Big Ideas. Das Politik-Buch. John Farndon. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: John Farndon
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Изобразительное искусство, фотография
Год издания: 0
isbn: 9783831082599
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während die »gerechte Sache« beinhaltet, dass ein Krieg nur zum Wohl des Volkes geführt werden darf und nicht aus Eigeninteresse des Herrschers. Um diesen Kriterien zu entsprechen, muss es eine regelrechte Regierung geben oder einen Herrscher, der durch Gesetze gebunden ist. Deren oder dessen Autorität wiederum muss auf einer Theorie der legitimen Herrschaft gründen und die Ansprüche sowohl der Kirche als auch des Staates berücksichtigen.

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      Die Genfer Konvention umfasst vier Verträge (unterzeichnet 1864 bis 1949). Sie beruhen auf der Vorstellung von einem gerechten Krieg und regeln den Umgang mit Soldaten und Zivilisten.

       Naturgesetz und menschliches Recht

      Durch die Anerkennung des Staates und seiner Autorität unterschied sich Thomas von Aquin von anderen Denkern seiner Zeit. Da er die Gerechtigkeit als unverzichtbare Tugend ansah (beeinflusst von Platon und Aristoteles), dachte er über die Rolle des Rechts in der Gesellschaft nach. Angesichts der unruhigen Zeiten überrascht es nicht, dass er dazu die Unterschiede zwischen göttlichem und menschlichem Recht untersuchte – und damit die Gesetze von Kirche und Staat.

       Das Recht auf Krieg

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      Für Thomas von Aquin ist ein Krieg nur zur Wiederherstellung des Friedens rechtmäßig.

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      Ein gerechter Krieg kann nur unter der Autorität des Herrschers geführt werden.

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      Der gerechte Grund für einen gerechten Krieg kann nur im Wohl des Volkes liegen.

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      Die Gesetze, die wir für uns und unsere Gesellschaft erlassen, müssen auf dem Naturgesetz beruhen, das seinerseits das ewige Gesetz des Universums widerspiegelt.

      Als Christ glaubt Thomas von Aquin daran, dass das Universum von einem ewigen, göttlichen Gesetz beherrscht wird, zu dem die Menschen – als einzige rationale Wesen – eine besondere Beziehung haben. Weil wir vernunftbegabte Wesen sind, unterliegen wir einem »Naturgesetz«, auf das wir durch die Beschäftigung mit der menschlichen Natur stoßen und aus dem wir unsere Moral ableiten. Thomas von Aquin sah darin keinen Widerspruch zum göttlichen Gesetz, sondern er betrachtete dies als unseren Beitrag zum ewigen Gesetz.

      Die Vernunft, so argumentierte er, sei eine von Gott gegebene Fähigkeit, die es uns ermöglicht, das Naturgesetz zu erkennen. Dies sei der Weg, über den das ewige Gesetz uns Menschen erreicht, in Übereinstimmung mit unserer Natur als soziale Wesen. Doch das Naturgesetz, in dem es um Moral und Tugend geht, darf nicht mit den menschlichen Gesetzen verwechselt werden. Letztere regeln unsere täglichen Angelegenheiten und ermöglichen das reibungslose Funktionieren unserer sozialen Gemeinschaften. Diese von Menschen gemachten Gesetze sind von Natur aus fehlbar, ihre Gültigkeit kann nur im Vergleich mit dem Naturgesetz beurteilt werden.

      »Die Vernunft im Menschen ist wie Gott in der Welt.«

       Thomas von Aquin

       Der Wunsch nach Gemeinschaft

      Während Thomas von Aquin das Naturgesetz mit unserer Fähigkeit zum rationalen Denken verbindet, erklärte er, dass die menschlichen Gesetze auf einem anderen Aspekt unserer Natur basieren: dem Bedürfnis nach sozialer Gemeinschaft. Diese Idee ähnelt sehr der aristotelischen Vorstellung in der Politeia, über die Thomas von Aquin einen umfassenden Kommentar geschrieben hat: Der Mensch ist von Natur aus ein »politisches Wesen«. Der Wunsch, Sozialverbände zu bilden, unterscheidet uns vom Tier. Wie Aristoteles erkennt Thomas von Aquin, dass Menschen von Natur aus Familien bilden, dann Dörfer und am Ende politische Gesellschaften wie Stadt- oder Nationalstaaten. Im Prinzip war er also mit Aristoteles einer Meinung. Doch war seine Vorstellung vom Staat als einer perfekten Gemeinschaft nicht die gleiche wie bei den alten Griechen, weil diese nicht mit den Ansichten der Kirche im 13. Jahrhundert zusammenpasste.

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      Den Briand-Kellogg-Pakt unterzeichneten 1928 15 Staaten. Er untersagte es ihnen, einen Krieg zu beginnen – gemäß Thomas von Aquins Prinzip, dass Krieg nur geführt werden solle, um den Frieden wiederherzustellen.

      Die griechischen Philosophen sahen als das Ziel einer Gesellschaft, dass sie den Bürgern ein »gutes Leben« in Übereinstimmung mit Tugend und Vernunft ermöglicht. Thomas von Aquins Interpretation weicht davon geringfügig ab. Für ihn besteht die Aufgabe der politischen Gesellschaft darin, ihren Bürgern zu ermöglichen, die Fähigkeiten der Vernunft zu entwickeln und dadurch ein Verständnis der Moral zu erreichen – mit anderen Worten: des Naturgesetzes. Dann sind sie in der Lage, gut zu leben, in Übereinstimmung mit dem Naturgesetz und – als Christen – in Übereinstimmung mit dem göttlichen Recht.

       Gerecht herrschen

      Mit welcher Regierungsform lassen sich die Ziele einer solchen politischen Gesellschaft am besten erreichen? Wieder folgt Thomas von Aquin Aristoteles und klassifiziert verschiedene Regierungsformen nach der Anzahl der Herrscher und – das ist der entscheidende Punkt – danach, ob ihre Herrschaft gerecht oder ungerecht ist. Die Herrschaft durch einen Einzelnen heißt Monarchie, wenn sie gerecht ist, aber Tyrannei, wenn sie ungerecht ist. Die gerechte Herrschaft durch wenige stellt die Aristokratie dar, die ungerechte Form die Oligarchie. Als gerechte Herrschaft durch das Volk gilt eine Republik oder eine Politie, den Gegensatz dazu bildet die ungerechte Volksherrschaft der Demokratie.

      »Ein gerechter Krieg ist auf lange Sicht besser für die Seele des Menschen als der Frieden im größten Wohlstand.«

       Theodore Roosevelt

      Ob die Regierungsformen nun gerecht oder ungerecht sind, hängt von den Gesetzen ab, durch die der jeweilige Staat geordnet wird. Thomas von Aquin definierte das Gesetz als »Anordnung der Vernunft im Hinblick auf das Gemeingut, erlassen und öffentlich bekanntgegeben von dem, der die Sorge für die Gemeinschaft innehat.« Dies beschreibt, was er unter einer gerechten Herrschaft verstand. Die Gesetze müssen auf der Vernunft beruhen, nicht auf dem göttlichen Gesetz, das dem Staat von der Kirche aufgezwungen wird. Nur so können wir unser menschliches Bedürfnis befriedigen, für uns selbst das Naturgesetz abzuleiten.

       Die Ordnung erhalten

      Thomas von Aquin erläuterte weiter, dass die rein menschlichen Gesetze nötig sind, um die Ordnung in der Gesellschaft zu erhalten. Das Naturgesetz bestimmt unsere Entscheidungen über die Moral: Was ist ein Verbrechen, was eine Ungerechtigkeit? Aber das menschliche Gesetz entscheidet, welche Strafe angemessen ist und wie sie durchgesetzt werden soll. Die menschlichen Gesetze schrecken Übeltäter ab oder bringen sie dazu, das Gemeinwohl zu respektieren – und schließlich tugendhaft zu werden. Die Gerechtigkeit der menschlichen Gesetze wird am Naturgesetz gemessen. Wenn sie ihm nicht genügen, sollten sie nicht als Gesetze gelten.

      Der zweite Teil der Definition ist entscheidend, wenn es um die Gerechtigkeit der Regierung geht. Das angewandte Recht soll dem Interesse des gesamten Volkes dienen, nicht nur den Interessen des Herrschers. Allein mit solchen Gesetzen kann der Staat Bedingungen schaffen, unter denen seine Bürger sich geistig und moralisch frei entwickeln können.

      Doch