Noch zweimal zieht die Crockett-Familie um. Zuerst lässt sie sich in den eben erschlossenen Gebieten am Enten-und-Elch-Fluss nieder. Es sind, wie Davy Crockett rückschauend feststellt, die schönsten Jahre seines Lebens. Die großen Wälder am Elch-Fluss sind wildreich. Er geht oft wochenlang auf die Jagd und verdient gut am Verkauf seiner Beute. 1810 zieht er nach Franklin County und siedelt am Bohnenfluss. Da bricht der Krieg mit den Creek-Indianern aus.
– Das abenteuerliche Leben des Davy Crockett –
Im Indianerkrieg
Wir wohnten zehn Meilen unterhalb von Winchester, als der Krieg begann. Die Militärs machen heute viel Aufhebens von diesem Ereignis. So meine ich, es könnte ganz interessant sein, es auch einmal aus der Sicht eines einfachen Mannes darzustellen, dem es, als er auszog, um nichts anderes ging als darum, sein Land zu verteidigen. Die Creek-Indianer begannen ihre offenen Feindseligkeiten mit der Bluttat bei Fort Mimms. Es hatte lange keinen Krieg gegeben, aber einige von uns, die noch nicht zu alt waren, um Waffen zu tragen, verstanden sich trotzdem noch auf dieses Geschäft. Ich zum Beispiel hatte mir oft Gedanken gemacht über den Krieg und hatte oft davon reden hören, und immer war ich dann zu dem Schluss gekommen, der Krieg sei eine solch abscheuliche Sache, dass ich mich nie an ihr beteiligen würde. Als ich aber davon hörte, was in Fort Mimms geschehen war, wusste ich im Augenblick, dass ich mit gegen die Indianer ins Feld ziehen musste, und ich hatte auch keine Angst mehr davor, vielleicht dabei sterben zu müssen. Ein Treffen der Miliz würde anberaumt, bei dem die Freiwilligen gemustert werden sollten. Als der Tag herankam, bat mich meine Frau, die meine Absichten kannte, zu bleiben. Sie sagte mir, sie sei fremd in dieser Gegend, kenne keine Menschenseele, auch seien die Kinder noch klein und brauchten einen Vater. Es fiel mir schwer, ihr zu widersprechen, aber Nachbarn von uns waren ermordet worden, und wenn man nun nicht energisch vorging, würden die Indianer als Nächstes die Frauen und Kinder in unserem Landstrich skalpieren. Ich sprach lange mit meiner Frau und hielt ihr vor, wenn jeder Mann erst darauf warten wolle, bis seine Frau damit einverstanden sei, ihn in den Krieg ziehen zu lassen, dann würde alles nur noch viel schlimmer und wir könnten schließlich alle in unserem eigenen Haus den Tod finden. Auch erklärte ich ihr, dass es vielen Familien so gehe wie uns und dass es zudem auch meine Pflicht als Staatsbürger sei, ein Gewehr in die Hand zu nehmen. Ich weiß nicht, ob sie meine Argumente überzeugten. Als sie sah, dass ich entschlossen war, weinte sie und ging dann wieder an ihre Arbeit.
In Winchester, wo die Musterung abgehalten wurde, hatten sich viele Freiwillige versammelt, denn man sprach damals von nichts anderem als vom Krieg, so wie man heute von nichts anderem als von der Entdeckung neuer Gold- und Silbervorkommen spricht. Wir wurden für 60 Tage angeworben und wählten einen Mr. Jones aus Tennessee zu unserem Hauptmann. Es blieb gerade noch Zeit, dass ich mich von meiner Frau und meinen beiden kleinen Jungen verabschieden konnte, dann rückten wir aus.
Wir kamen durch Huntsville und lagerten bei Beaty's Spring. Hier blieben wir mehrere Tage, da sich die verschiedenen Abteilungen erst sammeln mussten. Schließlich waren wir eine Streitmacht von 1300 Mann, alles Berittene und zum Kampf entschlossen wie Wölfe. Ich glaube, in der Armee waren nur ganze Kerle. Unsere Offiziere wollten keine Feiglinge mitschleppen, dazu war das Unter-nehmen zu gefährlich. Noch einmal sagten sie uns, es stände jedem frei, heimzugehen, aber alle blieben.
Während wir noch bei Beaty's Spring lagerten, kam Major Gibson und suchte Freiwillige, die mit ihm über den Tennessee-River in das Gebiet der Creeks vorstoßen sollten, um dort die Bewegungen der Indianer zu erkunden. Er kam auch zu meinem Captain und bat um zwei gute Waldläufer. Der Captain deutete auf mich und sagte, er wollte seinen Kopf verwetten, dass ich dem Major bis ans Ende der Welt folgen würde. Ich wählte dann den zweiten Mann aus. Er hieß George Russel und war der Sohn des alten Major Russel aus Tennessee. Der Major war zuerst nicht einverstanden. Er sagte, George habe ja noch kaum einen Bart, er brauche Männer und keine Knaben. Ich entgegnete, dass man den Mut eines Mannes nicht nach seinem Bartwuchs messen könne; und da der Major sah, dass ich ziemlich aufgebracht war, sagte er schließlich, ich müsse ja selbst wohl am besten wissen, auf wen ich mich verlassen könne. Er befahl uns, zeitig am Morgen bereit zu sein, und das waren wir.
Mit dreizehn Pferden überschritten wir den Tennessee-River bei Ditto Landing, ritten noch sieben Meilen weiter und schlugen unser Nachtlager auf. Hier stieß nun John Haynes zu uns. Er war Indianerhändler und kannte die Creeks und ihr Land gut. Am anderen Morgen teilten wir unsere Streitmacht. Major Gibson ritt mit sieben Mann zu dem Haus des Cherokesen-Indianers Dick Brown, und ich hatte den Auftrag, Dicks Vater aufzusuchen, um bei ihm Erkundigungen einzuziehen. Am Abend sollten sich die beiden Abteilungen an einer Wegkreuzung wieder treffen. Bei dem Indianer Brown traf ich ein Cherokesen-Halbblut, Jack Thompson, der ebenfalls mit uns ziehen sollte. Er war aber noch nicht bereit, schlug aber vor, uns an der Wegkreuzung zu treffen. Es war mir klar, dass es zu gefährlich war, in der Nähe der Straße zu kampieren, und so verabredete ich mit Jack, er möge, sobald er die Kreuzung erreiche, den Schrei einer Eule nachmachen und ich wolle dann mit demselben Ruf antworten. Meine Männer und ich brachen dann auf, und als wir an den Platz kamen, wo wir Major Gibson treffen sollten, war niemand da. Wir warteten bis zum Einbruch der Dunkelheit, aber die andere Abteilung kam nicht. Etwas abseits der Straße fanden wir eine Höhle und schlugen dort unser Lager auf. Um zehn Uhr hörte ich den Eulenschrei, gab Antwort, und bald war Jack bei uns. Wir warteten bis zum nächsten Morgen auf den Major und seine Leute. Er kam nicht.
Ich sagte meinen Männern, wir seien ausgezogen, um zu kämpfen, und ich würde keinesfalls umkehren, bis ich nicht unsere Aufgabe erfüllt hätte, nämlich herauszufinden, was die Indianer im Schilde führten. Wir zogen weiter bis zu einem Cherokesendorf, das zwanzig Meilen entfernt lag. Nach kurzer Rast zogen wir zu dem Haus eines Mannes, der Radcliff hieß. Er war Weißer, hatte aber eine Indianerin geheiratet und lebte an der Grenze des Stammesgebiets der Creeks. Er hatte zwei Söhne, zwei Burschen, die man kaum auseinanderhalten konnte. Er baute Mais und Kartoffeln an und es schien ihm gut zu gehen. Wir tränkten unsere Pferde und aßen mit ihm, und dabei erzählte er uns, dass eine Stunde vor uns zehn Indianer in Kriegsbemalung in sein Haus gekommen seien. Er fürchtete, sie könnten zurückkommen und uns alle töten.
Ich erklärte ihm, dass es ja gerade meine Aufgabe sei, solchen Banden das Handwerk zu legen, und er könne sicher sein, dass wir genau dies tun würden. Nach dem Essen sattelten wir unsere Pferde. Einige meiner Männer wollten umkehren, aber ich machte ihnen klar, dass sie allein hoffnungslos verloren wären. Wir beschlossen, zunächst einmal zum Lager eines freundlich gesinnten Creek-Stammes zu ziehen, das acht Meilen entfernt lag. Es war nahezu Vollmond und die Nacht war klar. Falls ein Rückzug nötig werden sollte, könnten wir Tag und Nacht reiten.
Wir waren noch nicht weit gekommen, als wir zwei Schwarzen begegneten, die schöne Indianerponys ritten, und jeder von ihnen trug ein gutes Gewehr. Gewehre und Pferde hatten sie den Indianern gestohlen. Nun waren sie auf der Flucht zurück zu ihren Herren. Es waren Brüder und sie sprachen sowohl die Indianersprache wie auch Englisch. Ich schickte einen von ihnen nach Ditto Landing, den anderen nahmen wir mit. Es war schon dunkel, als wir ins Lager kamen, in dem etwa vierzig Männer, Frauen und Kinder lebten. Sie waren mit Pfeil und Bogen bewaffnet, und ich machte mir den Spaß, mit ein paar Indianerjungen ein Wettschießen zu veranstalten. Wir waren vergnügt und lustig, als plötzlich der Schwarze angerannt kam und uns sagte, er habe mit den Indianern gesprochen, und diese seien sehr erregt.
Sie fürchteten, die »Rotstöcke«, das war der Name der Kriegspartei, könnten kommen und uns alle töten. Ich ließ den Indianern durch den Schwarzen sagen, dass wir auf der Hut seien. Falls die Rotstöcke bei Nacht einen Überfall wagen sollten, müssten sie sich darauf gefasst machen, dass ich ihnen ihre Kopfhaut abschnitte, um mir daraus daheim ein Paar Mokassins machen zu lassen. Auf diese Antwort hin lachten die Indianer laut.
Gegen zehn Uhr legten wir uns mit den Gewehren im Arm schlafen. Die Pferde standen gesattelt bereit. Ich war noch nicht ganz eingeschlafen, als ich den verrücktesten Schrei vernahm, den ich je aus einer menschlichen Kehle gehört hatte. Der Schwarze sprang herbei und rüttelte mich, denn wenn mir auch das Geräusch