Beter, Mönche und Gelehrte. Marc Witzenbacher. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Marc Witzenbacher
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Философия
Год издания: 0
isbn: 9783766642592
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wurde Janssen im Dom zu Münster zum Priester geweiht. Zwölf Jahre wirkte Janssen anschließend als Lehrer an der Bürgerschule in Bocholt. Er galt als streng und war bei seinen Schülern nicht sonderlich beliebt. In dieser Zeit kehrte sich Janssen sehr stark nach innen: Selbst von einem intensiven Gebetsleben und einer tiefen Verehrung des Heiligsten Herzens Jesu erfüllt, wurde Janssen dann zum Leiter des Gebetsapostolates der Diözese Münster ernannt. Dabei machte Janssen einen wesentlichen Schritt, als er – durchdrungen von der Bitte Jesu, dass alle seine Jünger eins sein sollen (vgl. Joh 17, 21) – den Apostolat auch für andere Konfessionen öffnete. Zu dieser Zeit um 1870 wahrlich keine Selbstverständlichkeit!

      Doch spürten er und die Verantwortlichen, dass Janssen als Gymnasiallehrer seine Begabungen nicht ausleben konnte. Er verzichtete auf seine Lehrtätigkeit und gab anschließend die Zeitschrift „Der kleine Herz-Jesu-Bote“ heraus. In ihr warb er für die Mission und haderte mit der vom Kulturkampf schwer gezeichneten Situation der Kirche in Deutschland. In anderen Ländern wurden Missionare für den Dienst in aller Welt ausgebildet, in Deutschland blieb das der Kirche untersagt: Reichskanzler Bismarck versuchte mit allen Mitteln, den Einfluss der katholischen Kirche zurückzudrängen, und legte ihr zahlreiche Verbote und Arbeitshindernisse auf.

      Dennoch gedrängt von dem Auftrag, die Botschaft des Evangeliums an alles Volk auszurichten, gründete Arnold Janssen im grenznahen niederländischen Steyl die Gesellschaft des Göttlichen Wortes (Steyler Missionare) und später zwei Genossenschaften der Dienerinnen des Heiligen Geistes, Missions- und Anbetungsschwestern. Aus bescheidenen Anfängen wuchs eines der größten Missionswerke, das Tausende Priester und Missionsschwestern in alle Kontinente entsandte. Bis heute breitet sich der Orden der Steyler Missionare weiter aus.

      Arnold Janssen war begeistert – im wahrsten Sinn. Er verehrte besonders den Heiligen Geist als die Kraft, die Menschen dazu befähigt, die Botschaft des Evangeliums weiterzugeben. Seine Kraft bezog Janssen aus einem regelmäßigen Gebet, vor allem des Rosenkranzes, sowie einem intensiven Bibelstudium. Leben und Arbeiten solle durchdrungen sein von der biblischen Botschaft, das gab er auch an seine Ordensleute weiter. Der Eifer schlug nicht selten in eine asketische Strenge um und ließ manche an den hohen Ansprüchen des Ordensgründers scheitern.

      Doch die drei Ordensgemeinschaften wuchsen dennoch schnell und wirkten segensreich in vielen bislang vom Evangelium unerreichten Winkeln der Erde. Geschickt machte sich Janssen dabei die rasante Entwicklung der Presse in seiner Zeit zu eigen und entwickelte bei seinen zahlreichen Lesern missionarisches Bewusstsein und die Bereitschaft, die Missionare auch finanziell zu unterstützen. Am 15. Januar 1909 starb Janssen, dankbar für das Wirken seines Ordens in allen Kontinenten. Paul VI. sprach Janssen am 19. Oktober 1975, dem Weltmissionssonntag, selig. Bereits 2003 wurde Janssen von Johannes Paul II. heiliggesprochen.

      Was können Christen 100 Jahre nach Arnold Janssens Tod von dem Heiligen lernen? Ein geregeltes Gebetsleben ist fruchtbar und wirkt sich darauf aus, wie wir als Christen im Alltag unser Leben gestalten. Wer mit Gott spricht und im lebendigen Dialog mit dem Dreieinen steht, der möchte anderen das Wort Gottes erschließen und entfalten. Missionarische Kirche zu sein, die im Dialog Position bezieht und nicht mit ihrer Meinung hinterm Berg hält, das war Janssens Bestreben. Immer im Bund mit der Liebe, die Gott zu allen Menschen hat. Im Leitbild der Steyler Missionare ist bis heute verankert, Menschen in ihrer Kultur, in ihrer Sprache und in ihrer Lebenswelt das Evangelium nahezubringen.

      SVD – Societas Verbi Divini – Gesellschaft des göttlichen Wortes: So heißt die Gründung Arnold Janssens. Den Schatz der Bibel zu heben und ihm im Alltag lebbar zu machen, war ein weiteres Anliegen des Steyler Ordensgründers. Vielleicht erlebt die Kirche vor allem in der Rückbesinnung auf ihre Wurzeln von Gebet und Bibelstudium einen missionarischen Aufschwung. Arnold Janssens Werk und Leben zeigen, dass dieser Weg fruchtbar sein kann.

      Missionarin der Nächstenliebe: Mutter Teresa

      Für einige ihrer Zeitgenossen war die kleine Frau die mächtigste Frau der Welt. Ihr Wort hatte Gewicht. Ob Staatsmänner, Wirtschaftsbosse oder der Papst: Auf das, was Mutter Teresa sagte, hörte man. Wahrscheinlich, weil man ihr abnahm, was sie sagte. Sie hatte von Beginn an Ernst mit ihrem Leben gemacht. In größter Gefahr für das eigene Leben scheute sie keine Mühen und Anstrengungen, den Ärmsten der Armen zu helfen und ihnen beizustehen.

      Als Mutter Teresa, die Missionarin der Nächstenliebe, im Jahr 1997 starb, gingen die Bilder von der kleinen, runzeligen Frau im einfachen Sari mit dem blauen Streifen um die Welt: Mutter Teresa in den Heimen für Leprakranke in Kalkutta, in den Krankenstationen, wo Menschen mit Tuberkulose und Aidskranke um ihr Leben kämpften. Aber auch Bilder von der betenden Mutter Teresa. Von einer Frau, die ihre Kraft aus ihrem Glauben und der engen Beziehung zu Gott schöpfte. Als in den vergangenen Jahren die Tagebuchaufzeichnungen von Mutter Teresa auftauchten, konnte man auch von den Zweifeln und den Schwierigkeiten lesen, die Mutter Teresa beschäftigten. Doch ließ sie sich nicht beirren, hielt unerschütterlich fest an der Überzeugung, in den Ärmsten Christus zu begegnen.

      Als Agnes Gonxha Bojaxhiu wurde Mutter Teresa am 27. August 1910 in Skopje geboren. Agnes, deren albanische Eltern katholisch waren, setzte ihren Wunsch durch, sich dem irischen Loretoorden anzuschließen, der in Indien missionierte. Schon mit achtzehn Jahren wurde sie nach Kalkutta an die St. Mary’s Highschool geschickt, wo sie schließlich jahrelang unterrichtete und auch die Leitung übernahm. 1936 legte Agnes die ewigen Gelübde ab und nannte sich Teresa nach der heiligen Thérèse von Lisieux.

      Ein erschütterndes Berufungserlebnis bewog sie, dieses relativ komfortable Leben aufzugeben, um nur noch den Armen zu dienen. Papst Pius XII. entsprach ihrer Bitte um Exklaustrierung, sie durfte als Nonne außerhalb des Ordens arbeiten. Fortan lebte sie im Slumviertel Kalkuttas unter den gleichen Bedingungen wie die Bewohner, die oft ablehnend und misstrauisch waren. In Paris hatte sich Mutter Teresa einige medizinische Kenntnisse erworben und nach ihrer Rückkehr nach Kalkutta 1948 den Orden der Missionarinnen der Nächstenliebe gegründet. Unterstützt wurde Teresa bei ihrer unter schwierigsten Voraussetzungen zu leistenden Arbeit von vielen anderen Frauen, die unentgeltliche Hilfe anboten und sich nicht von schrecklichen Verstümmelungen und stinkenden Wunden abschrecken ließen. Der entscheidende Schritt aus dem komfortablen Kloster mit allen seinen Annehmlichkeiten mitten hinein in die Slums von Kalkutta konnte ihr mit Gottes Hilfe nur deshalb gelingen, weil sie lange harte Arbeit gewohnt war und über eine außergewöhnliche körperliche Konstitution verfügte. Im Kloster hatte sie jahrelang eine innere Unruhe gespürt, die genau im Gegensatz zu ihren dortigen nach außen hin abgesicherten Lebensverhältnissen stand. Die Frage nach Gottes eigentlichem Auftrag für sie beschäftigte Mutter Teresa immer mehr und ihre wahre Ruhe fand sie in dem rastlosen, anstrengenden Einsatz für die Ärmsten der Armen. Vom 10. September 1946, dem Tag ihrer Berufung in der Berufung, bis zum 2. Juni 1983, dem Tag einer schwereren Verletzung am Fuß in Rom, war sie ohne eine einzige Ruhezeit ununterbrochen tätig. Trotz des Leids und der erschütternden Armut, die sie umgab, verbreitete Mutter Teresa stets Fröhlichkeit angesichts schlimmsten Elends. Woher nahm sie die Kraft? Nur eine Antwort, unwidersprochen, glaubwürdig: „Nicht ich, Gott tut alles.“

      Neben der notwendigsten Versorgung gehörte auch Bildungs- und Sozialarbeit zu den Aufgaben des Ordens. Nicht selten erntete Mutter Teresa auch Kritik – insbesondere wegen ihrer toleranten Haltung sowie ihres oft nachlässigen Umganges mit Vorschriften und hygienischen Vorbeugemaßnahmen. Beispielsweise konnten Menschen mit ansteckenden Krankheiten in den einfachen Häusern des Ordens nicht isoliert werden. Auf den Vorwurf, mit ihrem Einfluss nicht zu versuchen, die allgemeinen Lebensbedingungen in Indien zu verbessern, antwortete sie: „Ich bin nicht für den großen Weg, die Dinge zu tun. Worauf es uns ankommt, ist der Einzelne. Wir sind keine Krankenschwestern, wir sind keine Sozialarbeiter, wir sind Nonnen.“ Mutter Teresa handelte mit praktischem Verstand, wenn sie für ihre Armen Geld auftreiben musste. Als Paul VI. ihr 1964 bei einem Indienbesuch sein Luxusauto schenkte, machte sie eine Versteigerung, die den vielfachen Wert einbrachte. Das Galadiner zu ihren Ehren nach der Verleihung des Nobelpreises im Jahr 1979 lehnte sie ab und ließ sich den Wert auszahlen.

      Im März 1997 übergab Mutter Teresa die Leitung des Ordens an ihre Nachfolgerin Schwester Nirmala. Am 5. September desselben Jahres starb sie in Kalkutta. In aller Welt trauerte man um die überzeugende Missionarin