»Lassen Sie mich nachdenken. Auf den Umschlägen stand immer nur Graf F. Abgestempelt waren die meisten Briefe in Köln. Manche auch in Bonn. Das ist aber auch alles, was ich dazu sagen kann. Tut mir leid.«
»Wie ist denn das Verhältnis zwischen Simone Tetzloff und ihrem Mann? Sind sie wirklich das Traumpaar, als das sie in den Medien bei ihrer Hochzeit hochgejubelt wurden?«
»Am Anfang auf jeden Fall, ja. Es war Liebe auf den ersten Blick. Sebastian hat viel Zeit mit Simone verbracht. Sie sind zusammen verreist, nach Südamerika, nach Kanada, und an den Wochenenden sind sie nach London oder Paris geflogen. Simone war überglücklich. Sie hatte den Absprung geschafft. Für viele Models kommt das Karriereende schleichend und sie sind nicht auf das Leben danach vorbereitet. Simone hat aufgehört, als sie noch ein absoluter Superstar war. Aber spätestens in zwei Jahren wäre ihr Stern langsam, aber sicher gesunken. Als Frau von Sebastian Tetzloff stehen ihr jetzt langfristig alle Türen der Gesellschaft offen.«
»Sie sagten: am Anfang. Wie steht es denn jetzt um die beiden? Die Hochzeit ist doch noch gar nicht so lange her.«
»Sie verstehen sich immer noch gut. Aber Sebastian verbringt bei Weitem nicht mehr so viel Zeit mit ihr. Er kümmert sich wieder mehr um seine Geschäfte. Schließlich ist er ein erfolgreicher Unternehmer und führt mehrere Firmen. Ein Arbeitstag hat bei ihm oft fünfzehn Stunden und mehr. Simone ist an ein ähnliches Arbeitspensum gewöhnt. In den letzten Wochen ist sie immer mehr zur Hausfrau mutiert. Das füllt sie natürlich nicht aus.«
»Könnte das ein Grund für sie gewesen sein, sich den Grafen doch einmal aus der Nähe anzusehen?«
»Nein, das glaube ich nicht. Sie hat nach einer sinnvollen Beschäftigung gesucht, hat sich Gedanken über Kinder gemacht. Eine Affäre als Sklavin des Grafen ist ihr mit Sicherheit nicht in den Sinn gekommen, nur weil sie Langeweile hatte. Dafür war Simone nicht der Typ. Wenn, dann hätte sie ihn aus Neugier getroffen, nicht aus Langeweile.«
»Wie ist denn Sebastian Tetzloff so als Mann? Verkörpert er den starken Mann, auf den Ihre Freundin immer fixiert war?«
»Sebastian ist ein starker Mann, sonst wäre er nicht so erfolgreich im Beruf. Er kann sehr charmant und höflich sein, aber er ist auch durchsetzungsfähig und lässt sich nicht auf der Nase herumtanzen. Außerdem sieht er sehr gut aus und ist reich. Genau der Typ Mann, der zu Simone passt.«
»Dass sie weggelaufen ist, halten Sie also für ausgeschlossen?«
»Das können Sie völlig ausschließen. Es gab überhaupt keine Anzeichen, dass Simone unglücklich mit ihm gewesen sein könnte. Das hätte sie mir erzählt. Im Gegenteil, das Einzige, was sie störte, war, dass er nicht mehr so viel Zeit mit ihr verbrachte.«
»Wann haben Sie Simone Tetzloff zuletzt gesehen?«
»Das war vor zwei Wochen. Sie kam mittags in die Agentur und hat mich zum Essen eingeladen. Wir sind dann für zwei Stunden in die Stadt zu einem mexikanischen Restaurant gefahren.«
»Hat sie irgendwelche Bemerkungen oder Andeutungen gemacht, dass sie sich verfolgt fühlte? Oder kam Ihnen sonst irgendetwas merkwürdig an ihr vor?«
Aufeinandergepresste Lippen und ein zaghaftes Kopfschütteln gingen der Antwort von Nadja Asmussen voraus. »Nein, überhaupt nicht. Wir haben viel über alte Zeiten gequatscht und uns Gedanken gemacht, was Simone mit ihrer überschüssigen Zeit anstellen könnte. Wir haben darüber gesprochen, ob sie mit in die Agentur einsteigen sollte. Aber sie wollte lieber etwas Neues machen, die Modewelt hinter sich lassen.«
»Wie viele Mitarbeiter beschäftigen Sie denn hier?«
»Fest angestellt sind noch vier Mitarbeiter. Ein Fotograf, eine Sekretärin, ein Außendienstmitarbeiter und Helmut. Helmut ist so eine Art Mädchen für alles. Hin und wieder beschäftige ich auch Praktikantinnen, zurzeit habe ich aber keine.«
»Fürs Erste habe ich keine Fragen mehr. Sollte Ihnen noch etwas einfallen, rufen Sie mich bitte an. Hier ist meine Karte. Und behalten Sie die Geschichte für sich. Ich habe noch keine Ahnung, was genau hinter der ganzen Sache steckt und das Leben von Ihrer Freundin könnte wirklich in Gefahr sein, wenn ihr Verschwinden publik wird.«
»Keine Sorge. Sebastian hat sich schon sehr deutlich ausgedrückt. Sie ist aber doch noch am Leben? Ihr geht es doch gut?«
»Davon müssen wir einfach ausgehen. Vielen Dank für Ihre Kooperation. Ich muss mich jetzt verabschieden.«
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