Der neue Landdoktor Box 1 – Arztroman. Tessa Hofreiter. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Tessa Hofreiter
Издательство: Bookwire
Серия: Der neue Landdoktor
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783740980641
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um ihn auf gewisse Weise gütig zu stimmen. Wenn ihr versteht, was ich meine?«

      »Sie schreckt wohl vor gar nichts zurück.« Elvira schüttelte fassungslos den Kopf. »Ach, Gott«, seufzte sie und betrachtete Sebastian, der gerade den Biergarten betrat, mit sehnsuchtsvollem Blick.

      Und sie war nicht die einzige, die in diesem Moment nur Augen für den Mann in der dunklen Jeans und dem weißen figurbetonten Hemd hatte, der einmal mehr den Atem der weiblichen Gäste im Biergarten ins Stocken brachte.

      Mit einer schnellen Bewegung strich er sein dunkles Haar aus dem Gesicht, als er sich nach freien Plätzen umschaute. Einige Damen, die dabei einen Blick auf seine hellen grauen Augen werfen konnten, starrten ihn hemmungslos an.

      »Hallo, Sebastian, was für ein netter Zufall.« Miriam war ihm entgegengegangen, küsste ihn auf beide Wangen und erntete damit neidvolle Blicke.

      »Hallo, Miriam«, antwortete er höflich.

      »Bist du mit jemandem verabredet?«

      »Ja, das bin ich, entschuldige mich«, sagte er, als er an einem Tisch mit Urlaubern noch freie Plätze entdeckte.

      »Weißt du was, ich leiste dir ein bisschen Gesellschaft«, erklärte sie, nachdem er sich an den Tisch gesetzt hatte.

      »Hörst du nicht zu? Ich bin verabredet.« Sebastian schaute auf den Bach, der hier in einem schmalen Bett durch das Dorf floss und von dem ihn nur ein grasbewachsener Abhang trennte. Wie klar das Wasser ist, dachte er.

      »Sebastian, ich brauche deine Hilfe«, stöhnte Miriam, nachdem ihr Handy gesurrt hatte und sie die SMS gelesen hatte, die Harald ihr geschickt hatte:

      »Anna ist unterwegs.«

      »Was ist los?«, fragte Sebastian und wandte sich ihr zu.

      »Mir ist nicht gut, der Kreislauf, weißt du. Sei bitte so nett und bringe mich nach Hause, ehe es schlimmer wird. Du bist doch gleich wieder zurück, deine Verabredung wird dir schon nicht davonlaufen«, sagte sie, als Sebastian auf seine Armbanduhr sah. »Hilf mir ein bisschen, ich möchte nicht noch mehr Aufmerksamkeit erregen«, bat sie ihn leise, als die Urlauber an ihrem Tisch, zwei ältere Ehepaare, aufschauten.

      »Gut, dann komm.« Sebastian war sich nicht sicher, ob sie ihm etwas vorspielte oder ob sie sich tatsächlich nicht wohlfühlte, aber das konnte er auf die Schnelle auch nicht herausfinden, was bedeutete, dass er sich wohl erst einmal um sie kümmern musste.

      »Alles in Ordnung, einen schönen Abend noch für Sie«, verabschiedete sich Miriam mit einem gequälten Lächeln von den Leuten an ihrem Tisch, als Sebastian seinen Arm vorsichtig um ihre Taille legte.

      »So jung möchte ich auch noch einmal sein«, seufzte die eine der Frauen, eine kleine pummelige Blondine.

      »Und so verliebt«, fügte die schlanke Dunkelhaarige hinzu und sah den beiden nach, während ihre Männer, zwei staatliche Herren in hellen Sommeranzügen, sich auffällig räusperten, um wieder auf sich aufmerksam zu machen.

      »Geht es?«, erkundigte sich Sebastian, während er Miriam festhielt, die ihren Arm um seinen Nacken gelegt hatte.

      »Ich schaffe das«, antwortete sie und spielte die Tapfere. Der Rest würde sich von selbst ergeben. Die Sache, die sie angezettelt hatte, würde ihren Gang nehmen.

      *

      Anna kam die abschüssige Straße von der Apotheke herunter, als Sebastian und Miriam den Biergarten eng umschlungen verließen und in Sebastians Wagen stiegen, der auf der Straße parkte. Es geht mich nichts an, dachte sie, und doch tat es ihr weh, ihn so mit Miriam zu sehen. Sie schaute auf die Uhr, es war zehn vor acht. Bisher hatte er ihr nicht abgesagt, vielleicht kam er ja gleich zurück.

      »Alles klar?«, fragte Harald, der im Schatten einer Kastanie nicht weit vom Biergarten entfernt auf Anna gewartet hatte.

      »Bitte?« Anna fuhr erschrocken herum und sah den blassen rothaarigen Mann überrascht an.

      »Sie wirkten gerade etwas abwesend, ich wollte mich nur davon überzeugen, dass es Ihnen gut geht.«

      »Danke, es geht mir gut.«

      »Der armen Miriam leider nicht, sie fühlte sich nicht ganz wohl«, sagte er, nachdem der Geländewagen mit Sebastian am Steuer in eine Seitenstraße eingebogen war.

      »Das tut mir leid. Einen schönen Abend noch, Herr Baumann«, sagte Anna und ging weiter. Offensichtlich war es so, wie sie es sich gedacht hatte. Sebastian brachte Miriam nur nach Hause.

      »Sie sind mit Doktor Seefeld verabredet?«, fragte Harald, der plötzlich wieder neben ihr stand, nachdem sie den Biergarten betreten hatte.

      »Warum?«

      »Ich meine nur, wenn es so ist, dann würde ich nicht auf ihn warten«, sagte er und ließ seinen Blick über das türkisfarbene ärmellose Kleid gleiten, das Anna trug.

      »Wieso nicht?«

      »Wissen Sie, es gibt Menschen, die reagieren aufeinander. Sie sind wie Magneten, die sich gegenseitig anziehen, selbst, wenn sie es nicht wollen. Aber irgendwann reicht die Kraft eben nicht mehr aus, um sich dagegen zu wehren.«

      »Sie sprechen von Sebastian und Miriam?«

      »Ich dachte, Sie sollten es wissen. Aber jetzt, da Sie schon einmal hier sind, könnten wir beide doch etwas zusammen trinken«, schlug er ihr mit einschmeichelnder Stimme vor und schaute auf ihr dichtes seidiges Haar, das ihr in sanften Locken über die Schultern fiel.

      »Moment.« Anna nahm ihr Telefon aus der Handtasche, als es läutete. Es war Sebastians Handynummer, die auf dem Display aufleuchtete. »Ja?«, meldete sie sich leise und wandte Harald den Rücken zu.

      »Anna, es tut mir leid, wir müssen unser Treffen verschieben, ich muss mich noch um eine Patientin kümmern«, sagte Sebastian.

      »Kein Problem.«

      »Ich melde mich wieder.«

      »Ja, in Ordnung, bis dann.«

      »Schlechte Nachrichten?«, erkundigte sich Harald.

      »Nein, es ist alles gut.« Was haben die denn?, dachte Anna, als sie aufschaute und die Damen des Landfrauenvereins, die sich inzwischen vollständig an ihrem Tisch eingefunden hatten, sie mit versteinerten Mienen anstarrten. »Guten Abend!«, rief Anna und winkte ihnen freundlich zu.

      »Manchmal sind die Leute hier bei uns ein wenig eigenartig«, sagte Harald, als die Frauen nur kurz nickten und sich von Anna abwandten. »Was ist nun mit einem Feierabendbier?«

      »Danke, Herr Baumann, aber ich muss wieder los«, verabschiedete sie sich und verließ den Biergarten. Wie es aussah, konnte sich Sebastian an diesem Abend nicht mehr von Miriam losreißen. Das musste sie akzeptieren, aber ihr war jetzt nicht mehr nach Gesellschaft. Sie wollte allein sein.

      *

      »Darf ich mich dazu setzen?«, fragte Harald und schaute Therese an.

      »Nur zu, junger Mann«, forderte ihn eine dralle Mittfünfzigerin im roten Dirndl auf.

      »Wissen Sie, manchmal sind mir Miriams Vorahnungen direkt unheimlich«, erzählte er, nachdem er sich zwischen die Frau in dem roten Dirndl und Elvira gesetzt hatte.

      »Was genau meinen Sie?«, erkundigte sich Elvira mit gierigem Blick.

      »Ich habe doch gerade mit Frau Bergmann gesprochen.«

      »Und?« Elvira konnte kaum noch an sich halten.

      »Nun, Miriam hat vorausgesagt, dass sie versuchen wird, sich an Doktor Seefeld heranzumachen. Und was soll ich sagen, sie ist bereits auf der Suche nach ihm. So wie sie sich zurechtgemacht hat, dieses schulterfreie Kleid, das offene Haar, da weiß man doch gleich, wo es hingehen sollte.«

      »Und ob«, stimmte Elvira ihm zu.

      »Genug jetzt, jeder im Dorf muss erfahren, dass auf diese Frau kein Verlass ist, dann werden wir sehen, was passiert«, erklärte Therese.