Sueton: Sämtliche Biographien. Sueton. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Sueton
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Документальная литература
Год издания: 0
isbn: 9783843804806
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ging er von seinem Platz hinüber und setzte sich in den Teil, der am meisten als einsturzgefährdet galt.

      (44) Die verrücktesten und ausgelassensten Sitten der Zuschauer besserte er und lenkte sie in Bahnen, veranlasst durch das Unrecht, das einem Senator widerfahren war, dem in Puteoli bei den gut besuchten Spielen, als er einen Sitz suchte, niemand Platz machte. Als von den Senatoren daher ein Erlass herausgegeben worden war, wonach, sooft irgendwo öffentliche Spiele veranstaltet wurden, die erste Reihe der Plätze für diesen Stand frei zu bleiben habe, verbot er, dass die Gesandten der freien Bundesgenossen und Völker in der Orchestra saßen, weil einige auch Freigelassene in dieser Funktion schickten. 2 Die Soldaten schied er vom Volk. Den Ehemännern aus dem Volk wies er eigene Sitzplätze zu, denen Knaben mit der toga praetexta ihren eigenen Flügel nahe bei den Erziehern, und er ordnete an, dass niemand Ärmliches oder Schmutziges in der Mitte der Zuschauerränge sitzen dürfe. Den Frauen gestattete er nicht einmal, die Gladiatoren, welche sie einst ungeniert zu betrachten pflegten, zu sehen außer von den höchsten Rängen aus. 3 Nur den Vestalischen Jungfrauen gab einen abgetrennten Platz im Theater, und zwar gegenüber der Tribüne der Prätoren. Zu den Wettkampfspielen verbot er den Frauen den Zugang gänzlich, sodass er sogar bei den Pontifikalspielen den geforderten Faustkampf auf den Morgen des folgenden Tages verschob und anordnete, dass Frauen nicht vor der fünften Stunde ins Theater kommen dürften.

      (45) Er selbst betrachtete die Gladiatorenspiele am liebsten von der Tribüne seiner Freunde oder Freigelassenen aus, manchmal auch von seinem Stuhl, wo er sich mit Frau und Kindern niedersetzte. Den Spielen blieb er aber auch viele Stunden fern, manchmal den ganzen Tag, indem er um Nachsicht gebeten und Personen beauftragt hatte, die an seiner Stelle die Leitung übernahmen. Sooft er aber da war, tat er nichts anderes, sei es, um Gerede zu vermeiden, durch das, wie er sich erinnerte, das Volk Caesar getadelt hatte, weil er zwischen dem Zuschauen Briefe und kleine Schriften gelesen und beantwortet hatte, sei es aus Eifer und Vergnügen beim Zuschauen, wovon er nie leugnete, gefesselt zu sein, sondern es oft freimütig bekannte. 2 Daher bot er oft und großzügig Geschenke und Zugaben bei den von anderen veranstalteten Spielen und war bei keinem griechischen Wettkampf dabei, ohne dass er nach Verdienst jeden Kämpfer belohnte. Er schaute aber sehr eifrig Faustkämpfe an, meistens lateinische, nicht nur den vorschriftsmäßigen und regulären, welche auch mit Griechen stattzufinden pflegten, sondern auch solche zwischen zusammengerotteten Kleinstädtern, die in den engen Gassen roh und ohne Technik kämpften. 3 Jede Art schließlich der Leute, die Spiele und öffentliche Darbietungen zeigten, würdigte er auch mit seiner Aufmerksamkeit. Den Wettkämpfern gestand er Privilegien zu und vergrößerte sie, er verbot, dass Gladiatoren ohne Begnadigung kämpften. Die Maßnahmen gegen die Schauspieler, welche die Beamten jederzeit und an jedem Ort nach einem alten Gesetz ergreifen konnten, beschränkte er auf die Spiele und die Bühne. 4 Und dennoch ließ er nicht weniger die Wettkämpfer, die in der Halle trainierten, oder die Gladiatoren immer in größter Strenge überwachen. Denn die Zügellosigkeit der Schauspieler verfolgte er so entschlossen, dass er Stephanio, einen Togata-Schauspieler, von dem er gehört hatte, dass er von einer erwachsenen Frau mit Knabenkleidern und geschorenem Kopf bedient werde, durch drei Theater mit Ruten schlagen ließ und dann verbannte. Den Pantomimen Hylas ließ er auf die Klage eines Prätors hin im Atrium seines Hauses vor aller Augen mit Geißeln traktieren, und Pylades jagte er aus der Stadt und aus Italien, weil er auf einen Zuschauer, von dem er ausgebuht worden war, mit dem Finger gezeigt und so die Aufmerksamkeit auf diesen gelenkt hatte.

      (46) Während auf diese Weise die Stadt und die städtischen Angelegenheiten verwaltet wurden, verteilte er in Italien die Zahl von 28 Kolonien und stattete sie mit vielen Bauwerken und mehreren Steuereinnahmen aus, auch mit dem Recht und der Würde wie die Hauptstadt, der er sie gewissermaßen gleichstellte, da er eine Art von Wahlrecht ersann, durch welches die Wahl der römischen Beamten von den Dekurionen in jeweils ihren Kolonien übernommen und am festgesetzten Wahltermin die verschlossenen Urnen nach Rom geschickt wurden. Und damit es nirgendwo fehlte an adligem Nachwuchs und einer Menge von Untertanen, nahm er diejenigen, die in die Reiterei eintreten wollten und eine offizielle Empfehlung ihrer Stadt vorwiesen, in den Ritterstand auf, aber den Leuten aus dem einfachen Volk, die ihm, wenn er die Landesteile inspizierte, ihre Söhne und Töchter vorstellten, teilte er jeweils 1000 Sesterze für jedes Kind aus.

      (47) Die wohlhabenderen Provinzen und diejenigen, die durch eine jährlich wechselnde Befehlsgewalt nicht leicht und sicher zu regieren waren, übernahm er selbst, die übrigen verteilte er durch Los an die Prokonsuln. Und dennoch tauschte er manchmal [die Leitung] aus, und die meisten Provinzen beider Rechte besuchte er oft. Einigen der verbündeten Städte, die durch Eigenmächtigkeit abgefallen waren, nahm er ihre Freiheiten wieder weg, anderen, die an Schulden litten, nahm er etwas davon ab, die durch ein Erdbeben zerstört waren, gründete er neu und gewährte ihnen je nach Verdienst um das römische Volk latinisches Recht oder die Bürgerschaft. Es gibt, soweit ich das sehe, keine Provinz, ausgenommen Africa und Sardinien, die er nicht besucht hat. Nachdem er Sextus Pompeius vertrieben hatte, verhinderten dauernde heftigste Unwetter, dass er, von Sizilien kommend, dorthin fuhr, und bald gab es keine Gelegenheit und keinen Grund mehr hinzufahren.

      (48) Von den Staaten, derer er sich nach Kriegsrecht bemächtigt hatte, gab er außer wenigen entweder denselben wieder zurück, denen er sie genommen hatte, oder er wies sie fremden [Herrschern] zu. Verbündete Könige verband er auch untereinander durch Verwandtschaft als der bereitwilligste Urheber und Förderer der Zuneigung eines jeden und der Freundschaft. Und nicht anders sorgte er für alle, als wären sie Glieder und Teile des Reiches, indem er gewohnt war, den zu jungen oder geistesschwachen Herrschern einen Lenker an die Seite zu stellen, bis sie herangewachsen oder wieder zu Verstand gekommen waren. Und die Söhne der meisten erzog er und stattete er gleichzeitig mit seinen eigenen aus.

      (49) Bei den militärischen Einheiten teilte er die Legion und die Hilfstruppen nach Provinzen, eine Flotte legte er nach Misenum, die andere nach Ravenna zum Schutz des Oberen und des Unteren Meeres, die übrige Anzahl zum Teil zum Schutz der Stadt, zum Teil zu seinem eigenen Schutz nach Rom, nachdem er die Kalagurritaner entlassen hatte, welche er bis zum Sieg über Antonius, ebenso die Germanen, welche er bis zur Niederlage des Varus unter den Waffenträgern um sich hatte, und dennoch duldete er nicht, dass sich mehr als drei Kohorten in der Stadt aufhielten, und auch diese nur ohne Lager, die anderen pflegte er ins Winterlager oder Sommerlager in der Umgebung der umliegenden kleineren Städte zu entlassen. 2 Was auch immer aber überall an Soldaten war, stellte er für eine bestimmte Dienstzeit und zu einem festgelegten Sold ein, nachdem er für jeden Dienstgrad sowohl die Dienstdauer sowie Abfindungen bei der Entlassung festgelegt hatte, damit keiner weder aufgrund des langen Dienstes noch aufgrund materieller Not nach der Entlassung zu einem Umsturz angestachelt werden könnte. Ebenso errichtete er, um die Aufwendungen für Unterhaltung und Versorgung dauerhaft und ohne Schwierigkeiten sichern zu können, eine Militärkasse mit eigenen Steuereinnahmen ein. 3 Und damit er umso schneller und unter der Hand Meldungen erhalten und erfahren konnte, was in jeder Provinz vorgehe, setzte er zuerst junge Männer in angemessenen Abständen auf Militärstraßen als Posten ein, dann Fahrzeuge. Dies erschien ihm vorteilhafter, damit er die, welche von dem Ort selbst Berichte brachten, wenn es die Umstände erforderten, weiter ausfragen konnte.

      (50) Bei der Unterzeichnung von Urkunden, Schriftstücken und Briefen gebrauchte er am Anfang eine Sphinx, bald das Bild Alexanders des Großen, zuletzt sein eigenes, das der Künstler Dioskurides persönlich hergestellt hatte. Diese Art zu unterschreiben setzten die nachfolgenden Herrscher fort. Zu allen Briefen fügte er die Stunde nicht nur des Tages, sondern auch der Nacht hinzu, in welcher die geschrieben und unterzeichnet wurden.

      (51) Für seine Milde und seine Kultiviertheit gibt es viele Zeugnisse. Ich will nicht aufzählen, wie viele und welche auf den verschiedenen Seiten er durch Nachsicht und Unversehrtheit beschenkt hat und danach sogar duldete, dass sie in der Stadt einen herausgehobenen Platz einnahmen. Es genügte ihm, Iunius Novatus und Cassius Patavinus, Männer aus dem Volk – den einen mit einer Geldstrafe, den anderen mit einer unbedeutenden Verbannung zu belegen, obwohl jener im Namen des jungen Agrippa einen sehr bitteren Brief gegen ihn veröffentlicht hatte, dieser aber bei einem gut besuchten Gastmahl, ihm fehle weder die Lust noch der Mut, Augustus