Games | Game Design | Game Studies. Gundolf S. Freyermuth. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Gundolf S. Freyermuth
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Социология
Год издания: 0
isbn: 9783862871766
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When information is put at play, game-like experiences replace linear media.«5 Games würden daher zum wichtigsten Medium des 21., des ludischen Jahrhunderts: »In­creasingly, the ways that people spend their leisure time and consume art, design, and entertainment will be games – or experiences very much like games.«6

      Verstehen lässt sich Zimmermans »ludisches Manifest« als konzise Darstellung von Perspektiven und Ansichten, die in der Gegenwartskultur kursieren. Denn in der Tat vollzieht sich vor unseren Augen ein nachhaltiger medialer Umbruch, der insbesondere die audiovisuellen Ausdrucks- und Darstellungsformen betrifft. Deren Wandel resultiert – und wie schon zweimal zuvor in der Neuzeit – aus technologischem Fortschritt:

      Mit dem nächsten technologischen Schub, dem industriellen, entstanden zwischen Aufklärung und Postmoderne erst die Fotografie, dann das auf ihr technisch basierende Kino und schließlich das Fernsehen. Mittels gespeicherter, montierter und zum Laufen gebrachter Bilder und Töne ließen sich Raum und Zeit wie nie zuvor manipulieren und damit audiovisuell gänzlich andere Geschichten erzählen. Diese kategoriale Leistungssteigerung gegenüber dem Theater – das Potential zu einer sukzessiven Episierung audiovisueller Darstellung – verdankten Kino und Fernsehen fortgeschrittenen industriellen Aufzeichnungs-, Speicherungs-, Bearbeitungs-, Distributions- und Übertragungstechniken. Im Medium linearer Audiovisualität formten sich denn auch mit dem Spielfilm und der Fernsehserie die genuinen und dominierenden Erzählformen industrieller Kultur. Seit dem frühen 20. Jahrhunderts prägten so erst der stumme, dann der tönende Film und schließlich das Fernsehen die audiovisuelle Konstruktion von Realität und deren Wahrnehmung.

      Im interaktiven Spiegel digitaler Spiele erfahren wir uns und suchen zu verstehen, was lebensweltlich im Begriff ist zu entstehen – eine digitale Gesellschaft und Kultur, die von den Gesellschaften und der industriellen Kultur des 19. und 20. Jahrhunderts so verschieden sein dürfte, wie es diese einst von denen der vorindustriellen Epoche waren.

      Der erste Teil dieser Einführung (I Games) beschreibt, wie digitale Spiele aus ihren audiovisuell wie narrativ beschränkten Anfängen um die Mitte des vergangenen Jahrhunderts zu dem gleichermaßen narrativen wie hyperrealistischen Medium wurden, das heute mit Film und Fernsehen zu konkurrieren vermag. Den Ausgangspunkt bildet eine Analyse der vielfältigen Versuche, analoge wie digitale Spiele zu definieren (I-1 Was ist ein Spiel? Systematische vs. historische Ansätze). Der Überblick mündet in die Einsicht, dass sich wie alle Medien und Künste auch digitale Spiele nur in ihrer historischen Entwicklung treffend begreifen lassen. Das zweite Kapitel skizziert daher die Geschichte des Spiels im Kontext der neuzeitlichen Entwicklung der Medien und Künste (I-2 Spiele in der Neuzeit: Eine kurze Mediengeschichte). Der weitere Fokus liegt dann auf den drei künstlerisch-technischen Schüben, in denen sich seit der Mitte des 20. Jahrhunderts digitale Spiele entwickelten (I-3 Prozedurale Wende, seit den 1950er Jahren; I-4 Hyperepische Wende, seit den 1970er Jahren; I-5 Hyperrealistische Wende, seit den 1990er Jahren). Am vorläufigen Ende dieser Entwicklung charakterisiert digitale Spiele ihre Andersheit sowohl im Verhältnis zu analogen Spielen wie zu linearen Audiovisionen. Sie suche ich im sechsten Kapitel zu bestimmen (I-6 Die doppelte Alterität digitaler Spiele). Eine weitere Wende, die sich seit einigen Jahren abzeichnet, führt zur Durchsetzung von Natural User In­terfaces (NUIs) und ›natürlichen‹ Interaktionsweisen mit virtuellen Welten und Non-Player-Charakteren (NPCs). Dieser Wandel dürfte die kategoriale Andersheit digitaler Spiele noch verstärken (I-7 Ausblick: Hyperimmersive Wende?).

      In ihrer Entwicklung fiel dem Verhältnis zum Spielfilm seit den 1980er Jahren eine besondere Bedeutung zu. Seitdem stehen beide audiovisuellen Medien in einem engen technischen, ökonomischen und ästhetischen Austausch und zu­gleich auch in Konkurrenz um Käufer wie Talente. Nicht wenige Künstler und Theoretiker haben gar ein Verschmelzen beider audiovisuellen Medien ins Auge gefasst. Das Intermezzo: Spiel // Film zieht zunächst eine Bilanz (Intermezzo-1 Das Verhältnis von Spiel und Film), um dann im Rückblick auf die früheren audiovisuellen Rivalitäten zwischen Theater und Film sowie Film und Fernsehen zu einer Einschätzung zu kommen, nach welchem der beiden historischen Modelle sich das Verhältnis von Spiel und Film zueinander stabilisieren könnte (In­termezzo-2 Audiovisuelle Rivalitäten). Grundlegend für die ästhetische Beziehung zwischen den audiovisuellen Medien generell und zwischen Spielen und Filmen im besonderen erweist sich dabei ihre höchst unterschiedliche Befähigung, in der Darstellung narrativer Verläufe Raum und Zeit zu manipulieren (Intermezzo-3 Modi audiovisuellen Erzählens).

      SPIELE MACHEN – GAME DESIGN

      Wer heute digitale Spiele entwickelt, ist historisch privilegiert: Ihr und ihm bieten sich wie nur wenigen Generationen zuvor die Gelegenheit, in der Frühzeit dieses radikal neuen Mediums entscheidende Weichen zu stellen und wichtige Anfänge aktiv mitzugestalten. Zu diesen Chancen trägt wesentlich bei, dass kein anderes Medium seit der Wende zum 21. Jahrhundert eine vergleichbar rasante Entwicklung durchmachte – sowohl in ökonomischer wie in technisch-ästhetischer Hinsicht.