Apollo erläutert, daß »Gekas« wörtlich »Jagdhund« oder »Jäger« bedeute. »Oder Hundesohn«, wirft jemand ein und ergänzt: »In Zukunft bestelle ich Gekasschnitzel.«
Der Mainzer Holtby habe in den vergangenen Wochen »Kreativität tanken können«, schnabelt der Reporter vor sich hin. Apollo und Berry stoßen mit Wodkanektar »auf den an, wo dem Tor schießt«. Erledigt wird das von Gekas.
Das war es dann für vorgestern.
Zu gut zum Siegen?
Mag sein, daß in der aktuellen Bundesligahinrunde neuerlich allerlei First-class-Dummheiten und spielerische Toppleiten das kulturelle Leben in dieser Glanzrepublik bereichert haben, doch der unanfechtbare Höhepunkt fußballerischer Kunstausübung und -darbietung war am 2. Oktober 2010 im Frankfurter Gallusviertel zu gewahren, als zum drittenmal nach 2007 und 2008 das »Große Turnier um den leeren Gallus-Pokal« ausgetragen wurde.
Ich hatte eiskalt beschlossen, nicht zu spielen – den dreckigen Job der Titelverteidigung sollten andere erledigen –, mich zum Teammanager von »Hermann United« ernannt und Katja zur Technischen Direktorin degradiert, die nun für die Spielerbeschaffung und surrealistische Taktikskizzen zuständig war, die unseren Hauptfeind, meinen Stammwirt Apollo und dessen Ramschtruppe »Apollo 11«, irritieren und demotivieren sollten.
Am Vorabend des 2. Oktober standen exakt zwei Spieler auf meiner goldgefaßten Managerschiefertafel: der Trierer Dauerläufer und -esser Jöricke und unser in mancher Kesselabwehrschlacht gestählter Torwart, der Universalhandwerker und -politologe Martin S., der, um Gegentreffer zu verhindern, notfalls unser Tor auf dem abermals optimal überfluteten Kleinplatz gegenüber der Societäts-Druckerei geschwind abschrauben würde.
»Katja, du hast versagt, ich muß dich entlassen«, brummte ich am Tresen des Kyklamino. »Was soll ich denn machen? Einer hat Knie, einer hat zwei Knie, einer hat gar kein Knie mehr, und einer hat keine Schuhe. Was ist überhaupt mit deiner Nia Künzer?« – »Hab’ mein Handy ins Bierglas geschmissen und deshalb ihre Nummer nicht mehr.« – »Und du willst Manager sein? Sogar Elena, die von dir erkieste Pressesprecherin, ist spurlos verschwunden!«
Bevor die Situation eskalierte, schritt Martin S. ein: »Ruhig, Leute! Wir organisieren einfach schnell ein paar kaputte Typen mit Killerinstinkt. Ich kenn’ zwei Zigarrenraucher, die haben gut Luft, die ruf’ ich an.«
Nach zwei Telephonaten war klar, daß die Zigarrenraucher zwar gut Luft zum Saufen, aber keine Lust zu laufen hatten. Ich erreichte wenigstens den Gießener Kollegen Jörg S., der mir steckte, irgendwas »mit den Knien« zu haben. Ich kündigte ihm die Freundschaft, da sagte er zu, und auch Katja hatte plötzlich die zwei Brecher Mirko und Christoph engagiert.
Apollo, der Berlusconi des Gallus, verfügte laut Spielerplan über zwanzig Luschen, lauter korrupte Einkäufe. »Es geht morgen um brutalstmögliche Härte«, schwor ich uns drei lautstark ein, »der Trojanische Krieg wird nichts dagegen gewesen sein.« Apollo winkte ab und griente sardonisch, und ich erteilte unserem Torwart Vögelverbot. »Logisch, dumm kickt gut«, sagte er, und Katja meinte: »Zur Not renn’ ich mit der Uzi auf den Platz.«
Sport1 meldete am nächsten Morgen die falsche Anstoßzeit – beziehungsweise gar nichts. Ich klingelte noch Jürgen L. aus dem Bierfaß. Er brachte Dinu mit, hatte selber aber keine Hose und keine Schuhe, und der Amerikaner Peter B. stieß zu uns. »Das geht eher Richtung Paralympics«, stöhnte Jörg S. und fragte mich sachlich: »Wie, du spielst nicht mit, du Schwein?« – »Das gibt einen Eintrag ins Klassenbuch«, sagte Katja.
»Wir haben vier Defensivkräfte und einen Verteidiger«, lotete Jöricke unsere Chancen aus. »Du Arsch machst die Buden – und fertig!« munterte ich ihn auf, als die dritte Mannschaft auftauchte, ein äußerst undurchsichtiger Verein namens »Orange Beach« unter der Leitung des Pressemoguls Martin O.
Von Apollos »Cracks« waren Stücker drei erschienen. »Ist das schön, diese Ratlosigkeit!« sangen wir. Jürgen L. lief, um sich warmzumachen, in Straßenkleidung auf den Platz und fiel in ein Schlammloch. »Ich hab’ keine Luft mehr«, sagte er. Martin S. ergänzte: »Mental sind wir alle verletzt«, und Jöricke schmiß eine Flasche Pfungstädter in die Büsche: »Und die erste Plemp schon wieder weg.«
Ich gab die Losung »Ich will bedingungslose Unfairneß sehen!« aus, und nach zwei Minuten hatte Jöricke zwei Kisten gemacht. Jürgen L. und ich näherten uns der ersten Hälfte der ersten Kiste. Christoph netzte zum Dreinull ein, und am Ende war »Orange Beach«, der Geheimfavorit, wie gemunkelt worden war, trotz einheitlicher Trikots und Binding-Dopings mit 5:2 den Bach runtergegangen, insbesondere wegen der Fabelpässe des Königs der Lupfer, Jörg S., und Jürgen L.s pirouettenartigen Umfalleinlagen.
»Wir sind hier, um den Titel zu verteidigen«, stellte Jöricke, der Platinbomber aus Trier, klar. »Wir dürfen den Hochmut nicht sinken lassen«, hetzte Martin S. »das Team« (Katja) vorbildlich auf. »Diskret auftrumpfen«, so nun wieder Jöricke. Denn, das sah Apollos Auslosung vor, wir mußten schon wieder ran, gegen Erzfeind »Apollo 11«.
Es gibt Vorfälle in der Geschichte des Fußballs, die niemand begreift. Wir waren schneller, beweglicher, technisch besser, wir waren Brasilianer mit der Moral von Dänen, wir hatten Jürgen L., und mein Coaching (»Ball kontrollieren!« – »Ihr steht gut!«) war brillant. Wir spielten Apollos Schummeltruppe, die aus Stammkräftemangel kurzerhand mit vier »Orange Beach«-Apostaten und -Arbeiterverrätern unter der Regie des Martin O. verstärkt worden war, an die Pfosten – und lagen in der 14. Minute, weiß der Dompfaff, warum, 0:1, nach zwanzig Minuten, tja, 0:6 hinten. Waren wir zu gut zum Siegen?
Fünf Minuten vor dem Abpfiff schob Jürgen L. nach einem beidfüßigen Ballbillardballettänzchen zum 1:6 ein, doch ich fragte mich und uns, den Jammer jämmerlich übertünchend: »Hattet ihr Scheiße am Stiefel?« Martin S.: »Das dürfen wir in hundert Jahren nicht verlieren, das gibt es nicht!«
Martin O., Judas Ischariot in persona, grinste: »Die dritte Halbzeit ist gerettet.« Meine Mannschaft beriet darüber, ob ich noch zu halten sei. »Apollo 11« gewann, nicht zuletzt, weil Uli der Blocker, der Spieler des Turniers, das einzige Foul des Nachmittags beging, auch die Abschlußpartie und holte den Titel. Martin O. reichte mir die Hand: »Ich hab’ ja ungern gegen mich gewonnen.« So sehen Schurken aus.
Später feierten die Apoakropolisstalinisten im Kyklamino den größten Betrug der Fußballgeschichte. Meine Leute schrieen »Roth raus! Roth raus!«, und einzig Freund Jöricke wandte sich mir zu und sagte: »Mach mal die Kamera klar, ich schmeiß’ gleich einen Barhocker quer in die Flaschenbatterie.«
Was danach passierte, erzählen wir ein andermal.
Es gibt keinen Sand in der Sahara
»2010 stellte ein besonderes Sportjahr dar«, hieß es kürzlich formvollendet in der Thüringer Allgemeinen, und auch der ORF blickte zufrieden zurück: »Die Kegelweltmeisterschaften mit Teilnehmern aus neunzehn Nationen fanden in Ritzing statt, die U-20-B-Basketball-EM ging in Oberwart und Güssing über die Bühne.« Tu felix Austria, aber hallihallo!
Vermutlich mit einem kraftvollen »Horrido!« auf den Lippen holte Viktoria Rebensburg in Vancouver Gold im Riesenslalom, zeigte den Österreichern die lange Nase und erklärte: »Bei Olympia muß man riskieren oder probieren, sonst gewinnt man nur Himbeeren oder Bananen.« Beziehungsweise ein Glas Ananassaft mit Wermut.
Noch in der Retrospektive bekam sich der Spiegel angesichts der angeblich durch und durch grandiosen Winterspiele nicht mehr ein. Weil die Wettbewerbe in den jüngsten Toptorheitsdisziplinen Snowboard, Freestyle, Skicross, Shorttrack und Hampeldipampel so gut besucht waren, flötete das Blatt zum Jahresausklang: »Die olympische Bewegung wurde entstaubt. Die Spiele in Kanada waren ein Fest der jungen Disziplinen.« Ich jedoch sage euch: Wenn der erste Shorttracker freestylish die vereiste Crossroad vor meiner Haustür quert und