Vorsicht! Mann in Wechseljahren. Gisela Sachs. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Gisela Sachs
Издательство: Автор
Серия:
Жанр произведения: Контркультура
Год издания: 0
isbn: 9783967526141
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er die leere Kartoffelchipstüte zusammen und wirft sie mir zu. Ich greife daneben. Unser Berber gleicht einem Krümelmonster. Winfried schüttelt seinen Kopf.

      »Du meine Güte, Frau. Das hättest du aber wirklich auffangen können.«

      »Tut mir leid, dass ich so ungeschickt im Müll auffangen bin«, kontere ich, hole Handbesen und Schaufel aus der Küche und entferne die Krümel aus dem Berber-Teppich, den uns meine Schwiegermutter hinterlassen hat.

      »Da musst du mit dem Staubsauger ran, Frau!«

      »Oder du, Winfried.«

      »Wann bügelst du eigentlich, Margitchen?«, fragt Siggi süffisant.

      »Bügeln?«

      »Ich habe kein frisches Hemd mehr!«

      Siggi sieht mich vorwurfsvoll an. »Ich will morgen gleich nach dem Frühstück ins Solarium, Margitchen, hänge meine Hemden bitte ins Badezimmer, ich weiß noch nicht, welche ich in die Tasche packen werde. Mittagessen zubereiten brauchst du nicht, Margitchen. Mal seh’n was sich so ergibt.«

      Er lacht abrupt auf. »Das Schnuckelchen an der Theke ist zum Anbeißen. Die müsstest du mal sehen, Margitchen. Die ist noch appetitlicher wie die Putzperle in der Klinik.«

      »Ich habe nicht vor, deine Hemden zu bügeln, Siggi.«

      Der Gesichtsausdruck von Siggi ist eine Mischung von verblüfft, fassungslos, erstaunt und bedeppert.

      »Ich habe sie auch nicht gewaschen, Siggi.«

      »Was sagst du da? Du hast meine Hemden nicht gewaschen, Margitchen?«

      »Nein, Siggi. Ich habe deine Hemden nicht gewaschen.«

      Siggi nestelt an seinen Kragenknöpfen. »Aber Margitchen, ich will doch …«

      »Das fällt nicht in meinen Zuständigkeitsbereich, Siegfried.«

      »Aber ich …«

      Mein Mann schüttelt missbilligend seinen Kopf.

      »Also das bisschen Siggi-Wäsche hättest du ruhig mit unserer mit durchlaufen lassen können, Frau. Das macht ja wirklich nicht viel Arbeit!«

      »Siggi-Wäsche fällt nicht in meinen Zuständigkeitsbereich, Winfried!«

      Winfried kratzt seine Stirn. »Ich glaub’s nicht! Was verstehst du denn unter Gastfreundschaft, Frau?«

      »Ich habe niemanden eingeladen, Winfried. Das warst du, Winfried. Also, wenn du die Wäsche deines Freundes waschen magst?«

      »Siggi hat in der Kur so gut auf dich aufgepasst, Frau. Und ich habe den Jungs versprochen, mich dafür erkenntlich zu zeigen, das weißt du ganz genau, Frau. Ich bin ein Ehrenmann.«

      Er schlägt sich mit der flachen Hand auf die Brust.

      »Jawohl, das bin ich. Ich halte meine Versprechen, Frau!«

      »Ich will keinen Dauergast in meinem Haus haben, Winfried!«

      »Erstens ist das nicht dein Haus, sondern unseres. Mir gehört die Hälfte, Frau, vergiss das bitte nicht. Und ich habe immer mehr verdient wie du, vergiss das bitte auch nicht!«

      »Ich habe drei Kinder großgezogen, Winfried.«

      »Die ich allein verköstigt habe, weil du jahrelang nicht gearbeitet hast, Margit.«

      Die Worte treffen mich wie Pfeile, mitten in mein Herz.

      »Das ist jetzt aber nicht dein Ernst, Winfried.«

      Meine Augen füllen sich mit Tränen. Mir behagt das Niveau nach unten nicht.

      »Siggi hat emotionalen Stress. Großen Stress, Frau.«

      »Ich auch! Noch größeren, Winfried.«

      »Der kann momentan nicht allein sein.«

      »Ich wäre sehr gerne allein, Winfried.«

      Er sieht mich an wie ein gereizter Stier. »Himmel Herrgott noch mal, das musst du doch einsehen, Frau!«

      »Ich sehe überhaupt nichts mehr ein, Winfried, nicht heute, nicht morgen und nicht übermorgen. Und nenn mich, verdammt noch mal, nicht immer Frau! Ich habe einen Namen, Winfried!«

      Winfried kneift die Augen zusammen, zieht die Luft durch seine Nase. »Meine Güte, Weib, was bist du doch wieder zickig heute!«

      Er springt auf, holt die Flasche mit dem kanadischen Whisky aus der Getränkevitrine und klatscht zwei unserer besten Gläser auf den Tisch. »So, den trinken wir jetzt pur, mein Freund!«

      Siggi und Winfried stoßen so heftig an, das ich um meine Kristallgläser bange.

      »Ex«, sagen beide zur gleichen Zeit und wie auf ein geheimes Kommando aus dem Hinterhalt. Ihre Bewegungen sind synchron. Sie schauen sich in die Augen und schütten zur gleichen Zeit die teure Flüssigkeit in ihre Hälse, wischen sich im gleichen Moment mit den Handrücken über die Münder, sagen zur gleichen Zeit »mmmhhh, war das jetzt aber gut!«

      Sie stellen in Zeitlupentempo und zur gleichen Zeit ihre leeren Gläser auf dem Tisch ab. Ich bin beeindruckt von der Choreografie. Meine Freundin Barbara und ich hätten das auch mit viel Üben nicht hinbekommen.

      Sie rülpsen wie verwilderte Hausschweine. Laut! Ziemlich laut sogar. Siggi fast noch etwas lauter als Winfried.

      »Ihr ekeligen alten Säcke, ihr widert mich an«, brülle ich, schnappe nach den Kristallgläsern und werfe sie an die Wand.

      Siggi reibt den Brilli an seinem Ohr und wimmert wie ein krankes Kätzchen.

      »Ich glaube, ich sollte abreisen, lieber Winnie.«

      »Was hast du nun schon wieder angerichtet, Frau.«

      Winfried kneift seine Augen zu Schlitzen. »Jetzt bist du ganz durch -gedreht!«

      Er legt beschützend seinen rechten Arm um Siggi und spricht beruhigend auf ihn ein, während er ihn behutsam die Stufen nach oben zum Gästezimmer führt. »Die Margit meint das nicht so, Siggi, für die muss man Verständnis aufbringen, die ist doch in den Wechseljahren.«

      Kurze Zeit später höre ich die Haustür ins Schloss fallen. Ich spähe aus dem Küchenfenster und sehe, wie Siggi seinen Sportflitzer aufschließt. Er verstaut seine Schmutzwäsche auf dem Beifahrersitz. Eine letzte Umarmung. Siggi heult auf wie unser Kater, wenn ihm versehentlich jemand auf die Pfoten getreten ist. Mein Mann holt sein Stofftaschentuch aus der Hosentasche und wischt sich damit über die Augen. Siggi steigt in seinen Flitzer, sein wehmütiger Dackelblick streift meinen Mann. Winfried steht am Straßenrand, genau an der Stelle, wo vierzehntägig unser Mülleimer steht und schwenkt sein blau kariertes Taschentuch.

      Er winkt dem rotschwarzen Auto nach, bis es außer Sichtweite ist, kommt schleichenden Schrittes ins Haus zurück, setzt sich auf das Sofa und zappt sich durch das Fernsehprogramm.

       5. Kapitel

      »Die Facetten, die einer hat, gehen dem einen Menschen so, dem anderen so, zu Herz und Verstand. Wie man einen sieht, lässt am meisten von einem selbst erkennen«, sagt unser Hausarzt.

      »Hm. Nun ja, Herr Doktor Clemens. Ich dachte bisher immer, dass ich ein positiv denkender Mensch bin. Dass ich hilfsbereit und ein Menschenfreund bin. Dass ich eine fürsorgliche Mutter war, jedenfalls habe ich immer nur das Beste für meine Kinder gewollt!! Mein Hausarzt nickt zustimmend, er kennt mich schon einige Jahrzehnte.

      »Und jetzt bringt Ihr Mann alles aus dem Gefüge, Frau Schneider?!«

      »Er sagt, ich sei anspruchsvoll.«

      »Hm.«

      »Ich bin genügsam und bescheiden, gehe nie aus, laufe nur in Feldern, Wiesen, Wäldern und Weinbergen spazieren. Ich gehe nie zum Friseur, schneide meine Haare selbst, war noch nie bei einer Kosmetikerin und nur einmal in meinem Leben in Urlaub. Auf einem Bauernhof am Chiemsee. Als