Planetenroman 87 + 88: Sohn der Sonne / Zwischen den Wirklichkeiten. H. G. Francis. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: H. G. Francis
Издательство: Bookwire
Серия: Perry Rhodan-Planetenroman
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783845349848
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Ronald Tekener schwankend geworden war. Immer wieder sagte er sich, dass der Galaktische Spieler auf keinen Fall so gehandelt hätte, wenn ihn nicht jemand dazu gezwungen hätte.

      Er hat mir einen klaren Hinweis gegeben: Melde dich unter dem Namen deiner Eltern!

      War das möglicherweise ein Hilferuf Tekeners gewesen, mit dem dieser ihm hatte sagen wollen, auf welche Weise er bedroht wurde und wie er ihm helfen konnte, diese Bedrohung abzuwenden?

      Tarish'a'tkur und Kennon glitten in ein riesiges Gewölbe tief unter der Oberfläche von Traak. In Nischen und Spalten verborgene Scheinwerfer beleuchteten mächtige Stalaktiten und Stalagmiten, zwischen denen kasten-, kugel- und eiförmige Gebäude aufgehängt waren. Gelb schimmernde Energiestege führten zu den verschiedenen Vergnügungsstätten. Auf ihnen drängten sich in einem schier unbeschreiblichen Durcheinander Zehntausende von Wesen aus zahllosen fremden Welten, überwiegend in Gruppen, da sie sich so sicherer zu fühlen schienen. Kennon entdeckte nur sehr wenige Raumfahrer, die allein waren.

      »Wir bilden die Ausnahme«, stellte er fest, während sie, von unsichtbarer Kraft geschoben, auf ein eiförmiges Gebilde zuglitten.

      »Stört dich das?«, fragte sie. »Wir Tikaler benötigen die Gruppe nicht.«

      »Bei uns spricht man von Gruppenverhalten«, erwiderte er, »weil sich die Menschen anders benehmen, wenn sie zusammen mit anderen in einer Gruppe auftreten. Wenn sie allein sind, dann sind sie zumeist vorsichtiger und weniger herausfordernd.«

      »Weil sie glauben, sich allein gegenüber anderen nicht behaupten zu können? Das spricht nicht gerade für ihr Selbstbewusstsein.«

      »Nicht alle Terraner bersten vor Selbstbewusstsein. Es wäre ein Fehler, uns alle über einen Kamm zu scheren.«

      »Ein Fehler, den Terraner gegenüber den Vertretern anderer Völker leider allzu oft begehen.«

      Er konnte darauf nichts erwidern. Sie hatte Recht.

      Sie legte den Arm um ihn.

      »Fällt dir irgendetwas auf, was mit dem Hinweis Tekeners zu tun haben könnte?«, fragte sie.

      »Noch nicht.«

      Laute, aggressive Musik hallte aus der Höhe herab. Kennon sah Aras, Chaldoper, Springer, Topsider, Trasken, Traaker, die in verblüffender Weise anderthalb Meter hohen, rollenden Wollknäueln glichen, und andere Wesen fremder Völkerschaften, die auf dem schimmernden Energieband nach der Musik tanzten – einige allein, andere in Gruppen, aber alle selbstversunken und ohne erkennbaren Kontakt zu anderen. Überall blitzten grelle Lichter auf. Flammende Reklameschriften stiegen wie aus dem Nichts heraus zu den Stalaktiten auf und erloschen plötzlich, um an anderer Stelle der Höhle erneut wieder zu erscheinen.

      Traaker forderten die Besucher mit unangenehm schriller Stimme über Lautsprecher auf, diese oder jene Vergnügungsstätte zu betreten, versprachen märchenhafte Spielgewinne in den Kasinos oder überwältigenden Lebensgenuss in anderen Einrichtungen.

      »Seht euch den Krüppel und die geschuppte Hexe an«, brüllte ein untersetzter Akone. »Eine Schuppenhexe und ihr Hofhund.«

      Kennon wollte aufbegehren und zur Waffe greifen, doch Tarish'a'tkur sprach beruhigend auf ihn ein und schob ihn weiter.

      »Lass dich doch nicht von einem Betrunkenen provozieren«, flüsterte sie. »Der will nichts als Streit. Viele drehen hier unten durch. Kein Wunder, dass so viel passiert.«

      Er presste die Lippen zusammen und verfluchte seinen körperlichen Zustand, der es ihm verbot, dem Akonen eine passende Antwort zu geben. Ihm blieb nichts anderes übrig. Er musste die Demütigung hinnehmen – wie so oft in seinem Leben.

      Zunächst war ihm der Lärm gar nicht so bewusst geworden. Die fremde Welt dieser Höhle hatte ihn gefangengenommen. Je länger er jedoch in ihr war, desto belastender empfand er das Dröhnen der Musik, das Kreischen der Werbestimmen und das Geschrei der singenden und tanzenden Besucher.

      Das Licht schmerzte in seinen Augen, und die fremdartigen Düfte, die ihn umwehten, störten ihn in seiner Konzentration.

      »Ich erkenne nichts«, sagte er und wich einem insektoiden Wesen aus, das auf seinem Rücken mehrere Kokons trug, in denen sich geheimnisvolles Leben regte. »Die meisten Schriften sind in Sprachen verfasst, die ich nicht verstehe. Da hilft mir das Kombigerät auch nicht viel weiter.«

      Er tippte auf sein Handgelenk, an dem er die mit Positronik gespickte Kombination trug.

      »Was willst du wissen?«, fragte sie. »Ich kann dir das meiste übersetzen.«

      Sie schoben sich an zwei amphibischen Wesen vorbei, die sich auf den Boden des Energiestegs gelegt hatten, aus kugelförmigen Gefäßen eine scharf riechende Flüssigkeit tranken und mit bunten Stäbchen ein offenbar spannendes Spiel ausfochten.

      Ein Springer blieb vor ihnen stehen.

      »Kommt, Freunde«, rief er freudestrahlend. »Ich lade euch ein. Ihr seid alle meine Gäste. Ich habe im Kasino gewonnen. Ich halte euch alle frei. Kommt.«

      Er wollte Kennon in eine der Vergnügungsstätten drängen, vor dem ein langbeiniger Vogel nervös umhertänzelte, als sei der Boden zu heiß unter seinen Füßen.

      »Lass ihn in Ruhe«, befahl Tarish'a'tkur mit überraschend scharfer Stimme. »Verschwinde und suche dir deine Saufkumpane woanders.«

      Sinclair Marout Kennon war froh, dass sie es übernommen hatte, den Springer abzuwimmeln. Er konzentrierte sich auf die tausendfältigen Eindrücke, die auf ihn hereinbrachen.

      Irgendwo war ein Hinweis für ihn verborgen. Aber wo? In der Musik? Im Laserlicht? Oder in den Reklameschriften? Vielleicht gar in den Lockrufen der verschiedenen Werber vor den Lokalen, die sich ständig wiederholten?

      »Hast du nicht gesagt, dass du deine Eltern nicht gekannt hast?«, fragte die Tikalerin plötzlich.

      »Ja. Ich habe versucht, etwas über sie herauszufinden, aber es ist mir nicht gelungen.«

      »Dort drüben gibt es eine Zeitgleite, einen Vergnügungsbau, in dem man angeblich in die Vergangenheit reisen kann. Die Einrichtung heißt Die Unbekannten.«

      »Das ist es«, rief er. Unwillkürlich griff er nach ihrem Arm, um sie mitzuziehen. »Das ist unser Ziel.«

      Doch die aufkommende Euphorie verflog schnell, und er fing sich wieder. Eine innere Stimme mahnte ihn zur Vorsicht.

      »Willst du dorthin gehen?«, fragte sie.

      »Ich habe wohl keine andere Wahl«, erwiderte er voller Argwohn. Sein kriminalistischer Instinkt sagte ihm, dass irgendetwas nicht stimmte. Wieder und wieder rief er sich ins Gedächtnis zurück, was geschehen und wie das Gespräch mit Ronald Tekener verlaufen war. Wollte dieser ihn wirklich auf dieses Lokal hinweisen? Die Unbekannten! Seine Eltern waren ihm unbekannt. Der Galaktische Spieler konnte nur die Zeitgleite gemeint haben. Er sollte sich unter dem Namen seiner Eltern melden. Unter! Tekener konnte nur gemeint haben, dass er unter der Reklameschrift irgendjemanden ansprechen sollte, und er war offenbar überzeugt davon, dass er wusste, wen.

      »Ja«, sagte er. »Gehen wir.«

      Er schob sich durch das Gewühl der Menge, drängte sich an einem Wesen vorbei, das ihn wegen seiner äußeren Form an eine Sicherheitsnadel erinnerte.

      Es hatte einen braunen, scharf gebogenen Körper, der nur aus einer einzigen Röhre zu bestehen schien, die sich auf etwa zwanzig winzigen Beinen aufrecht und an ihrem Ende selbst mit mehreren Armen zusammengeklappt hielt. An hauchdünnen Fäden baumelten neben den Ärmchen sechs blaue Augen herab, die sich offenbar auch nicht eigenständig bewegen konnten.

      »Wir müssen vom Hauptweg herunter und über diese Abzweigung weitergehen«, sagte Kennon. Er betrat einen schmalen Pfad, und Tarish'a'tkur folgte ihm.

      Der Kosmokriminalist war noch keine drei Schritte weit gelaufen, als er schon wusste, dass er einen verhängnisvollen Fehler gemacht hatte.

      Ronald Tekener war nicht der Mann, der so einfach und unkompliziert