Jungsteinzeit. Silviane Scharl. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Silviane Scharl
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Документальная литература
Год издания: 0
isbn: 9783170367425
Скачать книгу
weltweit.

      Abb. 3.2: Anfänge der Nahrungsmittelproduktion – hier Tierdomestikation – weltweit.

      Mittelamerika

      Mittelamerika ist Schauplatz der Domestikation einiger global wichtiger Pflanzenarten und einer Tierart: Mais, Kürbis, Bohne und Truthahn. So stammen die derzeit ältesten Belege für domestizierten Mais aus dem Einzugsgebiet des Balsas-Flusses im südwestlichen Mexiko. Dort wurden im Abri von Xihuatoxtla Mahlsteine geborgen, die Überreste von Maisstärke und Maisphytolithen aufwiesen. Die ältesten Funde stammen aus einer Schicht, für die ein absolutes Datum von 6700 v. Chr. vorliegt9. Dabei sind auch hier die Protagonisten saisonal mobile Jäger- und Sammlergruppen, die den in dieser tropischen Region heimischen wilden Vorfahren der Maispflanze domestizierten. Von ebendieser Fundstelle liegen auch Belege einer domestizierten Kürbisart vor, die ebenfalls dieses hohe Alter aufweist10. Bislang ungeklärt ist, um welche Unterart es sich dabei handelt. Die ältesten bekannten Belege für die Domestikation von Kürbis stammen aus der Höhle Guila Naquitz im Oaxaca-Tal Südwestmexikos, die zwischen 8000 und 6400 v. Chr. datieren11. Bislang nicht letztgültig geklärt ist die Domestikation der Bohne. Diskutiert wird ein Ursprung in Mittelamerika, in Südamerika oder aber die Existenz mehrerer unabhängiger Domestikationsgebiete12. Auch die Diskussionen um die Domestikation des Truthahns sind nicht abgeschlossen. Ein singulärer Ursprung in Zentralmexiko (älteste indirekte Belege aus El Mirador/Guatemala 300 v. Chr.–100 n. Chr.) wird ebenso in Erwägung gezogen wie ein polyzentrischer in Mexiko und den südwestlichen USA (zwischen 200 v. Chr. und 450 n. Chr.)13. Während in Mittelamerika – global gesehen – die ältesten Daten für frühe Pflanzendomestikate vorliegen, ist die Produktion von Keramik erst um 2000 v. Chr. belegt14.

      Südamerika

      In Südamerika müssen im Zusammenhang mit der Frage nach dem Beginn der Nahrungsmittelproduktion Ecuador und das nördliche Peru, die nördliche und mittlere Andenregion, Kolumbien und das Amazonasbecken betrachtet werden15. Die Naturräume, in denen sich diese Prozesse abspielten, sehen daher ganz unterschiedlich aus. Neben den genannten Gebieten werden weitere Einzelbelege z. B. für die Domestikation der Ananas oder der Pfirsichpalme diskutiert. Dabei steht in Südamerika die Erforschung etlicher Arten erst am Anfang. In vielen Fällen ist noch unklar, wann die Domestikation begann und für einige Arten muss geklärt werden, ob sich diese in einer oder unabhängig voneinander in mehreren Regionen abspielte. Ein gemeinsames Merkmal der beschriebenen Regionen ist hingegen, dass sich diese Prozesse im Kontext mobiler Jäger- und Sammlergruppen vollzogen. Sesshaftigkeit lässt sich in Südamerika erst nach 4000 v. Chr. fassen16.

      Für Kolumbien wird die Domestikation von Kürbis, Indischem Blumenrohr, Pfeilwurz, Süßkartoffel und Tannia (Aaronstabgewächs) angenommen, für Ecuador und Nordperu die von Kürbis, Baumwolle und verschiedenen Bohnenarten. Für die nördlichen Anden wird diskutiert, ob Kartoffel, Lama, Alpaka und knolliger Sauerklee hier domestiziert wurden, für die mittleren Anden Quinoa, Amaranth und das Meerschweinchen. Im Amazonasbecken wird hingegen der Ursprung der domestizierten Formen von Maniok und Erdnuss gesehen. Über die genannten Regionen hinaus spielen einzelne Fundstellen in der Diskussion z. B. um den Ursprung von Ananas, Pfirsichpalme oder Chilischoten und Coca eine Rolle17. Die hier beschriebenen Prozesse können für einige Arten wie Yams, Indisches Blumenrohr, Pfeilwurz oder Tannia bislang jedoch nicht abschließend nachvollzogen werden.

      Asien

      China

      Auch innerhalb der Grenzen des heutigen Chinas kam es zur Domestikation verschiedener Wild- und Pflanzenarten. Bemerkenswert ist, dass die Nutzung von Keramik bereits sehr lange vor dem Beginn der Nahrungsmittelproduktion belegt ist. In der Höhle Xianrendong in Südchina konnte schwach gebrannte Ware dokumentiert werden, die um 20 000 vor heute datiert wird18. In Ostasien, einschließlich Japan, folgen dann über die nächsten 10 000 Jahre bis zum Ende der Eiszeit eine Reihe von Fundplätzen mit früher Keramik im Milieu von Wildbeutergemeinschaften19.

      Für die Pflanzendomestikation müssen zwei Regionen näher betrachtet werden – im nördlichen China das Einzugsgebiet des Huanghe-Flusses mit den umliegenden Gebirgszügen, im südlichen China der Flusslauf des Yangtze. An dessen Unter- und Mittellauf lassen sich die frühesten Nachweise für die Kultivierung und schließlich Domestikation von Nassreis fassen (Oryza Sativa, unklar bleibt, ob indica oder japonica, diskutiert wird jedoch, ob die Differenzierung zu jenem Zeitpunkt evtl. noch nicht stattgefunden hatte). Dabei kann die Domestikation als langsam verlaufender Prozess nachgezeichnet werden, der erst zwischen 4500 und 4000 v. Chr. abgeschlossen war. Dieser gehen mehrere Jahrtausende intensiver Nutzung und Kultivierung von Nassreis voraus20. Die Entwicklung lässt sich sowohl am Mittellauf (sog. Pengtoushan-Bashidang-Kultur) als auch am Unterlauf des Yangtze (sog. Hemudu-Kultur) fassen. So datieren Nassreisfunde in den frühen Kulturschichten von Bashidang (Prov. Hunan), die eine erste Kultivierung anzeigen, um 7000–6000 v. Chr., die Domestikation ist hingegen erst ca. 2000 Jahre später fassbar21. Im Verbreitungsgebiet der sog. Hemudu-Kultur (Prov. Zhejiang) am Unterlauf des Yangtze wurden ebenfalls frühe Belege für die Domestikation von Nassreis dokumentiert. Die archäologischen Quellen von mehreren Fundorten ermöglichen es, eine schrittweise Entwicklung des Domestikationsprozesses sichtbar zu machen. So liegen aus Kuahuqiao Hinweise auf eine erste gezielte Kultivierung zwischen 6000 und 5700 v. Chr. vor22. Am Fundort Tianluoshan wird zwischen 4900 und 4600 v. Chr. eine Intensivierung der Reisnutzung erkennbar, die begleitet wird von der Zunahme verschiedener Domestikationsmerkmale (abnehmende Brüchigkeit der Ährenspindeln, Zunahme der Korngröße sowie der erhaltenen Phytolithe, verstärktes Auftreten begleitender Unkrautflora). Diese Entwicklung erreichte nach 4500 v. Chr. schließlich ihren Höhepunkt und wird derzeit als zeitlicher Marker für die Domestikation des Nassreises gewertet23.

      Die Domestikation von Kolben- und Rispenhirse (Setaria italica und Panicum miliaceum) fand hingegen im nördlichen China, im Vorgebirgsbereich zwischen HuangHe und den umgebenden Gebirgen statt24. Dabei lassen sich mittlerweile eine ganze Reihe von Fundorten unterschiedlicher und teilweise weit voneinander entfernter archäologischer Kulturen fassen, die frühe, vor 5000 v. Chr. datierende Nachweise domestizierter Hirse lieferten25. Aufgrund der teilweise großen Distanzen zwischen diesen wird diskutiert, ob die Domestikation der beiden Hirsearten unabhängig voneinander an mehreren Orten stattgefunden hat26. Dabei deutet das archäologische Fundmaterial darauf hin, dass dieser Prozess innerhalb hochmobiler Jäger- und Sammlergruppen stattfand27.

      Generell spielen Wildtiere in der Anfangszeit der Pflanzendomestikation in China weiterhin eine wichtige Rolle, wie sich z. B. anhand der neolithischen Fundstellen entlang des Yangtze zeigen lässt. Jedoch gibt es neuerdings auch sehr frühe Hinweise auf die Haltung einheimischer Wildformen des Rindes (Bos taurus/indicus) in Nordchina um 8600 v. Chr.28. Obwohl die domestizierte Form des Schweins ab ca. 6000 v. Chr. (am Fundort Kuahuqiao bereits 6200 v. Chr.; am Fundort Jiahu möglicherweise schon ab 6600 v. Chr.) im Einzugsgebiet des Yangtze und des Huanghe nachweisbar ist, dominieren in den Fundstellen entlang des erstgenannten weiterhin (bis ca. 2000 v. Chr.) verschiedene Wildtier- und Fischarten29. Im Einzugsgebiet des Huanghe spielt das domestizierte Schwein hingegen bereits nach 4000 v. Chr. eine wichtige Rolle als Haustier30. Unsicher ist hingegen die Domestikation des Wasserbüffels, die für die Yangtze-Region angenommen wird31. Auch für die Domestikation von Enten und Gänsen liegen bislang keine ausreichenden Belege vor32.

      Japan

      Während der Nassreisanbau neben dem Anbau von Gerste, Weizen, Hirse und anderen Getreiden in Japan erst ab dem 1. Jahrtausend v. Chr. als etabliert betrachtet werden kann und mit hoher Wahrscheinlichkeit über China und/oder Korea vermittelt wurde, wird bereits für die frühe Zeit der Jomon Kultur (Bezeichnung für die in Japan ab ca. 14 000 v. Chr. bis ca. 500 v. Chr. verbreiteten archäologischen