Die ersten Ehejahre an dem für seinen Luxus und sein aufwändiges Zeremoniell berühmten burgundischen Hof verliefen relativ glücklich, obwohl sich Johanna mit der fröhlichen und genussfreudigen Lebensart der Niederländer nie anfreunden konnte. Herzogin Johanna gebar zwischen 1498 und 1501 drei Kinder. Den ersehnten Thronerben, den späteren Kaiser Karl V., brachte sie am 24. Februar 1500 zur Welt. Bereits zu dieser Zeit sorgten erste Eifersuchtsszenen Johannas für Unruhe. Sie liebte ihren Ehemann so leidenschaftlich und war dermaßen auf ihn fixiert, dass alle anderen Pflichten und Aufgaben dahinter zurücktreten mussten. Die junge Fürstin konnte ihre Gefühle nur schwer beherrschen, weshalb sie sich aus dem öffentlichen Leben zurückzuziehen begann. Johanna bekannte selbst einmal, dass sie, wenn sie sich von der Leidenschaft hinreißen ließ, »in einen Zustand verfiel, der meiner Würde nicht entsprach« 2. Jedes weibliche Wesen aus der Umgebung ihres lebenslustigen Ehemannes, der Liebesabenteuern alles andere als abgeneigt war, erregte ihr Misstrauen. In ihrem eifersüchtigen Verhalten ähnelte sie ihrer Mutter Isabella, die ebenfalls heftig auf die zahlreichen Seitensprünge ihres Gatten reagierte. Anfang Mai 1505 verwies Johanna selbst in einem, allerdings von Philipp dem Schönen veranlassten Brief, auf dieses mütterliche Erbe: »(...) und nicht nur ich trage diese Leidenschaft in mir, auch meine Mutter, der Gott Ruhm verleihen möge, die eine solch vorzügliche und auserwählte Person in dieser Welt war, war eifersüchtig, und auch Ihre Hoheit heilte am Ende die Zeit, wie Gott, wenn es ihm gefällt, mich heilen wird« 3.
Da ihr einziger Bruder Johann im Oktober 1497 jung verstarb, ohne einen Erben zu hinterlassen, ihre ältere Schwester Isabella im darauf folgenden Jahr das Kindbett nicht überlebte und im Juli 1500 auch der einzige Sohn ihrer Schwester Isabella als Kleinkind verschied, wurde die zwanzigjährige Johanna Erbin des spanischen Reichs. Das Königreich umfasste damals bereits neben Kastilien-León, Aragón, Granada und Neapel-Sizilien auch die westindischen Kolonien. Diese Aussicht löste am Hof Philipp des Schönen große Freude aus, wie der Chronist Lorenzo de Padilla zu berichten wusste: »Die Erzherzöge jubelten über die Neuigkeit, wozu sie auch allen Grund hatten« 4. Das junge Fürstenpaar durfte sich nun Prinz und Prinzessin von Asturien nennen. Zur Sicherung von Johannas Anspruch war es notwendig, dass sie gemeinsam mit ihrem Ehemann Philipp nach Spanien reiste, um offiziell als Erbin anerkannt zu werden.
Im Oktober 1501 verließ das Herzogspaar die Niederlande, um in Kastilien den Treueid der Granden persönlich entgegenzunehmen. Der Reisebeginn hatte sich verzögert, da Johanna wieder schwanger war und erst ihre Niederkunft abwarten musste. Am 27. Mai 1502 versammelten sich die Cortes in der Kathedrale von Toledo, um Johanna als Prinzessin von Asturien und Thronerbin der kastilischen Reiche anzuerkennen. Ihr Vater König Ferdinand II. sorgte dafür, dass auch die aragonesischen Stände Johanna als Thronfolgerin bestätigten. Dies hatte großes staatsmännisches Geschick erfordert, da die auf ihren Traditionen, Gesetzen und Vorrechten beharrenden Aragonesen noch nie zuvor eine Frau als Kronprinzessin akzeptiert hatten.
Auf Johannas Gemütslage wirkten sich die Reise und die Rückkehr in die alte Heimat weniger positiv aus. Zu ihren Eifersuchtsattacken gesellten sich noch Wahnvorstellungen und Ohnmachten. Nur Philipp der Schöne konnte seine emotional instabile Frau beruhigen. Als der Herzog im Dezember 1502 zur Rückkehr in die Niederlande aufbrach und ihn die erneut schwangere Johanna nicht begleiten konnte, verschlechterte sich deren Zustand zunehmend. Sie fühlte sich ganz verlassen und verfiel in schwere Depressionen. Ihre Gedanken kreisten nur um ihren abwesenden Gatten. Laut Petrus Martyr von Anglería, einem Mailänder Humanisten im Dienst der Katholischen Könige, ließ sie »Tag und Nacht ihren trübsinnigen Grübeleien hingegeben kein Wort von sich hören« 5. Auch nach der Geburt ihres zweiten Sohnes Ferdinand im März 1503 blieb ihr Gesundheitszustand bedenklich. Petrus Martyr berichtet: »Sie verlangt nach ihrem Mann, ist zutiefst verzweifelt, runzelt die Stirn, grübelt Tag und Nacht, ohne ein Wort von sich zu geben, und wenn sie es, bedrängt von Fragen, dennoch tut, dann voller Verärgerung« 6. Zwischen Johanna und ihrer Mutter kam es im Verlauf des Jahres 1503 zu einem heftigen Zusammenstoß. Johanna fühlte sich ständig überwacht. Anfangs verweigerte Isabella die Katholische ihr die Heimreise zu ihrem Ehemann aus Sicherheitsgründen. Betrübt schilderte Königin Isabella die Auseinandersetzung mit ihrer Tochter: »Sie sprach mit so wenig Respekt und so wenig, wie es einer Tochter geziemt, daß ich, wenn ich mir nicht ihres Geisteszustandes bewußt gewesen wäre, eine solche Sprache niemals geduldet hätte« 7. Als Isabella ihrer Tochter die Abreise endlich Ende Mai 1504 gestattete, blieb Johannas kleiner Sohn Ferdinand bei seinen Großeltern in Spanien zurück.
Nach ihrer Rückkehr nach Brüssel Anfang Juni 1504 trat keine wirkliche Verbesserung in ihrem seelischen Zustand ein. Nach der ersten Wiedersehensfreude verfolgte sie Philipp den Schönen wieder mit heftigen Eifersuchtsszenen. In ihrer Eifersucht griff Johanna sogar Philipps damalige Favoritin an und verletzte diese. Ihr wütender Ehemann sperrte sie daraufhin in ihren Zimmern ein. Petrus Martyr schilderte diese höchst unerfreulichen Szenen einer fürstlichen Ehe folgendermaßen: »Jene Feuerschlange der Eifersucht trieb sie dazu, in wüste Beschimpfungen auszubrechen, es heißt, sie habe mit wutentbranntem Herz Feuer gespuckt, mit den Zähnen gefletscht, auf eine der Damen eingeschlagen, von der sie glaubte, sie sei die Geliebte, und befahl schließlich, das blonde Haar, das Philipp so gefiel, rappelkurz schneiden zu lassen. Als dieser davon erfuhr, geriet er außer sich und wandte sich gegen seine Frau und überzog sie mit Beschimpfungen und Beleidigungen und – zum größten Schmerz der Unglücklichen – schlief ihr nicht mehr bei« 8. Johannas Depressionen nahmen zu, so dass sie sich immer häufiger in dunkle, abgeschiedene Räume zurückzog.
Trotz der bedenklichen Vorfälle der letzten Zeit bestimmte Isabella die Katholische ihre Tochter Johanna zu ihrer Nachfolgerin in Kastilien. Mit der Bestimmung, dass, sollte Johanna nicht in der Lage sein, selbst die Herrschaft auszuüben, ihr Vater Ferdinand für sie die Regentschaft bis zur Volljährigkeit von Johannas Sohn Karl übernehmen sollte, war das tragische Schicksal Johannas eigentlich schon vorgezeichnet. Ganz bewusst erwähnte die Königin ihren Schwiegersohn Philipp nicht in ihrem Testament. Offensichtlich sah sie in ihm keinen guten Sachwalter der spanischen Interessen. Nach dem Tod von Königin Isabella am 26. November 1504 entbrannte zwischen Johannas Gatten Philipp dem Schönen und ihrem Vater König Ferdinand II. ein heftiger Machtkampf um die Regentschaft in Kastilien. Da die neue Königin Johanna nie auf den Umgang mit politischer Macht vorbereitet worden war, sollte es ihrem Ehemann ebenso wie ihrem Vater leicht fallen, ihr dieses mütterliche Erbe streitig zu machen. Sowohl Philipp der Schöne wie auch Ferdinand II. gedachten Johannas Eifersuchtswahn für ihre Zwecke zu nutzen und die junge Frau im für sie geeigneten Moment für regierungsunfähig zu erklären