The Rolling Stones. Stanley Booth. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Stanley Booth
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Изобразительное искусство, фотография
Год издания: 0
isbn: 9783854456353
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Boy Arnold, ,Ride An Eldorado Cadillac‘, von Eddie Taylor, Jimmy Reed. Ich glaube nicht, dass wir uns in dieser Phase schon an Muddy Waters oder Bo Diddley versucht haben. Mick machte mich mit einer Menge Sounds vertraut, die ich noch nicht gehört hatte. Er hatte Platten von Ernie’s Re­cord Mart importiert.“

      „Damals war traditioneller Jazz das große musikalische Ding für die jungen Leute – „einiges davon ziemlich funky, manches ziemlich flau und das meiste davon sehr, sehr flau. Rock ’n’ Roll war bereits in Richtung Pop abgedriftet, weil die Massenmedien jeden bedienen müssen. Die Musik war nicht segmentiert, so dass die Kids sich eine einzelne Radiostation hät­ten anhören können. Alles kam in einen Topf und verdickte sich schließ­lich zu dem, was der Durchschnittsmensch hören will, und das ist durch­schnittlicher Schrott. Wie auch immer – es kam damals keine gute Musik aus dem Radio, es gab keine gute Musik von den sogenannten Rock ’n’ Roll-Stars. Es gab rein gar nichts. Ungefähr zur gleichen Zeit kriegen Mick und ich die Sache mit Dick Taylor auf die Reihe, versuchen herauszufin­den, worum es überhaupt geht, wer was spielt und wie sie es spielen, und Alexis Korner gründet in einem Club im Westen Londons, in Ealing, zu­sammen mit einem Mundharmonikaspieler namens Cyril Davies, einem Arbeiter auf dem Autofriedhof einer Mülldeponie, eine Band. Cyril war in Chicago gewesen und hatte im ‚Smitty’s Corner‘ mit Muddy Waters gespielt, weshalb er eine sehr große Nummer war. Er war ein guter Harmonikaspieler und ein begnadeter Nachtmensch; er trank Bourbon wie ein verdammter Fisch. Alexis und Cyril stellten diese Band zusammen und kein anderer als Charlie Watts spielte Schlagzeug. Es war, soweit be­kannt, der einzige Club in England, in dem sie was Ordentliches spielten. In der zweiten Woche nach der Eröffnung gingen wir hin. Dabei sahen wir den ersten Gastmusiker mit der Band spielen – Alexis steht auf und sagt: ‚Und jetzt, Leute, ein sehr feiner Bottleneck-Gitarrist, der den ganzen Weg von Cheltenham gekommen ist, um heute Abend hier zu spielen‘ -, und plötzlich steht da oben der gottverdammte Elmore James, ,Dust My Broom‘, wunderschön gespielt, und das ist Brian.“

      5

      Wenn der Narr auf seiner Torheit beharrte,

      so würde er weise.

      William Blake: „Die Hochzeit von Himmel und Hölle“

      es war nach elf Uhr vormittags, als ich die Halle hinunter und auf den Kühlschrank mit dem frischen Fruchtsalat zukrabbelte und hoffte, dass er die Kopfschmerzen lindern würde, die mir als Souvenir vom Kokainkon­sum der letzten Nacht geblieben waren. David Sandison, der gerade aus dem Büro kam, tauchte schemenhaft vor mir auf und sein Gesicht war traurig wie das eines Bassethundes. Er fragte, ob ich gerade aufgestanden wäre, ich sagte brüsk: „Stimmt“ und hatte es auf den dickflüssigen Apfel­saft, die kalten Erdbeeren, die Ananas- und Orangenspalten abgesehen –könnte sein, dass sie dich zu bestehlen versuchen, aber hungern lassen wür­den sie dich nie. Sandison sagte: „Dann hast du noch nicht von Kerouac gehört.“

      „Was ist mit ihm?“

      „Er ist tot.“

      „Wo hast du das gehört?“ fragte ich, weil man solche Dinge nie glau­ben will.

      „Es war heute morgen im Radio. Er ist vergangene Nacht gestorben. Er lebte in Florida. Hast du das gewusst?“

      Ich antwortete nicht, weil ich in meinen Gedanken gerade im Bus von Waycross nach Macon, Georgia, fuhr, Lumber City vor uns, und eine Ge­schichte in einem Buch las, das ich aus der Okefenokee-Regionalbibliothek entliehen hatte, da es in Waycross keine Buchhandlung gab, wenn man vom Laden, der Bibeln verkaufte, absieht. In der Geschichte sang ein mexikanisches Mädchen einem jungen Amerikaner jenen Song von Piano Red vor, den wir immer in der Jukebox am See spielten, wo ich mit mei­nen Highschool-Freunden tanzte und Autorennen veranstaltete und Liebe im Auto machte. Noch nie hatte ich eine Story wie diese gelesen. Die Leute darin fuhren schnell und liebten einander in Autos, und das ließ mein Leben mehr wie etwas erscheinen, worüber man liest – oder wie der Song es ausdrückte: „If you can’t boogie, you know I’ll show you how.“ Dann erinnerte ich mich daran, dass die einzige Arbeit, die ich auf Grund eines vorliegenden Vertrages zu erledigen hatte, eine Story für „Esquire“ über Kerouac war. In Erwartung einer Nachricht von den Stones hatte ich die Reise für ein Interview nach Florida aufgeschoben. Der Gedanke kata­pultierte mich in die Gegenwart zurück, wo ich immer noch hungrig auf einer Couch im Wohnzimmer saß. Meine Stimmung hatte sich verändert und ich machte mir ein Schinkensandwich und trank ein Bier.

      Mick, Mick und Keith waren eingetroffen. Jagger hielt sich im Büro, dessen Tür geschlossen war, auf, während Keith mit Mick Taylor Tennis spielte und dann im Pool zur Schau stellte, was er „die über sechs Jahre an den Stränden dieser Welt perfektionierte Form“ nannte. Nur sechs Jahre ein Rolling Stone und er sah aus wie hundert. Wie alt hatte Kerouac aus­gesehen? Grimmig beobachtete Sandison Keith beim Schwimmen. Bevor er sich ins Publicity-Spektakel gestürzt hatte, war Sandison Reporter für eine englische Kleinstadtzeitung gewesen. Sowohl sein Körper als auch sein frühzeitig kahl werdender Kopf waren birnenförmig; Kerouac hatte ein den Birnenförmigen unbekanntes Vagabundenleben geführt. Sandison fühlte sich wirklich so, als wäre ihm etwas weggenommen worden. Er er­zählte Keith von Kerouac, und obwohl Keith ihn niemals gelesen hatte, schwamm er ein paar Stöße lang gleichsam ernsthafter.

      Als Keith wieder angezogen war und zurück zum Haus ging, erinner­te ich mich daran, dass ich ihm mitteilen wollte, dass ich den Brief ge­schrieben hatte. „Yeah“, sagte er, „ich werde mit Mick darüber reden“, und versetzte mich damit wieder in eine gedrückte Stimmung. Die Dinge schienen sich nie über diesen Punkt hinaus zu entwickeln, aber ich ging zurück in mein Oz-Zimmer und holte den berühmtberüchtigten Brief. Als ich eine Minute später zurückkam, war Keith weg. Jagger saß mit Jo Berg­man auf einer Couch im Wohnzimmer, besprach Geschäftliches und run­zelte die Stirn. Ich schaute in den Hinterhof, sah niemanden und ging dann nach vorne, wo ich Mick Taylor alleine antraf. Ich sagte nicht: „Wo zum Teufel ist Keith?“, sondern bemerkte leichthin: „Verrücktes Business, lau­ter Leute, die herumrennen.“ Es war der erste Satz, den ich, soweit ich mich erinnern kann, zu Mick Taylor sagte. Er lächelte einfach und mein­te: „Mir sind die Business-Angelegenheiten egal, solange ich mich nicht darum kümmern muss.“ Dann erst fragte ich: „Wo zum Teufel ist Keith?“

      „Er ist mit Charlie gerade auf dem Weg ins Studio.“

      Ich ging wieder rein und dachte, zur Hölle damit.

      Dann blickte Jagger auf, als ich vorbeiging und fragte: „Gibt es da nicht einen Brief, den jemand von mir unterschrieben haben will?“ Jetzt runzelten wir beide die Stirn. Ich zog den Brief hervor und er unterschrieb ihn. Jo stand hinter der Couch und dachte gar nicht daran, nicht über un­sere Köpfe hinweg mitzulesen.

      Ich hatte die Namen der Stones in der Reihenfolge aufgeschrieben, in der ich ihre Unterschriften einzusammeln gedachte – Jagger, Richards, Watts, Wyman, Taylor. Denn ich wusste, dass auch die anderen unter­schreiben würden, wenn erst einmal Jagger und Richards unterschrieben hatten. Ich fuhr also mit den beiden Micks am „Whisky-à-Go-Go“ und an der Hollywood High School vorbei zum Sunset Sound Studio, wo sie ihr neues Album fertigstellten. Ich bat Keith, der auf einer Couch vor dem Mischpult rumhing, den Brief zu unterschreiben. Er tat es, aber an der falschen Stelle. „Macht nichts“, meinte ich, und obwohl Mick Taylor am Ende der Liste stand, gab ich ihm das Papier und den Stift, weil er neben Keith saß, und er unterschrieb. Charlie beugte sich über die Mischpultkonsole und unterzeichnete ebenfalls. Damit waren es vier von fünf. Ich ging in einen Büroraum und rief Wyman im Beverly Wilshire an, wo er und Astrid noch immer untergebracht und damit gar nicht glücklich waren. Er sagte, dass er nicht ins Studio, dafür aber gegen halb acht zum Dinner ins Oriole-Haus kommen und dann unterschreiben wolle. „Das wird ja in Ordnung sein, oder?“ fragte er, und ich sagte: „Klar doch.“ Aber ich woll­te den Brief noch heute abend losschicken. Die Tournee würde bald be­ginnen, ich erwartete große Ausgaben und ich wusste instinktiv, dass es endlos dauern würde, einen Vertrag zu bekommen und noch länger, um bezahlt zu werden.

      Als ich in den Regieraum des Studios zurückging, brachen Charlie und Mick Taylor gerade auf und ich fuhr mit ihnen zurück zum Oriole-Haus. Wyman und Astrid kamen zum Dinner herüber, weil sie genug