen-Trommeln und ein heiseres »Ja« verlässt meinen Mund.

      Er steht auf, als er mich zur Tür hereinkommen sieht, hilft mir aus dem Mantel, hängt ihn auf einen der Garderobenbügel und begleitet mich zum Tisch. Er rückt mir den Stuhl zurecht und strahlt mich an. »Schön, dass Sie gekommen sind, Fräulein Margit.«

      Er legt mir die Frühstückskarte vor, empfiehlt tête-à-tête für 2 Personen und zum zweiten Mal an diesem Morgen verlässt ein heiseres »Ja« meinen Mund. Ich versuche aufrecht und entspannt dazusitzen, ruhig in den Bauchraum zu atmen, meinen Atemrhythmus wahrzunehmen. Er bestellt mit einem Lächeln das Tête-à-tête, hält mir den Brötchenkorb hin. »Sie sind noch warm«, freut er sich. »Möchten Sie auch ein Schokoladencroissant, Fräulein Margit?«

      »Ja, bitte.«

      Er greift nach der Gebäckzange und legt ein Schokocroissant auf meinen Teller, rückt die Platte mit dem geräucherten Lachs so zurecht, dass ich mühelos danach greifen kann.

      »Ein Ei, Fräulein Margit?«

      »Nein danke.«

      Ich esse kein Ei, habe Angst, dass meine Zähne danach vom Dotter gelb sind. Er langt kräftig zu, verspeist vier Brötchen mit rohem und gekochten Schinken, Käse, Konfitüre und Honig. Mein Hals ist wie zugeschnürt. Ich bekomme kaum einen Bissen herunter. Ich spüre mein Herz flimmern. Und mein Gehirn will mir keine passenden Antworten für seine Fragen in den Mund legen.

      »Sie essen ja wie ein Vogelkind, Fräulein Margit«, stellt mein Traummann fest, drückt mir ein Glas Prosecco in die Hand und prostet mir zu. Er sieht mir in die Augen.

      »Auf uns, Fräulein Margit.«

      Ich nippe an dem prickelnden Getränk, verschlucke mich, er klopft mir behutsam auf den Rücken.

      »Sie trinken nicht oft Alkohol, Fräulein Margit«, stellt er fest.

      »Nein.«

      Er schmachtet mich an. »Das spricht für Sie, Fräulein Margit.« Mein Handy lacht.

      »Ich muss los«, erkläre ich.

      Er nickt verständnisvoll. »Die Rufbereitschaft, Fräulein Margit. Ich weiß.«

      Er steht auf, begleicht an der Theke diskret die Rechnung, begleitet mich zur Garderobe, hilft mir in den Mantel und bringt mich zu meinem Auto.

      »Dankeschön für den schönen Vormittag, Fräulein Margit.«

      »Herr Schneider ist ein Gentleman von der Sohle bis zum Scheitel«, schwärme ich meiner Freundin Barbara am Telefon vor.

      »Herr Schneider? Ihr seid per Sie, Margit?«

      »Aber selbstverständlich, jede volljährige Person hat das Recht, mit Sie angesprochen zu werden, wir sind in Deutschland, nicht in den Niederlanden. Und ich bin nicht von der schnellen Truppe, Barbara.«

      Ich höre Barbara auflachen, höre den Klang von Löffel an Tasse. Barbara trinkt den lieben langen Tag Cappuccino.

      »Manchmal bist du wirklich ganz schön vorgestrig, Margit.«

      »Alles zu seiner Zeit, Barbara.«

      »Aber du wirst doch hoffentlich wissen, wie er mit Vornamen heißt, Margit? Wo er wohnt? Wo er arbeitet?«

      »Mit Vornamen heißt er Winfried. Wo er wohnt und als was er arbeitet? Tja, danach habe ich nicht gefragt, Barbara. Das spielt auch gar keine Rolle für mich.«

      »Ich glaub’s nicht, Margit. Über was habt ihr denn dann geredet beim Frühstücken.«

      »Über Theaterstücke, Filme, Bücher, Blumen, Kochund Backrezepte…«

      »Aha, Herr Schneider ist ein Frauenversteher.«

      »Du sagst es. Winfried Schneider ist ein Frauenversteher!«

      Ich höre das Öffnen einer Metalldose. Ein vertrautes Geräusch. Barbara isst immer Cantuccini zu ihrem Cappuccino. Und aller Wahrscheinlichkeit nach zerbröckelt sie das Mandelgebäck in mundgerechte Stücke und schiebt sie auf dem Teller hin und her, bevor sie die Quadrate in ihrem Mund verschwinden lässt. Das macht meine Freundin immer so.

      »Werdet ihr euch wieder treffen, Liebes?«

      »Frag ihn selbst, Barbara. Du hast ihm meine Handynummer gegeben.«

      »Wie bist du denn wieder drauf, Margit?«

      »Sprich nicht mit vollem Mund und hör endlich mit der Kaffeetassenklopferei auf, das macht einen ja ganz meschugge, Barbara!«

      »Ich glaube, wir sollten unser Gespräch für heute beenden, Margit.«

      Barbara legt auf. Ich verschränke meinen Kopf in meinen Armen und döse vor mich hin.

      Lautes Hüsteln beendet meine Tagträume. Ich hebe den Kopf von meinen gekreuzten Händen und blinzele in weißes Neonröhrenlicht. Braune Brühe schwappt über die Tageszeitung. Winfried steht wie ein drohendes Unheil vor mir. Er zieht die Augenbrauen nach oben und verdreht seine Augen. Ich sehe nur noch weiß, keine Pupillen mehr. Mein Magen stülpt sich von innen nach außen, als ich seine krächzende Stimme vernehme.

      »Du meine Güte, Frau, wie bist du doch wieder ungeschickt heute!«

       4. Kapitel

      Er sitzt auf dem Sofa, hält eine Tüte mit Kartoffelchips in der linken, in der rechten Hand ein Glas mit Cola, zappt sich durch das Fernsehprogramm und schimpft.

      »Das ist doch was für Hohlköpfe, für geistig Minderbemittelte. Und für solchen Schrott bezahlt man Fernsehgebühren. Zwangsgebühren, Frau!«

      Er pult sich die Chips-Reste mit dem Zeigefinger aus den Zähnen und wischt die Pampe an der Tischdecke ab. Unser schnurloses Telefon liegt neben ihm. Martin und Herbert haben heute schon angerufen, er erwartet noch die Anrufe von Ulli, Herbert, Harald, Jürgen und Helmut. Siggi blockiert gerade unser Badezimmer. Aus Erfahrung weiß ich, dass das Ewigkeiten dauern wird. Siggi wohnt schon seit über vier Wochen bei uns …

      »So, jetzt bin ich wieder frisch wie der Frühling«, flötet mein Ex-Kur-Genosse, strahlt meinen Mann an und lässt sich neben ihm auf das Sofa fallen.

      »Und jetzt was kühles Blondes, Winnie.«

      Siggi lacht wie ein Pferd, Winfried wiehert mit.

      »Hol mal ein Bierchen aus der Kühle, Frau!«, fordert mein Mann.

      Ich hole zwei Flaschen Bier aus dem Kühlschrank, zwei