Pink Floyd. Mark Blake. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Mark Blake
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Изобразительное искусство, фотография
Год издания: 0
isbn: 9783854456063
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mich daran, dass ich sehr stoned war, aber gleichzeitig war ich mir auch absolut bewusst, dass wir uns von nun an alle auf unsere persönlichen Reisen begeben würden. Ich bin mir nicht sicher, ob wir wirklich eine so einzigartige Gruppe waren, aber manchmal fühlte es sich so an, als ob wir bis 1967 warten mussten, bis der Rest der Welt uns wieder eingeholt hatte.“

      Während sich die hippen Cambridge-Jungs auf ihre jeweiligen persönlichen Reisen begaben, sollten Barrett und Waters weitere zweieinhalb Jahre warten müssen, bis sich ihre und Gilmours Wege wieder kreuzen sollten. Vier Jahre später sollte das Landhaus der Januarys erneut eine Rolle in der Story Pink Floyds spielen, als dessen Rasen und Verandatüren auf dem Cover ihres Albums Ummagumma zu sehen waren. Was zu jenem Zeitpunkt damals aber noch wirklich niemand wissen konnte, war, dass Pink Floyds charismatischer wie verführerischer Frontmann dereinst von einem seiner besten Freunde ersetzt werden sollte.

      3: EIN SONDERBARES HOBBY

      „Turn up, tune in, fuck off!“

      Roger Waters

      Was für eine Party! Ein Mann kriecht durch Götterspeise. Mädchen oben ohne. Abwegige Dichtkunst. Seltsame Musik …“ So berichtete das Sechzigerjahre-Klatschblatt Titbits über „das spontane Underground-Happening“ im Februar 1966. Besagter Event fand im Marquee statt, einem Club in der Wardour Street, also quasi im Herzen Sohos gelegen. Innerhalb weniger Wochen sollte The Pink Floyd Sound, wie sie sich gerade nannten, zu den Bands gehören, die die Musik zu solcherlei buntem Treiben beisteuerten. Das Jahr 1966 sollte in Bezug auf Rockmusik und Popkultur im Allgemeinen weitreichende Folgen nach sich ziehen. Die Beatles veröffentlichten Revolver – ein Album voller exotischer Sounds, die die LSD-Erfahrungen der Band reflektierten – und Cream, die erste sogenannte Supergroup des Rocks, machten sich daran, Heavy Metal zu erfinden. Gleichzeitig verblüffte Jimi Hendrix die Londoner Club-Szene mit seinem grellen, pyrotechnisch angehauchten Ansatz zum Thema E-Gitarre. In London zeigte eine Kollision von Mode, Kunst und Musik langsam Wirkung und sollte im Jahr darauf im sogenannten „Summer of Love“ gipfeln.

      Sowohl Hendrix als auch Cream beeinflussten Pink Floyd. „Ich weiß noch, dass sie beide am Regent Street Poly im Rahmen unserer Semesterabschlussfeier auftraten“, erinnert sich Roger Waters. „Ihre langen Improvisationen zu sehen und zu hören, war echt erstaunlich.“

      Wo auch immer sich die Band in dieser neuen Welt einordnen würde, ihre persönliche Lage war alles andere als glamourös. Die finanzielle Situation war besorgniserregend und auch das Dilemma, Jobs, Ausbildung und Musik unter einen Hut zu bringen, war immer noch aktuell. Mason büffelte am Regent Street Poly, arbeitete nebenher aber auch für Lindys Vater, einem Architekten. Waters hatte sein Studium auf Eis gelegt und sammelte in einer Firma praktische Erfahrung. Wright und Barrett besuchten beide ihre jeweiligen Colleges.

      Pink Floyds Teilnahme an gewissen Happenings in der und rund um die Hauptstadt zu Jahresbeginn 1966 ergab sich aufgrund der Aktivitäten einer Gruppe von Londoner Szenehelden. John „Hoppy“ Hopkins hatte in Cambridge sein Studium abgeschlossen und einst auch als Mediziner für die Atomenergiebehörde gearbeitet. Nachdem er aber unangekündigt Moskau einen Besuch abgestattet hatte, wurde er vom Security Service verhört, woraufhin er schließlich seine Kündigung einreichte. Ab den frühen Sechzigerjahren arbeitete er dann als freiberuflicher Fotograf sowohl für Tageszeitungen als auch den Melody Maker. „Hoppy“ fand Geschmack daran, Dope zu rauchen und die Bourgeoisie vor den Kopf zu stoßen. Er entwickelte einen allgemeinen Sinn für Anarchismus“, erklärte einer seiner Zeitgenossen. Wie ein anderer versicherte, war Hoppy aber auch „ein Naturtalent, wenn es ums Organisieren ging, und zwar zu einer Zeit, als alle anderen nur Schabernack trieben“. Nach einem Abstecher in die USA im Jahr 1964 kehrte Hopkins mit der Idee nach London zurück, eine Underground-Zeitschrift und eine alternative Bildungseinrichtung für Erwachsene, die später als London Free School bekannt werden sollte, zu etablieren.

      Die Schule, die in einem Keller in der Powis Terrace 26 in Notting Hill eingerichtet wurde, sollte zuerst verwirklicht werden. Hopkins erklärte im Oktober 1966, was ihm vorschwebte: „Eine Nicht-Organisation, die über keinerlei gewählte Vertreter oder Verantwortlichkeiten verfügt.“ Einer von Hopkins Bekannten, der schwarze Aktivist Michael de Freitas, auch als Michael X bekannt, arrangierte mit dem Besitzer des Gebäudes die Formalitäten. Die ersten, die in den Keller zogen, waren ein paar Squatter, die der Lokalität im Handumdrehen einen Zurück-zur-Natur-Vibe verliehen. „Es war so feucht und kalt dort unten, dass sie die hölzernen Bodenplatten herausrissen und in Brand steckten“, erinnert sich Hoppy. „Aus diesem Grund wurde die Schule unter anderem für ihren Erdboden bekannt.“

      Mit seinen in psychedelischen Farben gehaltenen Wänden zog der Ort umgehend Musiker, Dichter, Beatniks, liberale Intellektuelle sowie alle möglichen Gestalten des künstlerischen Londoner Undergrounds an. In der Funktion eines Stegreif-Gemeindezentrums stellten sich die Verantwortlichen zur Verfügung, um Besuchern in mietrechtlichen Fragen mit Rat zur Seite zu stehen und sogar Immigranten rudimentäres Englisch beizubringen. Jahre später sollten ein paar der involvierten Personen auch eine Rolle beim Zustandekommen des ersten Notting Hill Carnival spielen. Und Michael X organisierte 1966 auch noch einen Besuch der Box-Legende Muhammed Ali.

      Hoppy betont: „Die Free School war eine Idee, die kein festgeschriebenes Ziel verfolgte. Die Leute, die sie bevölkerten, erfüllten sie mit allem, wonach ihnen war.“ Unter ebendiesen Leuten befanden sich Joe Boyd, ein 25-jähriger Amerikaner, der die britische Niederlassung von Elektra Records leitete, sowie Peter Jenner, ein 24-Jähriger, der seinen Uni-Abschluss in Volkswirtschaftslehre in Cambridge mit Auszeichnung gemacht hatte und inzwischen an der London School of Economics unterrichtete. Jenner war ein ehemaliger Mitbewohner von Eric Clapton und verrückt nach avantgardistischer Musik. Hopkins, Jenner, Felix de Mendelsohn (ein weiterer Absolvent der Free School) und Hoppys Mitbewohner, der Jazz-Kritiker Ron Atkins, hatten gemeinsam eine Produktionsfirma namens DNA auf die Beine gestellt und der Free-Jazz-Gruppe AMM ermöglicht, ein Album einzuspielen. Dank eines, wie Jenner es heute beschreibt, „absoluten Scheiß-Deals“, den Boyd eingefädelt hatte, wurde das AMM-Album Music from a Continuous Performance via Elektra veröffentlicht. „AMM verwendeten Gitarren, Klaviere, aber auch Radios und Sägen für ihre Musik“, erinnert sich Hoppy. „Sie bewegten sich im Grenzbereich zwischen Musik und Lärm. Nachdem man sie sich eine Stunde lang angehört hatte, ging man auf die Straße hinaus und hatte das Gefühl, dass es immer noch weitergehen würde. Es gab da diesen improvisierten Film aus den Fünfzigern, Shadows, von John Cassavetes – und AMM waren wie ein musikalisches Äquivalent dazu. Absolut hypnotisch.“

      Der atonale Ansatz von Keith Rowe, dem Gitarristen von AMM, sowie seine Vorliebe, seiner Gitarre mithilfe diverser Gegenstände Geräusche zu entlocken, hinterließen einen besonderen Eindruck bei Syd Barrett, der später einer Aufnahmesession von AMM beiwohnen sollte. AMM traten auch bei einem der ersten Happenings im Marquee auf. Der Folkie Donovan – er trug rotes und schwarzes Augen-Make-up – sowie der Jazz-Organist Graham Bond gehörten ebenfalls zum musikalischen Line-up des Events am 30. Januar 1966. Das Happening war von Steve Stollman organisiert worden. Sein Bruder Bernard betrieb in New York das experimentelle Label ESP Records. „Ich war ein 22-jähriger Amerikaner, der es sich in London gutgehen ließ“, sagt Steve Stollman heute. „Einer der ersten Orte, den ich aufsuchte, war Better Books, da sie die Platten meines Bruders dort verkauften. Dort lernte ich Hoppy und all diese anderen interessanten Leute kennen. Ich wollte meinem Bruder dabei helfen, dass sein Label vermehrt wahrgenommen würde. ESP veröffentlichte Scheiben von Albert Ayler, Sun Ra und The Fugs – ungewöhnliches Zeug eben. Irgendjemand – vielleicht ja ich – sagte, es würde doch Sinn machen, diesen Club, der am Sonntagnachmittag nicht bespielt wurde, in Beschlag zu nehmen. Also sprach ich mit den Besitzern des Marquees. Meine Argumentation lautete, dass wir Geld für Kingsley Hall [ein Gemeindeprojekt des Psychoanalytikers R. D. Laing] sammeln wollten, da wir alle Laings Buch Knoten gelesen hatten. Ich glaube, dass tatsächlich ein paar Mäuse, die wir damit verdienten, diesem Zweck zugutekamen.“

      Der Event startete um 16 Uhr 30, der Eintritt betrug sechs Shilling und einen Sixpence, es gab keine offizielle Werbung und das Publikum wurde persönlich informiert: Musiker, Autoren, Dichter und andere Underground-Kenner. Ein Ankündigungsschreiben, das zu Promo-Zwecken veröffentlicht