da.
Jürgen taumelte einem Beamten in die Arme, der andere griff sich Manfred Köhler.
»Sie kommen beide mit«, sagte der kräftige Polizeimeister. »Und Sie am besten auch«, sagte er zu Franzi.
»Herr Derksen braucht einen Arzt«, sagte sie energisch. »Wollen Sie ihn etwa verbluten lassen?«
»Nur keine große Aufregung, Fräuleinchen, das wird schon gemacht. Er bekommt einen Notverband.«
Jürgen taumelte und sackte plötzlich zusammen, während Köhler höhnisch grinste, aber sein Gesicht wies auch beträchtliche Spuren auf.
Franzi war bei Jürgen und hielt seinen Kopf. »Nun sehen Sie es«, fauchte sie den Polizisten an. »Rufen Sie Dr. Norden an, aber dalli!« Die Telefonnummer sagte sie ihm auch gleich, aber Dr. Norden war ohnehin bekannt.
Köhler wurde schon zum Streifenwagen gebracht. Er schimpfte und drohte mit seinem Vater, der ihnen schon den Marsch blasen würde. Mittlerweile trauten sich nun doch ein paar Hausbewohner aus ihren Türen.
Jürgen richtete sich mühsam auf. »Tut mir leid, Franzi«, flüsterte er.
»Mir tut es leid.« Tränen standen in ihren Augen.
Da kam Dr. Norden, der momentan doch leicht verwirrt war, als er Jürgen und Franzi gewahrte.
»Die Wunde muß geklammert werden, das kann ich hier nicht machen«, sagte er. »Mir ist Herr Derksen bekannt, er wird Ihnen nicht davonlaufen.«
»Ich kann das alles erklären«, stammelte Franzi. »Ich komme mit Ihnen.«
»Köhler hat sie schon mehrmals belästigt«, sagte Jürgen. »Er ist ein Rowdy.«
Dr. Norden legte ihm einen Notverband an. Ein Polizist half ihm in Dr. Nordens Wagen.
»Wir sind in der Praxis, Franzi«, sagte Dr. Norden.
Köhler räsonierte während der ganzen Fahrt, nannte Franzi eine eingebildete Zicke, die ihn provoziert hätte und daß Jürgen die Schlägerei angefangen hätte.
Franzi gab die bisherigen Vorfälle zu Protokoll, und daß Jürgen Derksen sie schon einmal vor den Belästigungen durch Köhler bewahrt hätte. Es war ja offensichtlich, daß Köhler ihr aufgelauert hatte.
Franzi konnte gehen. Man bestellte ihr ein Taxi, da sie aber kein Geld dabei hatte, mußte sie erst noch zu ihrer Wohnung fahren. Dann stellte sie fest, daß die Wohnungstür zugefallen war, aber zum Glück war der Hausmeister noch wach, der einen Hauptschlüssel hatte.
Als sie dann endlich zu Dr. Nordens Praxis gelangte, war Jürgen schon verarztet, aber noch ein bißchen desolat.
»Jetzt hat er meinetwegen Schwierigkeiten, das habe ich doch nicht gewollt«, sagte Franzi bedrückt.
Es ist doch Ehrensache, daß er Sie beschützt hat«, meinte Dr. Norden. »Dieser Köhler ist bekannt für seine Brutalität. Es ist überfällig, daß da mal was unternommen wird. Ein paarmal hat er sich schon herausreden können. Ich habe schon bei der Polizei angerufen und gesagt, daß er gewalttätig ist.«
»Ich habe keine Ruhe, wenn er wieder frei ist«, murmelte Jürgen. »Franzi ist da nicht sicher.«
Dr. Norden machte sich seine Gedanken, entging es ihm doch nicht, wie verlegen Franzi wurde.
»Sie sollten jetzt auch nicht allein bleiben«, meinte er, Jürgens Puls fühlend.
»Ich würde ihn schon versorgen«, schlug Franzi vor, »bei uns im Haus wird nur so schnell getratscht. Nachdem doch nun alle mitgekriegt haben, was da vorgefallen ist, werden sie sich nicht mehr hinter verschlossenen Türen verkriechen. Sie brauchen aber nicht zu denken, daß da einer geholfen hätte, obgleich Krach genug war.«
»Davon kann ich auch manches Lied singen«, meinte Dr. Norden. »Wie ist es, Herr Derksen, nehmen Sie Franzis Angebot an?«
»Liebend gern. Im Hause meines Bruders wird ihr bestimmt nichts geschehen, das garantiere ich Ihnen.«
»Dann bringe ich Sie jetzt dorthin«, sagte Dr. Norden und nickte Franzi aufmunternd zu.
Sie wurde von seltsamen Gefühle bewegt, als sie Jürgen ins Haus brachten. Er war benommen von der örtlichen Betäubung, und er hatte wahrscheinlich auch mehr Schläge abbekommen, als sichtbar waren.
»Er wird ziemliche Schmerzen haben in der Magengegend, Franzi. Geben Sie ihm dann eine Kapsel, und wenn das nichts nützt noch fünfzehn Tropfen von diesem Medikament. Aber vielleicht wirkt jetzt erst die Injektion, und er schläft gleich ein. Sie können mich aber jederzeit erreichen, wenn sich sein Zustand verschlimmern sollte.«
»Das hat uns gerade noch gefehlt«, sagte sie leise.
»Es lief alles so gut im Büro. Und was wird Dr. Derksen sagen?«
»Er braucht es nicht zu erfahren. Jürgen ist ein kräftiger, gesunder Mann, er wird das bald überstehen.«
»Und das nur meinetwegen«, sagte sie kleinlaut.
»Immerhin wäre es noch schlimmer, wenn Sie das Opfer wären. Franzi, solche Burschen sind zu allem fähig.«
Ihr wurde es plötzlich schlecht, aber sie nahm sich zusammen. »Jürgen hat mir schon mal geholfen«, sagte sie, ganz bewußt seinen Vornamen gebrauchend.
»Er kennt solche Typen, Franzi. Manchmal ist es ganz gut, wenn man in allen Kreisen seine Erfahrungen sammelt. Ich bin überzeugt, daß er Sie gut beschützen wird.«
»Und ich werde jetzt auf ihn aufpassen.«
»Aber Sie brauchen auch Schlaf, vergessen Sie das nicht.«
Jürgen schlief schon, als sie nach ihm sah. Sie setzte sich neben sein Bett und beobachtete ihn. Er war blaß, aber sein Gesicht war jetzt entspannt und sein Atem war regelmäßig. Da sie ihre kranke Mutter schon so lange betreut hatte, war sie mit allem vertraut, was zu beachten war.
Sie holte zwei Decken und legte sich auf den Boden neben dem Bett. Sie kam nicht mehr gegen die Müdigkeit an, ihr fielen die Augen zu, aber auch Jürgen schlief, bis der Morgen graute.
Als er erwachte, konnte er sich nicht erinnern, was geschehen war. Er knipste das Licht an und wollte aufstehen. Da sah er Franzi am Boden liegen, und plötzlich erinnerte er sich, was geschehen war.
Franzi war sofort wach von dem Geräusch und richtete sich auf.
»Lieber Gott, Franzi, Sie haben am Boden geschlafen«, sagte er heiser. »Sie müssen ja wie gerädert sein.«
»Mir macht das nichts aus, kann ich etwas für Sie tun? Haben Sie Schmerzen?«
Er hatte die Schmerzen vergessen, als er sie sah. »Ich brauche nichts«, sagte er leise. »Sie sind ja hier.«
»Es ist ja bald Tag. Ich werde einen Tee machen.«
»Ich mag lieber Kaffee.«
»Tee ist aber gesünder.«
»Gut, dann Tee.«
»Die Medizin müssen Sie auch nehmen.«
»Ich bin schon wieder okay. Ich gehe jetzt ins Bad.«
»An die Kopfwunde darf aber kein Wasser kommen.«
»Ich habe eine Kopfwunde? Liebe Güte, deshalb zieht es da so.« Er griff sich an die Stirn.
»Er hatte einen Schlagring«, sagte er nach einer kleinen Pause. »Ich konnte noch ausweichen, aber gestreift hat er mich doch. Nicht auszudenken, was Ihnen hätte geschehen können.«
»War er denn schon im Haus?« fragte sie.
»Er muß uns gleich gefolgt sein. Das wird für ihn noch ein böses Nachspiel haben.«
»Für mich ist es jetzt wichtiger, daß es Ihnen bessergeht«,