Schwertmeister der Magie: Drei Fantasy Sagas auf 2500 Seiten. Alfred Bekker. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Alfred Bekker
Издательство: Readbox publishing GmbH
Серия:
Жанр произведения: Историческая фантастика
Год издания: 0
isbn: 9783745214710
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sind wie Blinde, die den Angriff eines Gegners erwarten. Und darum werden wir immer in Bereitschaft sein müssen.“

      „Ist es dann nicht besser, von hier fortzugehen und sich irgendwo zu verstecken?“

      Gorians Vater schüttelte den Kopf. „Nein, denn im Augenblick bist du hier am sichersten. Hier kann ich alles für deinen Schutz vorbereiten. Und glaub ja nicht, dass es sehr viel nützt, wenn du viele Meilen zwischen dir und dem Frostherrn legst. Er kann dich überall finden und erreichen. Wichtig ist, vorbereitet und kampfbereit zu sein. Und die Zeichen zu erkennen.“

      Gorian war die Verletzung an Nhorichs Hand schon aufgefallen, nachdem dieser den zerschmetterten Gargoyle fortgebracht und an einem geheimen Ort vergaben hatte. Sein Blick fiel erneut darauf, als Nhorich das Schwert Schattenstich in die andere nahm.

      „Erzähl mir von Ar-Don“, forderte er. „Du hast diesen Namen offenbar schon seit langem gekannt.“

      Nhorich schüttelte den Kopf. „Erst als diese kleine Bestie aufgetaucht ist, habe ich ihren Namen erfahren ...“

      „Aber ...“

      „... und zwar auf gleiche Weise, von der ich annehme, dass auch du diesen Namen erfahren hast: durch die aufdringlichen Gedanken dieser Kreatur. Ich war nur leicht überrascht, dass du so etwas wahrzunehmen vermagst, obwohl du noch keinerlei Ordensausbildung hinter dir hast. Die Alte Kraft ist sehr stark in dir.“

      „Aber ich hatte den Eindruck, dass du diese Kreatur ... kanntest“, sagte Gorian.

      „O ja, ich kenne sie“, gab Nhorich zu. „Seit sehr langer Zeit. Aber diese Kreatur trug damals noch keinen Namen, und ihre äußere Erscheinung war eine andere. Dennoch habe ich sie sofort erkannt.“

      Er hob die verletzte Hand. Fast die gesamte Innenfläche war knallrot. Die einer Brandwunde ähnliche Verletzung schien sich entzündet zu haben.

      „Bevor ich Ar-Don vergrub, habe ich ein Bruchstück seines Kopfes berührt, weil ich meinen Geist mit seinen Erinnerungen verbinden wollte, um zu erfahren, was ihm seit unserer letzten Begegnung widerfahren ist und weshalb man ihn hierher schickte. Denken konnte ich es mir zwar, aber ich wollte sicher sein.“ Nhorich schloss für einen Moment die Augen – beinahe so, als müsste er einen Schmerz unterdrücken. „Das ist etwas, wozu selbst ein Meister sehr viel Kraft braucht“, erklärte er. „Und vielleicht wird mich das, was ich getan habe, umbringen, wenn sich herausstellt, dass ich doch zu schwach bin, es auszuhalten. Aber ich brauchte Gewissheit.“

      Gorian starrte auf die Wunde und fragte: „Die Gewissheit worüber?“

      „Die Gewissheit darüber, dass du derjenige bist, der Morygors Schicksalslinie kreuzen wird und ihn besiegen kann. Die Gewissheit darüber, dass Morygor, der ansonsten keine Furcht kennt und dessen Herz so eisig geworden ist wie das Land, das er von den Frostgöttern verwüsten lässt, sich vor diesem Moment ängstigt und alles versucht, damit er nicht eintrifft.“

      Er hob Schattenstich mit der gesunden Hand und betrachtete die Klinge, während er fortfuhr: „Ich will dir erzählen, wer Ar-Don war. Es begann alles in jener Nacht, als du geboren wurdest und der Stein mit dem Sternenerz vom Himmel fiel. Ich schmiedete daraus diese beide Schwerter und gab ihnen Namen, wie du wohl weißt. Das Sternenmetall aber entstammt einem Bruchstück des Schattenbringers, der unsere Sonne mehr und mehr verdunkelt. Es ist sehr viel an dunkler Kraft in ihm – mehr als irgendein Meister, und sei er noch so stark, beherrschen könnte. Also musste ich den Großteil dieser Kraft austreiben, indem ich die Schwerter immer wieder aufschmolz und neu schmiedete. Nie zuvor und nie wieder danach habe ich so lange für eine Schmiedearbeit gebraucht. Nie zuvor hat mich etwas so viel Kraft gekostet, denn die dunkle Macht wirkte dermaßen stark in dem Sternenmetall, dass ich immer nur einen Teil davon auszutreiben vermochte. Selbst mit den stärksten Ritualen und Zauberformeln des Ordens war einfach nicht mehr zu schaffen. Doch ich wurde ungeduldig und nahm mir zu viel auf einmal vor. Ich glaube, daran hat es dann wohl letztlich gelegen ...“ Gorian sah, wie der Blick seines Vaters in sich gekehrt wurde und Nhorich in Gedanken tief in die Vergangenheit abtauchte.

      „Was meinst du damit?“, fragte Gorian, aber Nhorich antwortete seinem Sohn zunächst nicht, schien nicht einmal dessen Worte gehört zu haben. Sein Gesicht veränderte sich und zeigte auf einmal einen Ausdruck innerer Qual und Verzweiflung.

      „Warum lässt du mich nicht einfach an deinen Erinnerungen teilhaben?“, fragte Gorian in die Stille hinein, die so drückend wirkte wie der Moment vor einem Gewitter. „Das wäre doch möglich.“

      Ein Ruck ging durch Nhorichs Gestalt. „Nein, das geht nicht. Du sollst alles wissen, was es zu wissen gibt und was du erfahren musst, um für den Moment gerüstet zu sein, der alles entscheidet, aber du sollst nicht vorher schon geschwächt werden, indem du deine Unbefangenheit zu einem Zeitpunkt verlierst, da dies dir nur schaden kann. Deswegen werden wir auf keinen Fall eine geistige Verbindung eingehen, die dich an meinen Erinnerungen teilhaben lässt. Schon deshalb nicht, weil es auch die Erinnerungen Ar-Dons wären, die du dann verinnerlichen würdest, und der ist ein Wesen der Finsternis und des Bösen und du noch zu schwach, um ihm zu widerstehen. Also werde ich dir nur in groben Zügen erzählen, was geschehen ist, und das soll genügen.“

      Sodann fuhr er mit seinem Bericht fort: „Ich wurde also immer ungeduldiger, obwohl ich die Erschöpfung gar nicht spürte, denn dafür war ich zu erfüllt von meiner Aufgabe. Der Schattenbringer verdunkelte schon damals die Sonne, wenn auch noch nicht in dem Maße wie heute, und ich glaubte, wenigstens einige wenige Waffen schmieden zu können, mit denen der Kampf gegen Morygor nicht schon von vornherein verloren wäre. Ich schmolz die Klingen gerade zum letzten Mal auf, um sie erneut zu schmieden. Es war immer noch viel von der finsteren Macht in dem Metall, mehr vielleicht, als die meisten Schwertmeister des Ordens innerlich ertragen hätten. Aber war ich denn nur irgendein Schwertmeister? Und war mein Sohn, für den die zweite Klinge bestimmt war, nicht gerade im Zeichen des Sternenmetalls zur Welt gekommen? Warum also nicht etwas wagen, um dadurch stärkere Waffen zu schmieden. Waffen, die mehr von der finsteren Kraft enthielten, als ich es ursprünglich geplant hatte und es den Lehren der geheimen Schmiedekunst entspricht, wie sie von den Meisterzirkeln des Ordens bis heute bewahrt werden.

      Ich schlug die Schlacke von den Klingen – doch diese Schlacketeile enthielten schon so viel von dieser üblen Kraft, dass sie zu unheimlichem Leben erwachten. Ich war derart in meiner Arbeit vertieft, dass ich die Anfänge gar nicht mitbekam.

      Die Schlackestücke ballten sich zusammen, verschmolzen miteinander, und ehe ich mich versah, bildeten sich aus ihnen kleine Gargoyles. Wesen, die ständig ihre Gestalt änderten, die aufglühten, als wären sie noch einmal in den Ofen geworfen worden, um das letzte bisschen Erz aus ihnen herauszuschmelzen, und die dann wie kleine steinerne Flugdrachen durch die Luft schwirrten.

      Wäre ich kein Schwertmeister gewesen und nicht in der Kampfkunst so gut ausgebildet wie nur wenige von ihnen, ich hätte bereits den ersten Angriff dieser Biester nicht überlebt. Ich aber packte beide frisch geschmiedeten Schwerter in dem Bemühen, ihre Kräfte zu kontrollieren, obgleich sie noch nicht mit magischen Kraftzeichen versehen waren. Sie waren so leicht, dass ich sie mit unglaublicher Schnelligkeit führen konnte - einer Schnelligkeit, die der dieser kleinen Bestien ebenbürtig war.

      Einen Gargoyle nach den anderen erwischte und zerschlug ich. Der Boden der Schmiede war übersät mit ihrem Staub, glühenden Bruchstücken und was sonst noch an Überresten von ihnen blieb. Du siehst dort heute manche Brandflecke, mein Sohn, und einige davon stammen von ihnen.

      Die übrigen Gargoyles umschwirrten mich wie ein Schwarm mörderischer Insekten, und manchmal verschmolzen mehrere von ihnen zu einem größeren Exemplar. Ich hatte damals einen Hund. Er hieß Branwulf, ein Nemorischer Wolflingshund. Er hätte dir bis zur Schulter gereicht, mein Sohn. Branwulf hatte ein gutes, friedfertiges Wesen, doch er hätte mich jederzeit verteidigt. Er muss gespürt haben, dass ich angegriffen wurde, denn er sprang durch das offene Fenster der Schmiede, ohne dass ich es verhindern konnte.

      Einer der Gargoyles tötete ihn und verwandelte seinen Kadaver, machte ihn zu einem Teil seiner eigenen steinartigen Masse, und auf einmal war jener Gargoyle nicht mehr