Perry Rhodan-Paket 61: Mythos (Teil1). Perry Rhodan. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Perry Rhodan
Издательство: Bookwire
Серия: Perry Rhodan-Paket
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783845333458
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Die Lichtblitze haben also letztlich eine außerirdische Ursache.

      Allerdings war es noch ein weiter Weg von der geschwärzten Mülltonne bis zu den abbildenden Gammastrahlen-Teleskopen. Das erste Tscherenkow-Teleskop baute Trevor Weekes nach jahrelanger Entwicklungsarbeit zusammen mit einigen Kollegen am Whipple-Observatorium auf dem Mount Hopkins in Arizona. Sein Zehnmeterspiegel bestand aus zahlreichen Segmenten – bis heute ist das die Grundlage dieses Teleskop-Typs. Doch es dauerte weitere drei Jahre, bis Weekes 1989 erstmals Gammastrahlung maß: vom Krebs-Nebel im Sternbild Stier, der aus einer 1054 beobachteten Supernova hervorging – eine junge und mit 7000 Lichtjahren Distanz nahe Quelle, von der Theoretiker schon länger starke Gammastrahlung erwartet hatten. Sie stammt von dem kollabierten Sternkern, einem Pulsar, den dann das MAGIC (Major Atmospheric Gamma Imaging Cherenkov Telescopes) 2008 erstmals mittels der atmosphärischen Tscherenkow-Strahlung abbildete.

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      Afrikanische Rekordastronomie: Das größte Observatorium für Tscherenkow-Strahlung ist zurzeit H.E.S.S. (High Energy Stereoscopic System) in Namibia. Es wurde unter führender Beteiligung des Max-Planck-Instituts für Kernphysik in Heidelberg errichtet. Seit 2003 spähen vier 13-Meter-Spiegel in den Himmel, 2012 kam noch ein 28-Meter-Teleskop dazu. H.E.S.S hat in fast 3000 Beobachtungsstunden über 80 Gamma-Quellen entdeckt – mehr als alle anderen Tscherenkow-Teleskope zusammen. [H.E.S.S. Collab., C. Medina]

      Die bläulichen Blitze sind auch das Licht der Erkenntnis für den IceCube-Detektor am Südpol. Doch werden sie im unterirdischen Eis der Antarktis von energiereichen Neutrinos und anderen Partikeln ausgelöst und nicht von Spiegeln gemessen, sondern von speziellen Lichtsensoren, die bis zu 2,5 Kilometer tief ins Eis versenkt worden sind. Weil aber die Flugrichtungen eines Neutrinos, seines Sekundärteilchens und der Tscherenkow-Strahlung nahezu identisch sind, können die Wissenschaftler ungefähr die Position am Himmel errechnen, aus der das Neutrino stammt. Allerdings ist die Ungenauigkeit so groß, dass eine Identifikation der Quelle aus den IceCube-Daten allein nicht möglich ist.

      Intergalaktischer Paarlauf:

      Neutrinos und Gammaquanten vom Schwarzen Loch

      Höchste Energien aus dem All – Astronomen entdecken einen Ursprungsort der Kosmischen Strahlung

      Von Rüdiger Vaas

      Manchmal genügt ein einziges Teilchen, um mehr als 1000 Wissenschaftler über Monate zu beschäftigen. So geschah es beim Neutrino 170922A, das eine Spur im IceCube-Detektor unter dem Südpol erzeugte. Daraufhin wurden Astronomen in aller Welt alarmiert, um nach der Quelle am Himmel zu fahnden – vom Radio- bis zum Gammastrahlenbereich. Sie gewannen dabei Einblick in ein extremes Energiegewitter im Sternbild Orion – die erste identifizierte extragalaktische Ursache der bereits seit mehr als einem Jahrhundert bekannten Kosmischen Strahlung.

      Vier Milliarden Jahre bis zum Nachweis

      Für die Wissenschaftler begann die Geschichte am 22. September 2017 um exakt 20:54:30 Uhr Weltzeit, obwohl sich alle wesentlichen Vorgänge, an denen die Forscher interessiert sind, bereits vier Milliarden Jahre vorher abgespielt hatten. Denn so lange flog das damals entdeckte, fast lichtschnelle Neutrino schon vollkommen ungestört durch den Weltraum, bis es die Erde erreichte. Hier stieß es zufällig mit einem Atomkern im Eis der Antarktis tief unter dem Südpol zusammen. Dabei entstand ein Myon – der schwere Bruder des Elektrons –, das weiter geradeaus flitzte. Weil es dies fast mit Lichtgeschwindigkeit tat, sandte es einen charakteristischen ultrakurzen bläulichen Lichtblitz aus.

      Diese Tscherenkow-Strahlung erhaschten einige der über 5000 Lichtsensoren des IceCube-Detektors. Seine Digitalen Optische Module – 35 Zentimeter große Kugeln, die wie Perlen an Schnüren bis zu 2,5 Kilometer tief in das Eis in 125 Meter Abstand eingelassen sind – durchziehen ein Eisvolumen von einem Kubikkilometer, das als natürliches Detektormaterial fungiert.

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      Ein Neutrino-Signal für die Geschichtsbücher der Wissenschaft: Am 22. September 2017 registrierte das IceCube-Observatorium in der Antarktis (oben im Foto die Basisstation) ein Myon, das aus der Wechselwirkung eines Neutrinos mit einem Atomkern in rund zwei Kilometer Tiefe entstanden war und eine Lichtspur durch den unterirdischen Detektor zog (hier von links). Unten dargestellt sind die Messpunkte dieser Tscherenkow-Strahlung, wobei die Größe jeder Kugel der Aktivierungsstärke eines IceCube-Sensors entspricht. [Montage: IceCube Collab., NSF]

      IceCube ist der größte Neutrino-Detektor der Welt. Finanziert wird er vor allem von den USA, aber auch mit Geldern aus Deutschland, Schweden, Belgien und einigen anderen Ländern. Seit seiner Inbetriebnahme im April 2008 überwacht er kontinuierlich den gesamten Himmel. Im Jahr 2013 hat das IceCube-Team den Nachweis der ersten kosmischen Neutrinos bekannt gegeben – ein Meilenstein in der Geschichte der Astroteilchenphysik.

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      Strahlung vom Zentrum einer fernen Galaxie: Der Blazar TXS 0506+056 emittiert sowohl Neutrinos, wie sie vom IceCube-Observatorium am Südpol registriert werden, als auch Gammastrahlen, die Teleskope auf der Erde und im Orbit messen. Andere elektromagnetische Strahlung vom Radio- bis zum Röntgenbereich ist ebenfalls nachweisbar. [Illustration: IceCube Collab., NASA]

      Die Herkunftsrichtungen dieser Teilchen können auf bestenfalls 0,3 Grad genau gemessen werden. Sie sind nicht auf die Scheibe der Milchstraße konzentriert, sondern über den gesamten Himmel verteilt. Daher haben sie höchstwahrscheinlich einen extragalaktischen Ursprung. Doch wodurch werden sie erzeugt?

      Fest steht: Die Quellen müssen eine ungeheuerliche Leistung haben. Denn die energiereichsten dieser Neutrinos kommen auf mehr als ein Petaelektronenvolt – eine Billiarde (1015) Elektronenvolt. Zum Vergleich: Die Protonen, die im Large Hadron Collider des Forschungszentrums CERN bei Genf auf fast Lichtgeschwindigkeit beschleunigt werden, haben eine kinetische Energie von 6,5 Teraelektronenvolt – eine Billion (1012) Elektronenvolt. Und er ist der leistungsfähigste Teilchenbeschleuniger der Menschheit.

      Alarmierte Astronomen

      Das Neutrino IceCube-170922A – benannt nach seinem Datum, dem 22. September 2017 – brachte es auf etwa 290 Teralektronenvolt. Die Wahrscheinlichkeit, dass es einen kosmischen Ursprung besitzt, belief sich ersten Hochrechnungen zufolge auf etwa 60 Prozent.

      Die Tscherenkow-Strahlung von 170922A brauchte nur drei Mikrosekunden, um den Detektor zu durchqueren. Doch die Folgen waren immens: Bereits 43 Sekunden später schlug die Software nach der ersten automatischen Auswertung selbstständig Alarm und informierte Wissenschaftler in aller Welt. Vier Stunden danach folgte eine zweite Nachricht mit Details – vor allem mit einer ungefähren Angabe der Herkunftsrichtung des Neutrinos.

      Myonen-Spuren wie die von 170922A werden zwar rund 70.000 Mal im Jahr von der Südhemisphäre gemessen. Aber die meisten verursachen Neutrinos mit nur etwa einem Teraelektronenvolt Energie. Sie entstehen sozusagen erst vor der Haustür: aus der Interaktion der Kosmischen Strahlung mit Atomkernen der irdischen Atmosphäre. Doch jedes Jahr werden auch ein paar Hundert Teilchen detektiert, die größtenteils aus dem fernen Weltraum stammen.

      Mit 170922A vergleichbare Signale hat IceCube allerdings erst rund 50 Mal aufgespürt – und einen Zusammenhang mit elektromagnetischen Gegenstücken zu finden, war nie zuvor geglückt. Auch gibt es nur etwa vier Eilmeldungen von IceCube pro Jahr. Doch nun scheint es den Astronomen tatsächlich gelungen zu sein, erstmals einen Absender hochenergetischer Neutrinos zu lokalisieren. (Ansonsten sind bloß zwei Neutrino-Quellen im All bekannt: unsere Sonne und die Supernova 1987A in der Großen Magellanschen Wolke.)

      Aktive Galaxie im Orion

      Das Neutrino 170922A kam aus dem Sternbild Orion, genauer: einem Gebiet bei der linken Schulter des berühmten Himmelsjägers. Dort befindet sich, nur 0,1 Grad neben dem projizierten Herkunftsort von 170922A, die Aktive Galaxie TXS 0506+056. Diese große Elliptische Galaxie ist nach ihren Himmelskoordinaten